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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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nämlich bekam der Wrigley in seinem Sack Sorgen, sie könnten daheim etwas merken, wenn er so lange ausbleibe, drum solle ich nach Hause eilen und die Familie beruhigen. Ich solle ihnen notfalls irgend einen Bären aufbinden, meinetwegen, er sei noch im Museum, und anschliessend müsse er noch zu einem Freund, um ihm die Aufgaben abzuschreiben, oder so etwas. Er sei sicher daheim, bevor es dunkel werde.
    Und tatsächlich glaubte der Wrigley damals noch, die Sache beim Spengler sei rasch erledigt, und dann komme er mit dem Wägelein nach. Bis zu diesem Augenblick sei es meine Aufgabe, ihnen Sand in die Augen zu streuen.
    Ja, prosit!
    So für eine Viertelstunde besänftigt man zwar mit
    Leichtigkeit auch die zornigste Mutter.--Aber wenn
    es dann zwei, drei Stunden geht, und kein Wrigley erscheint, wie es nun passierte? Wen sollte es wunder nehmen , dass es daheim Radau gab?
    Zuerst brachte ich die Ausrede mit dem Museum. Dann die mit den Aufgaben. Nachher sonst noch ein paar Faule. Doch nach langem Bemühen meinerseits und Schimpfen mütterlicherseits gab ich es auf, und zudem musste ich zum Nachtessen.
    Mir war beim Tisch nicht ganz wie sonst. Die Omelette rutschte die Kehle hinab wie Sandpapier, und bange
    Gedanken türmten sich in meinem Kopf, ganz besonders noch, als es an der Wohnungstür läutete und das Mädchen von Stalders ausrichtete, der Eugen möchte doch so gut sein und auf einen Schritt herunterkommen.
    Zapfen ab! Hatten sie ihn also doch geschnappt, und meine Teilhaberschaft an der Sache war ausgekommen! Im Abwärtssteigen machte ich mich auf dieses und jenes gefasst.
    Drunten sass die ganze Familie Stalder — ohne Wrigley — stumm um den Tisch herum und schien nur auf mich gewartet zu haben. Frau Wrigley lag auf dem Kanapeh und war sehr bleich. Vater Stalder sass aufrecht am Tisch und trommelte mit den Fingern. — Schlechtes Zeichen!
    Wenn ich nur einen Anhaltspunkt gehabt hätte!
    Hatten sie den Wrigley wohl schon ohne Essen ins Bett geschickt? Ich wusste nur eins: Jetzt galt es Geistesgegenwart!
    Da stand Vater Stalder langsam auf, trat feierlich zu mir, fasste mein Hemd nahe bei der Gurgel, sah mir stechend in die Augen, räusperte sich und begann mit bösartig freundlicher Stimme:
    «Eugen, ich glaube, es ist das beste , du erzählst jetzt gleich alles so, wie es wirklich gewesen ist.»
    Pause.
    «Komm, ich will dir ein wenig nachhelfen: Nicht wahr, das mit dem Museum war eine kleine Lüge?»
    «Warum?»
    «Nun, darum, weil wir mittlerweile so allerhand erfahren haben. Sieh, mit euren Lügengeschichten stiftet ihr ja doch nur Unheil und schadet euch selbst am meisten. Meine Frau zum Beispiel hat dir geglaubt, unser Sohn sei tatsächlich noch im Museum, und als es später wurde, hat sie dorthin angeläutet. Man gab ihr Bescheid, es sei in der Tat vor einigen Stunden ein Knabe mit einem schweren Anfall von einem Sanitätsauto abgeholt worden. Namen und nähere Umstände könne man auf dem Posten erfahren. Du kannst dir denken, welch einen
    Schreck meine Frau durchlebte, als sie — das Schlimmste vermutend — dorthin anrief und zum Glück vernahm, dass es sich um einen andern Knaben handle.
    Nun, Eugen, alter Sünder! Sag es offen heraus: Wo steckt mein Sohn?»
    Mir stak der Atem mitten im Hals, und der Puls setzte aus, und der Mund wurde trocken, als ich merkte, dass hier keine Lüge mehr fruchtete, und eben wollte ich sachte ein wenig herausrücken, als Vater Stalder wieder meinen Kragen nahm und weiterfuhr:
    «Nun, wart, ich will dir ein wenig nachhelfen: Nicht wahr, ihr beiden seid heute nachmittag fischen gegangen, und dein sauberer Kumpan streicht noch jetzt irgendwo an der Aare herum!?»
    Jetzt verging mir aber die Sprache endgültig, und ich wusste nicht mehr aus noch ein. Doch wiederum half Vater Stalder weiter:
    «Ja, siehst du, ihr müsst einem alten Mann wie mir nichts Vorspielen wollen. Als ich heimkam, habe ich mir sogleich meine Reime gemacht, mit euren Ausreden stimme etwas nicht, denn in der Familie Stalder war noch nie ein Mitglied aufs Zeichnen versessen. Ich habe Nachschau gehalten, und richtig, im Schrank fehlt meine Fischrute!
    So, und nun bloss keine Ausflüchte mehr! Gesteh es ein, du armer Sünder, und stelle dich. Es geht ja nicht ums Töten!»
    Aahh! Vater Stalder hatte mir gegen seinen Willen aus der Klemme geholfen. Ja, richtig! Vorgestern hatten wir am Nachmittag noch gefischt und offenbar vergessen, die Rute zu versorgen! Ach so, darum! — Da sieht man doch wieder

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