Mein mutiges Herz
ich helfe Ihnen.“
Sie beugte sich vor und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Vielen Dank. Ich weiß gar nicht, wie ich mich dafür erkenntlich zeigen kann.“ Damit wandte sie sich ab und wollte aussteigen. Doch Thor nahm sie bei den Schultern und drehte sie zu sich um.
„Das fordere ich als Bezahlung.“
Lindsey entfuhr ein erschrockener Laut, als er sie an sich zog und ihre Lippen mit einem Kuss versiegelte. Die Zeit schien stehen zu bleiben. Sie spürte die Hitze, die von ihm ausging, die mächtigen Muskelwölbungen seiner Brust, die stählerne Kraft seiner Arme. Seine Lippen aber fühlten sich unendlich weich an, schienen mit den ihren zu verschmelzen. Es war ein fordernder Kuss, der sie zu versengen drohte. Sie umklammerte seine Schultern, und als er den Kuss löste, entfuhr ihr ein leises Wimmern.
Ein wenig atemlos bedachte er sie mit einem letzten, glutvollen Blick, dann kletterte er aus dem Wagen, reichte ihr den Arm, um ihr beim Aussteigen zu helfen, und trat einen Schritt zurück.
„Gehen Sie ins Haus, Lindsey“, befahl er mit heiserer Stimme, „bevor ich vergesse, dass wir nur Freunde sind.“
Sie raffte die raschelnden Röcke des grellroten Kleides und eilte im Laufschritt durch den Garten ins Haus.
8. KAPITEL
Lindsey saß an ihrem Schreibtisch über einem Blatt Papier gebeugt und schrieb an ihrer Kolumne.
Sie versuchte es zumindest.
Leider war es ihr unmöglich, sich zu konzentrieren, da Thor in der Halle arbeitete. Sie hielt den Blick zwar unverwandt auf ihre Notizen gerichtet, spürte jedoch seine Nähe und hörte, wie er im Hintergrund mit schweren Kisten und Kartons hantierte. Er war schon seit Stunden im Verlag, aber sie hatten nur ein paar Worte gewechselt. Auf seine Frage, wie sie sich nach dem Schrecken der vergangenen Nacht fühle, hatte sie leichthin geantwortet, es gehe ihr gut, obgleich sie sich wie gerädert fühlte und jeder Knochen schmerzte.
Seitdem hatten sie nicht mehr miteinander geredet.
Lindsey seufzte. Zweifellos bereute Thor seinen spontanen Kuss. Und sie wünschte, ihr erginge es ebenso. Aber ihre Lippen prickelten noch immer heiß, und sie fragte sich insgeheim, wie sie ihn dazu verführen könnte, sie noch einmal zu küssen. Diese sündige Neugier hatte sie damals zu ihrem schamlosen Verhalten mit Tyler Reese verlockt, dem sie ihre Unschuld geschenkt und es hinterher bitter bereut hatte.
Aber etwas in ihrem Innern hielt ihr entgegen, dass es dieses Mal anders wäre. Sie hatte sich nicht in Thor verliebt, fühlte sich nur unwiderstehlich zu ihm hingezogen. Sie war älter geworden, eine erwachsene Frau, die den Verführungskünsten eines Mannes nicht mehr willenlos erliegen würde.
Nicht, dass Tyler große Verführungskünste angewendet hätte.
In Wahrheit hatte eher sie ihn verführt. Und hinterher hatte sie seinen Heiratsantrag strikt abgelehnt, zu dem er sich verpflichtet gefühlt hatte. Sie war nicht in Tyler verliebt und keineswegs bereit, eine Ehe einzugehen.
Nachdem seine Pflicht getan war, zeigte der junge Viscount sich sehr erleichtert, und letztlich waren sie Freunde geblieben.
Nun, Jahre später, war diese sündige Neugier wieder in ihr erwacht. Thors Kuss war in keiner Weise mit Tylers unbeholfenen Zärtlichkeiten oder denen eines anderen Mannes zu vergleichen. Dieses schwindelerregende Gefühl, das ihr die Knie weich werden ließ, der wilde Drang, sich in der Hitze und Kraft dieses Mannes zu verlieren, die in seinem muskulösen Körper pulsierten, war ein atemberaubendes Erlebnis.
Sie versuchte, nicht daran zu denken, wie es wäre, wenn dieser Mann, der ihr Blut in Wallung brachte, sie ganz besitzen würde.
Aber es gelang ihr nicht.
Die Glocke über der Eingangstür schlug an. Lindsey hob den Kopf, als Elias Mack hereinstürmte und mit ihm ein kalter Windstoß, der welkes Herbstlaub hereinwirbelte. Die Köpfe einiger Mitarbeiter fuhren zu ihm herum, aber da die neue Ausgabe von Heart to Heart noch heute in Druck gehen musste, wandten sich alle umgehend wieder ihrer Arbeit zu.
Elias stürmte in ihr Büro, und Lindsey sprang auf. „Gütiger Himmel, Elias, was ist passiert?“
Der arme Kerl war mit seinem zerschundenen Gesicht kaum zu erkennen, seine Lippen waren dick geschwollen, ebenso das blau geschlagene Auge, das er kaum zu öffnen vermochte. Ihr schlechtes Gewissen versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. Hätte sie ihn in ihrem Leichtsinn nicht zu diesem gefährlichen Abenteuer überredet, wäre er nicht so schrecklich
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