Mein Name ist Afra (German Edition)
dramatischer, je öfter sie Chuonrad erzählte, und die alte Hedwig auf ihrer Bettstatt hörte mit Schaudern von der Heldentat ihrer Söhne.
„Nun soll uns Rasso aber von seiner Reise ins Heilige Land und vom Papst in Rom berichten!“ rief Utz dazwischen, als sein Bruder zum drittenmal davon anfing, wie schlau sie das fürchterliche Raubtier eingekreist und in die Enge getrieben hatten. „War nicht der junge Liudolf von Schwaben dabei mit seinen Mannen, und einige Verwandte von Udalrich?“ Utz war begierig auf Neuigkeiten von den adeligen Herren, mit denen er selbst schon auf Pilgerfahrt gewesen war, und das Gespräch der Männer am Tisch drehte sich bald um die Lage in Baiern, den sächsischen König und das Machtgerangel der Herzöge.
„König Otto verteilt Würden und Besitztümer, die von Rechts wegen anderen zustehen, recht eifrig unter seinen Verwandten! Arnulf sollte Herzog in Baiern sein wie sein Vater vor ihm, und nicht der Sachse Heinrich, wenn er auch der Bruder des Königs ist!“ ereiferte sich Utz, „und obwohl ich Liudolf gut leiden kann und er ein tapferer Kämpfer ist, so hat doch einer aus der Familie von Rasso und Richlint mehr Anspruch auf das Herzogtum in Schwaben als der Sohn des Sachsenkönigs!“
Chuonrad wiegte bedächtig seinen Kopf. „Aber er ist ein kluger Mann, unser König, das mußt du gestehen, Utz! Seinen Bruder Heinrich hat er letztes Jahr als Herzog in Baiern eingesetzt, aber er hat ihn mit Judith, der Tochter von Herzog Arnulf und Schwester des bairischen Pfalzgrafen verheiratet, und seinem Sohn Liudolf gab er Ida von Schwaben zur Frau und seine Tochter Leutgard dem roten Konrad von Lothringen. So sitzen seine Verwandten durch geschickte Heirat im ganzen Land und er festigt seine Macht!“
Rasso hatte den Haslachbrüdern zugehört und bisher wenig gesagt, aber als er jetzt das Wort ergriff, war sein Standpunkt deutlich. „Otto ist unser aller gesalbter König und er handelt nur zum Wohle der Menschen dieses Landes, sein Königtum ist ihm von Gott gegeben! Und Herzog Heinrich hat doch schon bewiesen, daß er ein würdiger Mann für diese Stellung ist, immer wieder schlägt er die blutdürstigen Heiden zurück, und in diesem Sommer drang er bis ins ungarische Feindesland vor und lieferte ihnen dort ein grausames Gefecht!“
Chuonrad schaute seinen Schwager erstaunt an. „Ja, von der Schlacht bei Lövö haben wir hier im Haslach auch schon gehört, aber Ruhm für den Herzog kann ich dabei nicht erkennen, denn viele Tote und Verletzte hat es bei den Baiern gegeben, zuviele Männer aus den Dörfern ringsum sind nicht mehr heimgekehrt! Mich wundert, daß du selbst nicht mitgekämpft hast in den Reihen der Krieger, und lieber wie ein Mönch nach Rom gezogen bist, wo du doch sonst den Kampf mit dem Schwert suchst wie keiner von uns!“
Richlint war mit dem Bärenfleisch an der Feuerstelle beschäftigt, aber sie hörte der Unterhaltung aufmerksam zu, und als Rasso jetzt von ihrem Mann angesprochen worden war, hob sie den dunkelblonden Kopf und trat einen Schritt näher, denn sie wollte kein Wort ihres Bruders versäumen.
Rasso spürte den Vorwurf in der Rede von Chuonrad, in diesen schwierigen Zeiten auf Pilgerfahrt zu gehen und nicht Seite an Seite mit dem Herzog und seinen Männern zu kämpfen, und er versuchte freundlich, aber bestimmt, den Brüdern seine Beweggründe zu erklären. „Bischof Udalrich hat mich nach Rom gesandt, mit wichtigen Briefen vom König für den Papst, und er bat mich, so viele Reliquien zu beschaffen und mit nach Baiern zu bringen, wie es mir nur irgend möglich sei. Diese Heiltümer sind für den Frieden unseres Volkes genauso wichtig wie die Schlachten des Herzogs!“
Utz erkannte den tiefen Ernst in den Augen des jungen Andehsers und fragte höflich nach dem Erfolg der Pilgerreise. Voll Begeisterung erzählte Rasso nun davon, wie der heilige Vater ihn empfangen und auf Geheiß des König Otto die Grablege der Apostel geöffnet hatte. „Von allen Gliedern und Gebeinen der Jünger Jesu hat er mir gegeben, von Petrus und Paulus, von Simon, Jakobus und Bartholomäus und allen anderen, und in Konstantinopel erhielt ich noch den Leichnam des Propheten Symeonis und den von Timothei dazu. Einige der heiligen Knochen habe ich dem Bischof übergeben, für seine Kirche in Augusburc, und mit den anderen werde ich im Frühling auf der Werth ein Kloster gründen zum Lobe Gottes!“
„Ha, Richlint,“ rief Utz überrascht aus und
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