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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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sagte, wir seien Anfänger: Nun habe sich nämlich der Führer verraten.
    Ja, was es denn sei?
    Da ging der Wrigley mit uns ins Gebüsch, liess uns schwören, nichts zu verraten und vertraute uns feierlich an, er wisse zufällig seit einiger Zeit, dass der Führer in Bern einen Schatz, ein Mädchen besitze.
    Eine Blonde!
    Bis jetzt habe er noch nicht herausgefunden, wie sie heisse, aber nun habe sich der Führer verplappert: Hyschiene sei ihr Name! Das klinge freilich so blöd, wie das Mädchen aussähe.
    Uns war die Sache trotzdem nicht ganz klar. Weshalb wir dieser Hyschiene zuliebe die Abfallgrube tiefer machen sollten?
    Der Wrigley erwiderte darauf, da sehe man, dass wir in dieser Materie keine Kenner seien. Das sei doch sonnenklar: Ganz sicher sei in den nächsten Tagen der Besuch dieses Mädchens zu erwarten, und der Führer werde sie dann stolz im Lager herumführen und mit allem plagieren, und wenn sie dann zur Abfallgrube kommen, werde er stolz eine Stange hinunterstecken, um ihr zu zeigen, wie tief sie sei. Alle solchen Menschen pflegen aufzuschneiden, wenn Mädchen in der Nähe seien.
    Nach solchen Ausführungen war es ganz klar, dass wir an unsere Arbeit zurückkehrten. Wir schufteten wie nie zuvor, und keiner gab vor dem anderen zu, dass es wirklich der Hyschiene zuliebe geschah. Während wir in Wasser und Kot hinuntertauchten, dachten wir an das blonde Haar, und wie sie dann oben am Rande stehen werde, und dann frägt sie: Wer hat diese Grube so tief gemacht, und dann treten wir hervor, und sie sieht uns an. So dachten wir und gruben und gruben, bis es Abend wurde und der Führer uns fragen kam, ob wir eigentlich von allen Geistern verlassen seien: Er habe uns nicht befohlen, nach Erdöl zu bohren, und wir sollten uns gefälligst waschen gehen.
    Von einem Wort des Dankes — oder von der Hyschiene war nicht die Rede. So sind die Verliebten.
    Wir Vier, nein, wir Drei, wuschen uns, denn der Bäschteli hatte uns schon vor Stunden im Stich gelassen mit der Bemerkung, es sei nicht gesund, so lang im Wasser zu stehen: Das gebe Krampfadern und ein frühzeitiges Ende.
    Ach man sieht: Dieser Bäschteli war und blieb ein Muttersöhnchen. Mit Fernsteuerung wurde er auch im Lager verwöhnt, denn alle zwei Tage kam von daheim ein grosses Paket mit Wurst, Pralines und Unterhosen, weil sie daheim als selbstverständlich annahmen, dass er erstens hungere und zweitens friere, und immer belehrten sie ihn in ihren Briefen, die Sachen seien für ihn bestimmt und niemand sonst, und das nahm der Bäschetli derart ernst, dass er mit jedem Paket in der Einsamkeit hinter der Latrine verschwand und erst zurückkam, wenn ihm nicht mehr so ganz wohl war, denn eher riskierte er sein Leben, als dass er auch nur einen Wurstzipfel für uns andere übrig liess.
    Das gab uns dermassen auf die Nerven, dass wir uns mit der Postordonnanz auf guten Fuss zu stellen begannen, und als einmal ein Extra-Sonderpaket von mindestens vierfacher Grösse für den Bäschteli eintraf, liess es sich der Wrigley aushändigen, und triumphierend verkündigte er über den ganzen Lagerplatz, eine seiner sehr nahrhaften Tanten habe an ihn gedacht.
    Wir versammelten uns um die Zeremonie des Auspackens, und auch der Bäschteli war mit Gier im Antlitz dabei, als der Wrigley ein fertiges Poulet über seinem Haupte schwang, als Ananas dem Karton entstieg, und eine Handvoll Nüsse warf er mit so verschwenderischer Gebärde über den Rasen, dass der Bäschteli nicht achtete, wie geschickt der Wrigley die Unterwäsche verbarg, welche auch diesmal nicht fehlte.
    Wir alle hatten an dem Segen teil, mit Ausnahme des Bäschteli, der mit langem Blick dem Poulet nachsah, und er war dem Weinen nahe, als wir sehr öffentlich die Knochen benagten.
    So war es zehn Minuten gegangen, da wandte sich der Wrigley — als bemerke er ihn erst jetzt, zum Bäschteli und fragte, ob nicht auch er etwas begehre, und das fragte er mit einem Schinkenbrot in der Faust. Der Bäschteli streckte seine Hand aus, aber er musste sich zuerst eine lange Rede und dann einige Fragen gefallen lassen, zum Beispiel, ob er fortan gesonnen sei, seine Pakete im Freundeskreis zu öffnen, ohne damit hinter die Latrine zu gehen; ob er seinen Segen fürderhin mit uns teilen wolle, wie wir es soeben getan hätten; und als der Bäschteli mit festem Blick auf den überhängenden Schinken bedenkenlos zustimmte, da offenbarte ihm der Wrigley grinsend die Adresse des Pakets und schenkte ihm grosszügig das Brot,

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