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Mein mutiges Herz

Mein mutiges Herz

Titel: Mein mutiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KAT MARTIN
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der Viscount dafür haben?“
    „Das weiß ich nicht.“ Lindsey rang um Fassung und bekräftigte ihren Entschluss. „Aber ich werde es herausfinden.“
    Nach ihrem Besuch im Polizeipräsidium begab Lindsey sich umgehend ins Gefängnis von Newgate. Ihr Bruder war wieder in einer Einzelzelle unterbracht. Sie drückte einem Wärter ein paar Münzen in die Hand und folgte ihm einen engen Korridor entlang, der sie tief in das Innere der abschreckenden Strafanstalt führte. Von irgendwoher drang herzzerreißendes Schluchzen an ihr Ohr. Der Gestank nach Abfällen und Exkrementen verursachte ihr Übelkeit.
    Lieber Gott, der arme Rudy!
    Als der Wärter seine Zelle aufsperrte, saß Rudy an der Kante einer schmalen Pritsche, unrasiert und bleich, nur mit Hemd und Hose bekleidet, die er getragen hatte, als die Polizei ihn am frühen Morgen abführte. Er wirkte völlig verstört und mutlos, blickte nur teilnahmslos auf, als sie die Zelle betrat, machte sich aber nicht einmal die Mühe, aufzustehen.
    „Du glaubst doch nicht, dass ich das getan habe, oder?“
    Sie kniete sich auf die Dielenbretter und ergriff seine eiskalten Hände. „Natürlich glaube ich es nicht! Ich weiß, dass du niemandem etwas antun könntest, schon gar nicht einer wehrlosen Frau.“
    Rudys Adamsapfel bewegte sich zuckend auf und ab. „Was soll ich nur tun?“
    Lindsey zog ihn von der Pritsche hoch, führte ihn an den Tisch, zwang ihn sanft, auf einem wackeligen Stuhl Platz zu nehmen, und setzte sich ihm gegenüber hin. „Zunächst wirst du mir zuhören. Versprich mir, dich nicht zu verschließen, und dann wirst du mir sagen, was du über Stephen Camden weißt.“
    „Aber …“
    „Kein Aber, Rudy. Es geht um dein Leben.“
    Rudy nickte dumpf, stützte die Ellbogen auf den Tisch und fuhr sich mit der Hand über sein unrasiertes Gesicht. „Gut, ich höre.“
    Lindsey berichtete von den anonymen Briefen, erzählte, was sie in Foxgrove über Penelope Barker erfahren und was Silky Jameson ihr anvertraut hatte.
    „Guter Gott, Schwester! Silky arbeitet im Red Door. Sag bloß nicht, du hast dich in dieses Haus gewagt?“
    „Ich fand heraus, dass Stephen sich dort häufig aufhielt, früher wenigstens, und wollte die Frauen über ihn ausfragen.“
    „Schreckst du denn vor gar nichts zurück? Kein Wunder, dass du keinen Ehemann findest.“
    Ein schmerzlicher Stich durchbohrte sie, gefolgt von Entrüstung. Sie hatte es gründlich satt, sich den Tadel engstirniger Männer anzuhören. „Ehrlich gestanden, verfüge ich im Moment über mehr Heiratskandidaten, als mir lieb ist.“
    Rudy sank wieder in sich zusammen. „Verzeih, Schwesterherz. Ich habe es nicht böse gemeint. Ich bin nur so …“ Mutlos schüttelte er den Kopf, unfähig, seine Verzweiflung in Worte zu fassen.
    „Schon gut, mein Lieber. Ich kann mir vorstellen, wie dir zumute ist.“
    Rudy richtete sich auf und atmete tief. „Also, was hat Silky dir erzählt?“
    Lindsey konzentrierte sich wieder auf den Zweck ihres Besuches. „Silky sagte, Merrick habe großen Spaß daran, Frauen wehzutun. Er fesselt sie mit Halstüchern an Bettpfosten und peitscht sie aus. Die Polizei geht davon aus, dass die Mordopfer mit einem Tuch erdrosselt wurden.“
    „Ich kann nicht glauben, dass du von dem gleichen Mann sprichst, den ich kenne. Stephen verabscheut jede Gewalt. Ich versuchte ein paar Mal, ihn zu einem Boxkampf zu überreden, aber er zeigte kein Interesse daran.“
    „Möglicherweise ist er an einer anderen Art von Gewalt interessiert. Bitte erzähle mir alles von ihm, woran du dich erinnerst.“
    Ihr Bruder zuckte mit den Schultern. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Stephen war immer schon ein Einzelgänger. Er ist vier Jahre älter als ich. Ich fing mit dem Studium an, und er machte bald darauf seine Abschlussexamen.“
    „Hattest du je Streit mit ihm über etwas, das er dir nicht verzeihen konnte und das ihn so wütend machte, dass er sich an dir rächen wollte?“
    Rudy schüttelte den Kopf. „Als Kinder spielten wir miteinander, wenn ich in den Ferien in Renhurst war. Aber er durfte nie lange von zu Hause fortbleiben, und deshalb tat er mir oft leid.“ Er hob den Kopf. „Nein, Schwester, du irrst dich. Du verdächtigst den Falschen.“
    „Du hast ihn in der Nacht des letzten Mordes bei White’s gesehen, nicht wahr?“
    Rudy nickte. „Er war im Club, wie meistens um diese Zeit.“
    „Besteht die Möglichkeit, dass er einen Knopf von deinem Mantel abgerissen haben

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