Mein Name ist Afra (German Edition)
Wezilo und Bruno hatten ihren Spaß an der bunten Schilderung des Händlers, und die für den nächsten Tag verabredete Hochzeit von Arbeo und Liutbirc fand die volle Zustimmung des alten Meiers. „Es wird höchste Zeit für den jungen Dornauer, daß er endlich heiratet! Seit seine Mutter vor zwei Jahren gestorben ist, gibt es keine Frau mehr auf dem Hof, und das ist nicht gut für so ein großes Anwesen, das richtig geführt werden muß!“
Der junge Bruno hatte wie immer zu viel getrunken und sein breites Gesicht glänzte rot und speckig im Schein der Kienspäne. „Das glaub´ ich gern, daß Arbeo mit dem Bischof nach Rom will! Die fette Liutbirc mit ihrem bösen Mundwerk ist ja nicht gerade das schöne Edelfräulein, das er sich wohl erträumt hat! Da würde ich auch lieber eine weite, gefährliche Reise machen, als mit so einer im Bett zu liegen.“
Wezilo runzelte die Stirn über die abfälligen Worte von Bruno. „Sie ist aus einer anständigen Familie, und sie bringt ordentlich Gold mit in die Dornau, was zählt es dann, wie sie ausschaut! Die Eltern haben die Verbindung mit Gottes Hilfe überlegt und beschlossen, und wenn erst Kinder da sind, werden sich Mann und Frau schon vertragen. Arbeo ist fromm und gottesfürchtig, und deshalb geht er mit Bischof Udalrich auf diese Pilgerreise, um den Heiligen Vater zu sehen und seinen Segen zu empfangen, und um zu unser aller Heil kostbare Reliquien vom Kreuz Christi und von den Märtyrern mit ins Baiernland zu bringen. Wenn doch nur alle jungen Männer so tüchtig wären, dann stünde es besser um unser schönes Land!“
Bruno hatte den Vorwurf in den Worten von Walburc´s Vater sehr wohl verstanden, und seine Backen färbten sich noch dunkler rot als zuvor. „Du hast leicht reden, alter Mann, über Pilgerreisen und Reliquien und tüchtige, junge Männer! Wenn einer Meier von Pitengouua ist wie ich und sein Weib ein Kind erwartet, dann kann er nicht auf und davon gehen, lustig mit seinesgleichen in warme Länder ziehen und das Abenteuer suchen, dann muß er im Dorf bleiben und sich um den Hof und um seine Familie kümmern und sein Land vor Feinden schützen!“ Zur Bekräftigung seiner Rede schlug Bruno mit der Faust so heftig auf den Holztisch, daß die Becher wackelten und die beiden Frauen hinter dem Herd erstaunt aufsahen. Richlint stieß Afra bei Bruno´s Worten vielsagend in die Seite, und die Mädchen auf ihrem Lager kicherten über den faulen und trägen Mann, der doch jeder Arbeit aus dem Weg ging und sich bis jetzt noch nie um seine schwangere Frau bekümmert hatte.
Wezilo setzte eben zu einer gesalzenen Antwort an, doch der gemütliche Händler Hildeger wollte nicht schon wieder Streit in einer Familie erleben und lenkte das Gespräch geschickt auf ein weniger verfängliches Thema. „Ist das nicht das zweite Mal, daß der ehrwürdige Udalrich nach Rom zum Papst reist? Als Kämmerer des alten Bischofs Adalbero schon, glaube ich, war er in der ewigen Stadt und hat nach Reliquien gesucht und mit dem damaligen Heiligen Vater gesprochen! Das ist wirklich ein besonderer Mann, dieser Bischof von Augusburc, was meinst du dazu, Wezilo?“
Der alte Meier warf noch einen scharfen Blick auf den Mann seiner Tochter und antwortete dann höflich auf die Anrede von Hildeger. „Da hast du wohl recht mit deiner Ansicht, Weinhändler! Mit solch einem Bischof haben wir alle im Gau großes Glück gehabt, denn er ist klug und fromm, er ist tapfer und mutig, und er reitet und kämpft wie ein großer Heerführer! Ein Freund des Königs ist er außerdem, das kann unser Schaden hier im Lechgau nicht sein, und er ist ständig bemüht, für die Kirche der heiligen Afra zu Augusburc und für all die Klöster im Umland, deren besonderer Gönner er ist, wertvolle Heiligtümer zu besorgen. Erst vor ein paar Jahren brachte er von einer beschwerlichen Reise heilige Gebeine des Märtyrers Mauritius und seiner Soldaten nach Augusburc, wo sie feierlich mit einer Prozession empfangen wurden, wie man mir erzählt hat. Es ist eine große Ehre für Pitengouua, wenn der Bischof auf seinem Weg nach Rom für ein paar Tage hier in unserem einfachen Dorf verweilt!“
Hildeger lehnte sich zurück und verschränkte die Arme über dem dicken Bauch. „Ja, ja, die Reliquien! Manch ein unverschämter Kerl verdient sich reichlich Gold und Sklaven mit dem Handel dieser Gebeine, und ich frage mich des öfteren, wie dieser oder jener Händler so sicher sein kann, ein wahres Holzstück vom Kreuz
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