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Mein Name ist Afra (German Edition)

Mein Name ist Afra (German Edition)

Titel: Mein Name ist Afra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Dopfer-Werner
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begann, er ging vor dem Schlafengehen mit seinem struppigen Hund eine letzte Runde durch die Ställe und über den Hof, um nach dem Rechten zu schauen, und legte sich dann auf sein Strohlager neben der Stalltüre zur Ruhe. Mein Mann und ich redeten und lachten leiser miteinander, und wenn der alte Mann eingeschlafen war und wir sein regelmäßiges Schnarchen hörten, dann rückte Leonhard zu mir und legte die Arme um meine Hüfte, zog mich eng an seinen bebenden Körper und streichelte mich überall, sanft und beharrlich, und das Blut stieg mir heiß bis zum Hals empor. Er war unendlich geduldig und zärtlich mit mir, und wenn ich auch nach den Erfahrungen mit Bruno Angst vor dem Beieinanderliegen als Mann und Frau gehabt hatte, so schmolz diese Furcht wie Schnee an der Sonne unter den liebevollen Berührungen von Leonhard.
    Im zweiten Jahr unserer Ehe gebar ich eine gesunde Tochter, die wir nach meiner lange verstorbenen Großmutter auf den Namen Ella tauften, und wieder ein Jahr später kam laut krähend unser Sohn Agilolf zur Welt, schwer und kräftig wie ein Kind von zwei Monden. Diese beiden Geburten verliefen ohne Schwierigkeiten, wenn ich auch bei der kleinen Ella einen Tag und eine Nacht in den Wehen lag und fürchtete, das Schicksal meiner Schwester zu erleiden. Aber Justina hatte sich schon in den Wochen vor der erwarteten Geburtszeit in Pitengouua eingerichtet, in der leerstehenden alten Hütte von Folchaid schlug sie mit ihrem Sohn Riwin und dem weißen Hund ihr Lager auf und ließ mich nicht mehr aus den Augen, und ihr fürsorglicher Beistand und ihre große Erfahrung nahmen mir die Angst. Justina gestattete den anderen Frauen nicht, während des langen Wartens Geschichten von schwierigen Geburten zu erzählen oder mich zu schütteln, wie es ein alter Brauch war, und nur Richlint und sie selber durften mich stützen und berühren, was ihr von Uoda und Liutbirc, die sie zum Beten hinaus unter den Schopf geschickt hatte, einige böse Blicke einbrachte. Aber aller Unmut war vergessen, als Justina mir das winzige, nackte Mädchen an die schweißnasse Brust legte und es sofort gierig wie ein Kätzchen zu saugen begann, und die Frauen umarmten mich und das Kind und wünschten uns alles Glück dieser Welt. Richlint hatte Tränen der Rührung in den Augen stehen, und ich betete in diesem Augenblick voll dankbarer Freude zu Gott und allen Heiligen, daß meine Freundin ihr abweisendes Verhalten aufgeben und selber ein Kind bekommen sollte.
    Daß meine Gebete nicht erhört wurden und auch mein Beispiel als glückliche Ehefrau und Mutter Richlint´s Absichten nicht änderte, erkannte ich sehr viel später an einem der selten gewordenen gemeinsamen Nachmittage im Gutshof bei Justina. Richlint hatte mir durch einen herumziehenden Bettelburschen die Nachricht geschickt, daß Chuonrad mit den Flößern unterwegs war und sie nach der Mittagszeit zu Justina reiten würde, und ich gab meinem kleinen Sohn die Brust und ließ die Kinder dann für die nächsten Stunden in der Obhut einer Magd zurück. Leonhard hatte nichts dagegen einzuwenden, wenn ich mich mit Justina und Richlint traf, obwohl ihm diese besondere Freundschaft zwischen uns Frauen eigentlich fremd war, und er sattelte ein besonders braves Roß für mich als ungeschickte Reiterin und kehrte dann zu seiner Feldarbeit zurück.
    Es war ein herrlicher Frühsommertag voll Sonne und warmer Luft, und während ich gemächlich am Bach entlang zur Furt ritt, wanderten meine Gedanken über die letzten Jahre hinweg und zurück zu unserer gemeinsamen Kindheit, mit den aufregenden Tagen bei Justina im alten Gutshof und den geheimnisvollen Heiligenspielen auf der Obstwiese hinterm Haus. Richlint war dabei meinem Herz wieder so nah wie früher, und ich nahm mir vor, an diesem Nachmittag die alte Vertrautheit zu erneuern und die Freundschaft zwischen uns zu bekräftigen.
    Richlint war schon vor mir eingetroffen, und als ich an der bunten Ziegenherde auf den Schutthügeln vorbei durch das weit offene Tor in den Hof ritt, sah ich sie lachend mit Riwin vor dem Badhaus herum tollen, der kleine Junge mit den tiefschwarzen Haaren seiner Mutter schwang wie einst mein Bruder Eticho ein kurzes Holzschwert und versuchte damit einen alten Faßdeckel zu treffen, den Richlint ihm entgegenhielt wie einen echten Schild im Kampf der Männer. Riwin war ein schönes Kind, groß und kräftig für seine knapp fünf Jahre, und die olivfarbene, glatte Haut und die dichten Haare von Seiten der Mutter

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