Mein Name ist Eugen
und trug ihn fort. Aber auch diesen Gedanken wies er beleidigt von sich und hielt ihn unter seiner Würde: Was wir eigentlich meinten, wer er sei? Der Graf von Monte Christo hätte sich schön bedankt, in einer Kiste befreit zu werden.
Und damit brachte mich der Wrigley auf die rettende Idee: Glücklicherweise hatte auch ich das Buch gelesen, und nun wusste ich genau, wie der Wrigley zu biegen sei: Ich flüsterte, der Graf von Monte Christo sei doch im vorletzten Kapitel in einem Sack aus dem Gefängnis erlöst worden, und ich sehe nicht ein, warum das bei ihm unter der Würde sein sollte.
Das schlug ein. Sogleich war der Wrigley zu haben, unter der Bedingung, dass es ein Sack und keine Kiste sei. So trafen wir denn in aller Eile die nötigen Verabredungen und empfahlen uns hierauf handlich, während der Ritter Eisenhut den Tujahag bewachte.
Wir rannten los, wie vom Teufel gehetzt: Der Eduard besorgte den Sack, und ich holte den Leiterwagen.
Doch just, als wir zum Tor hinaus wollten, wurden wir noch Zeugen eines eigenartigen Vorgangs: Auf dem Platz draussen hielt ein Krankenauto, und nach einer Minute brachten zwei Sanitätler etwas unter einer Decke auf einer Tragbahre und versorgten es im Wagen, der sogleich abfuhr.
Ach ja! Wir hatten den Bäschteli vergessen. Sein Schicksal hätte uns sicher tief bewegt, aber im Augenblick hatte ich eine dringliche Mission und schlug mir diese Angelegenheit aus dem Kopf.
Wie gesagt, ich holte den Leiterwagen. Daheim hatten Wrigleys den ganzen Tag Wäsche gehabt, und ich traf seine Mutter im Garten beim Aufhängen, als ich das Wägelein aus dem Keller holte. Sie fragte, wo auch der Franz sei? Franz! So nannten sie den Wrigley im Familienkreis. Er sollte unbedingt nach Hause kommen, denn er müsse ihr noch ein Hemd, das es in den Ablauf hinuntergeschwemmt habe, heraufangeln und nachher in den Konsum. Ich sagte nur, er sei noch im Museum und sei gar sehr vertieft, liess sie links liegen und rasselte davon.
Den Eduard traf ich auf der Brücke und kam mit ihm eben noch dazu, wiederum etwas sehr Merkwürdiges mitanzusehen:
Aus dem Museumsgarten hervor stürzte nämlich soeben eine Dame mit hohen Absätzen und einem Hündchen unter dem Arm. Die liess einen Schrei fahren und raste Richtung Thunplatz davon.
Irgend etwas schien da nicht zu stimmen, weil besagte Dame von dem Fleckchen Erde herzukommen schien, wo unser Wrigley im Gebüsch jenseits des Gitters und des Trottoirs lag.
Als wir zu ihm hinschlichen, kniete er auch schon neben der Tanne und hatte eine fürchterliche Angst in seinem Innenleben. Ganz ausser Atem zischte er uns zu:
«Fort! Schuss!»
Sonst nichts. Ohne ein Wort zu sprechen, packten wir ihn in den Sack, banden oben zu, trugen ihn hinaus, ppang, in den Wagen mit ihm, und so, als sei der Leibhaftige hinter uns her, rasten wir über die Brücke.
Wir vernahmen erst sehr viel später, was eigentlich mit der Dame gewesen sei: Während der Wrigley im Gebüsche lag, war sie auf dem Trottoir draussen einige Schritte hinter ihrem Knirps von Hündchen einherstolziert. Trotzdem das wirklich nur ein ganz kleines Hündchen war, so eines von denen, die man nach ihrem Tod in einem Album zu pressen pflegt, hatte es dem Wrigley gerochen, ihn den Unsichtbaren, wie toll angebellt, und dann war es zwischen den Gitterstäben hindurch zu ihm hereingekommen.
Von aussen konnte man es nun nicht mehr sehen. Man vernahm bloss noch sein Gepieps. Doch die Frau blieb stehen und versuchte es herauszulocken:
«Schnuggi, komm, pf, pf, pf!»
«Schnuggerli, was ist?»
«Schnuschnuschnuggeli, komm Fusseli!»
Aber der Schnugger hatte an dem eisernen Wrigley zu sehr oder zu wenig Gefallen gefunden, als dass er noch hätte gehorchen können. Wrigley gab sich alle Mühe, den Verräter vom Leibe zu halten, aber endlich half ihm, dem Tierfreund, nichts anderes mehr, als den Ketzer zu packen und ihm das Gurgelein behutsam zuzudrücken.
Das Bellen hörte auf, und von aussen vernahm man nur noch ein leises «Pfffzgh, Pfffzgh».
Aber nun hatte das Dämchen Verdacht geschöpft und kam durchs Tor herein, um Nachschau zu halten; aber den Wrigley in seinem Helm sehen, einen Schrei aus-stossen und davonrasen waren eins.
Er war sie nun los, doch konnte man nicht wissen, ob sie nicht noch auf den Gedanken der Polizei komme. Deshalb also fanden wir den Wrigley aufs äusserste erregt.
Und nun waren wir auf dem Weg zum Spengler.
«Wir» ist zwar übertrieben, denn ich war gar nicht dabei. Unterwegs
Weitere Kostenlose Bücher