Mein Name ist Afra (German Edition)
Mündern, gesotten und gebraten, Karpfen, Salm und Neunaugen, und jede Art von Geflügel, die ihr euch vorstellen könnt, Rebhühner, Fasane und Trappen, sogar ein Kranich und ein Pfau waren gebraten und auf einer riesigen Platte kunstvoll mit ihren bunten Federn angerichtet. Wildbret aus den reichen Wäldern des Gaus gab es zuhauf, dunkles, würziges Fleisch von Rothirsch, Wildschwein und Bär, dazu eingelegtes Obst und süßsaure, rote Beeren. Und natürlich gefüllte Pasteten und frisches, noch warmes Brot, verschiedene Gemüse und Getreide, Obst aller Art, Kirschen, Zwetschgen, Weintrauben, Pfirsiche, Äpfel und Birnen. Wenn ich Euch alles aufzählen sollte, würde wohl der ganze Abend darüber vergehen! Aber auch das gemeine Volk kam nicht zu kurz bei diesem Fest, ganze Rinder und Schweine drehten sich am Stock über großen Feuern, und jeder durfte davon essen, soviel er wollte, und Wein und Met trinken, soviel er vertrug. Ja, das war ein Feiern, wie ich es vorher nie erlebt habe, und ein so gutes Essen, daß mir das Wasser im Mund zusammenläuft, wenn ich daran denke! Obwohl Eure Küche dem wohl in nichts nachsteht, wie ich heute die schöne Gelegenheit habe, zu erfahren,“ schmeichelte der geschickte Händler jetzt der aufmerksamen Hausfrau, das Gesicht glänzend von Fett hielt er ein großes Stück gebratenes Schweinefleisch in den Händen, von dem er zwischen seinen Worten immer wieder genüßlich abbiß. Nachdem er ein zähes Teil voll Sehnen und Flachsen zwischen seinen Zähnen heraus gepopelt und den auf dem Boden liegenden Hunden vorgeworfen hatte, fuhr er geschäftstüchtig fort. „Aber die seltenen und wertvollen Gewürze, die machen eine Speise doch erst zum Hochgenuß, da werdet ihr mir recht geben! Dill und Sellerie sind schon recht für jeden Tag und einen einfachen Haushalt, aber Safran, Nelken, Koriander und die wundervollen Pfefferkörner gehören einfach in ein herrschaftliches Haus! Ein kleines Beutelchen voll davon hab´ ich noch für Euch, Frau Uoda, und dazu ein Fläschchen mit Öl, feinstem Olivenöl, noch sonnenwarm von den Hängen rund um die Ewige Stadt!“
Uoda hörte begierig zu, und war innerlich längst bereit, bei dem geschickten Hildeger zu kaufen, denn was in hochherrschaftlichen Haushalten gepflogen wurde, war ihr ganzer Maßstab. Den Hausherrn aber konnte er nicht so leicht für sich gewinnen, das merkte der tüchtige Händler bald, denn Wicpert saß einsilbig am Tisch und wollte nicht so recht einstimmen in die Begeisterung der Frauen über die fremden Würzen und die feine Lebensart.
„Wir haben immer reichlich und schmackhaft zu essen, dafür sei Gott gedankt, denn nicht allen Menschen geht es so gut, und auch ich habe schon andere Zeiten erlebt! Wenn ich an die harten Winter meiner Jugend denke, als das Futter fürs Vieh nicht reichte und wir im Frühling die geschwächten Tiere aus dem Stall tragen mußten, weil sie keine Kraft mehr hatten, sich aufzurichten! Da haben wir kaum Fleisch gekannt, das kann ich euch sagen, Getreidemus jeden Tag und das, was die Mutter im Wald gesammelt oder im Garten mehr schlecht als recht gezogen hat! Und das hat uns Jungen nicht geschadet, sondern hat uns hart und zäh gemacht! Dieses ganze feine Zeug, Gewürze und Öl und der süße Wein, das verweichlicht doch nur und obendrein ist es viel zu teuer für einfache Burgleute wie uns, sollen es die feinen Herren fressen, die haben auch mehr Gold!“
Der Hausfrau standen schon die Tränen in den Augen, als sie ihren Gatten so sprechen hörte, und die Hoffnung auf ein paar Pfefferkörner und wenige Tropfen Öl, die doch ihrem Ansehen so sehr genutzt hätten, schwand mit jedem seiner Worte etwas mehr dahin. Doch für einen erfahrenen Mann wie Hildeger, der weit herumkam bei seinen vielen Reisen und mancherlei Leute kennengelernt hatte in seinem Leben, war der brave Wicpert mit seinen biederen Ansichten ein leichter Fall. Der gewitzte Händler hörte dem Hausherrn ruhig zu und nickte nur ein paarmal bestätigend bei dessen Schilderung einer harten, entbehrungsreichen Jugend, und als Wicpert mit seiner Rede fertig war, versicherte ihm Hildeger, daß er eigentlich der gleichen Meinung war.
„Ihr habt ganz recht, Herr Wicpert, das seh´ ich genauso! Erst gestern war ich auf dem schönen Gutshof in der Dornau, oberhalb der wilden Lechaschleife, und führte ein ähnliches Gespräch mit dem edlen Herrn Severin und seinem Sohn und Erben Arbeo, der ein stattlicher junger Mann geworden ist, seit
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