Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein mutiges Herz

Mein mutiges Herz

Titel: Mein mutiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: KAT MARTIN
Vom Netzwerk:
Schließlich war sie eine Frau.
    „Thor hat sich bereit erklärt, mir dabei behilflich zu sein, Rudys Unschuld zu beweisen.“
    „Tatsächlich?“ Sie unterzog den Hünen erneut einer prüfenden Musterung, der deutlich zu entnehmen war, dass sie den Grad seiner Intelligenz prüfte, eine Frage, die auch Lindsey sich gestellt hatte. „Wollen wir hoffen, dass er dazu in der Lage ist.“
    Ein Mann mit schütterem braunem Haar trat ein, Constable Bertram, wie sie sich entsann, der die Ermittlungen in den Mordfällen leitete.
    „Lady Ashford“, wandte er sich an ihre Tante, „ich nehme an, Sie wünschen eine Aussage zu den gegen Ihren Neffen erhobenen Vorwürfen zu machen.“
    „Richtig. Ich erhebe Einspruch gegen diese völlig absurden Anschuldigungen. Mein Neffe hat nichts mit den Mordfällen zu tun, und ich fordere, dass er umgehend freigelassen wird.“
    Bertram seufzte tief, als empfinde er tatsächlich Bedauern – was Lindsey allerdings bezweifelte. „Ich wünschte, es wäre so einfach. Im Moment muss ich Ihnen leider sagen, dass Sie nichts tun können, um seine Freilassung zu erwirken.“ Dabei sah er nicht so aus, als würde ihm das leidtun. Im Gegenteil, er wandte sich blasiert und selbstzufrieden an Lindsey. „Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Miss Graham, und würde Sie gerne unter vier Augen sprechen, wenn Sie nichts dagegen haben.“
    Ihr wurde bang ums Herz. Sie warf Thor einen flüchtigen Blick zu; seine Nähe gab ihr etwas Selbstvertrauen. „Was immer Sie mir zu sagen haben, sprechen Sie. Ich habe keine Geheimnisse vor meiner Tante und Mr. Draugr.“
    „Gut, wie Sie wünschen. Sie haben eine Falschaussage gemacht über den Aufenthalt Ihres Bruders in der Nacht von Phoebe Carters Tod. Das wissen Sie, und ich weiß es gleichfalls. Ich gebe Ihnen hiermit Gelegenheit, Ihre Aussage zu widerrufen. Falls Sie nicht dazu bereit sind und sich das Alibi Ihres Bruders als falsch erweist – was wir beweisen werden –, haben Sie vorsätzlich versucht, die polizeilichen Ermittlungen zu behindern, und ich sehe mich gezwungen, offiziell Anklage gegen Sie zu erheben.“
    „Woher wollen Sie wissen, wo mein Bruder sich in jener Nacht aufgehalten hat. Ich sagte Ihnen bereits, dass er mit seinen …“
    „Sagen Sie ihm die Wahrheit“, befahl Thor unwirsch.
    Empört fuhr Lindsey zu ihm herum. „Was … was erlauben Sie sich?“
    „Ich versuche, Ihnen Unannehmlichkeiten zu ersparen. Deshalb bin ich hier. Nun sagen Sie Constable Bertram die Wahrheit.“
    Lindseys unsteter Blick flog zu ihrer Tante, die Thors Worte mit einem knappen Nicken bekräftigte. Verflixt noch mal! Welche Angaben sie bei der Polizei gemacht hatte, ging Thor nichts an. Nun ja, vielleicht doch nach letzter Nacht.
    Sie seufzte resigniert. „Ich bin mir nicht sicher, wo mein Bruder sich in jener Nacht herumgetrieben hat. Vielleicht habe ich mich im Datum geirrt. Ich weiß es nicht mehr.“
    Bertram schürzte die Lippen. „Aha. Das habe ich mir gedacht.“
    „Das heißt noch lange nicht, dass er Miss Carter getötet hat.“
    „Ich fürchte, wir haben Beweise, die ihn als Täter überführen werden.“
    Ihre Brust verengte sich schmerzhaft. „Welche Beweise?“
    „Es hat sich eine Zeugin gemeldet, die Ihren Bruder als den Mann erkannte, der den Tatort fluchtartig verließ.“
    „Aber das kann nicht sein! Rudy würde niemals einen Menschen töten.“
    Bertram lächelte nachsichtig und berührte ihren Arm. „In meinen langen Berufsjahren habe ich viel erlebt, Miss Graham. Und die Erfahrung hat mich gelehrt, dass kein Mensch einen anderen wirklich kennt.“
    Diese Worte trafen sie schmerzlicher als erwartet. Rudy war nicht länger der harmlose Junge von früher, der wissbegierige Knabe, der Schmetterlinge sammelte und mit Zinnsoldaten spielte. Aus ihm war ein erwachsener Mann geworden, der sich mit Prostituierten einließ und sein Geld am Spieltisch verschleuderte.
    Dennoch hielt sie ihn für unschuldig. „Das mag in manchen Fällen zutreffend sein. Aber er ist mein Bruder, und ich weiß, dass er nicht fähig wäre, einen Mord zu begehen.“
    Der Constable schwieg.
    „Ich möchte ihn sehen. Wohin haben Sie ihn gebracht?“
    „Ihr Bruder wurde in einer Zelle im Newgate Gefängnis untergebracht.“
    Lindseys Magen krampfte sich zusammen. Tief im Innern hatte sie befürchtet, dass man ihn dorthin bringen würde. Aber Rudy war ihr Bruder, ihr bester Freund aus Kindertagen. Sie teilten die Liebe zu Pferden, ritten stundenlang gemeinsam

Weitere Kostenlose Bücher