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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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verwundern, dass wir nach dem siebenten Biss in hellen Zorn gerieten: Der Valtanggoli musste etwas vom Zustand seiner Maronis gewusst haben, und trotzdem verkaufte er sie uns für unser sauer verdientes Geld. Das musste gerächt werden, und es lag ja auf der Hand, wie das zu geschehen hatte.
    Unter das linke hintere Rad klemmte der Angelo jeden Morgen einen Holzkeil, damit das Häuschen stehen blieb, und der Wrigley sagte, das sei sehr gut: Jetzt könnten wir den Würmerhändler zur Strafe ohne Schwierigkeiten auf Reisen schicken.
    Mir war die Angelegenheit nicht ganz geheuer, aber trotzdem machten wir uns an das Häuschen heran, als eine dicke Dame herzutrat und umständlich in den ausgestellten Feigen herumzugrübeln begann. Der Wrigley schlich zur Seitenwand, schob sachte den Riegel vor die Türe, und dann verabreichte er dem Holzkeil geniesserisch einen Fusstritt. Während vorne beim Schalter der Valtanggoli soeben die Hand nach dem Geld ausstreckte, begann das Häuschen sich unter ihm in Bewegung zu setzen, die abschüssige Strasse gegen die Brunngasshalde hinunter.
    Ich sah vorne den Angelo aufspringen, an der Türe riegeln, mit den Armen fuchteln und brüllen:
    «Oschtia, muesch dr nid fahr, muesch dr alt!»
    Aber er sass nun einmal drin in der Falle und sah zum Schalter hinaus das Panorama der Grabenpromenade vorbeiziehen: Zuerst ganz sittig langsam, dann immer schneller. Die Eisenräder kollerten mit kolossalem Lärm über die Pflastersteine, und das Zuschauen wäre schön gewesen, wenn das Häuschen nicht nach fünfzig Metern mit lautem Dröhnen ans Geländer der Schütte geprallt wäre. Mit einem Ruck stand es still, und drinnen kollerte alles durcheinander: Kastanien, spanische Nüsschen, Feigen, Angelo und der Kohlenofen.

    Sicher hätte es mit einem Brand geendet, aber geistesgegenwärtig wie wir sind, rannten wir an den Ort der Katastrophe, riegelten die Türe auf, sprangen hinein und buggsierten die am Boden zerstreute Kohlenglut noch rechtzeitig hinaus.
    Der Valtanggoli sass verstöbert in einer Ecke und hatte statt des Hutes einen Feigenring auf dem Kopf. Er weinte wie ein kleines Kind und sagte in einem fort:
    «Povero Angelo.»
    Wie wir ihn so vor uns hatten, da waren die Würmer vergessen, und er erbarmte uns derart, dass wir ihm alles wieder in Ordnung brachten, das Häuschen an seinen alten Platz hinaufstiessen und ihm nachher so lange flattierten, bis er sich einigermassen zusammengerappelt hatte.
    Nach fünf Minuten waren die Spuren der Rache verschwunden. Der Alte war sehr gerührt. Er fuhr uns mit seiner riesigen Hand über den Kopf und brummte gerührt:
    «Bravi Bambini, elfa guot povero Angelo.»
    Das war der Anfang einer Freundschaft zwischen ihm und dem Wrigley. Seit diesem Nachmittag sass er in jeder freien Stunde zum Angelo hinein, und dann sangen sie zu zweit traurige Lieder über den Kornhausplatz. Der Wrigley half beim Maronischlitzen, und mit Genuss sah er zu, wie der Alte seine wurmstichigen Kastanien an den Mann brachte.
    In diesen Stunden lernte der Wrigley Italienisch nach der Naturmethode, und er brannte seit Anfang des Lagers darauf, sie auszuprobieren. Dazu hatte er nach seiner Flucht Gelegenheit, aber irgendwie muss ihm der Kontakt mit den Südländern misslungen sein, denn am nächsten Morgen stand er mit einer gewaltigen Beule an der Stirne plötzlich wieder im Lager. Wie er zu ihr gekommen war, verriet er nicht. Er sagte uns bloss, er habe sich die Sache noch einmal überlegt, er gebe uns noch eine Chance. Sonst nichts.
    Auch wir taten, als wäre nichts geschehen, und der Hänneli schnitt ihm selben Mittags eine derart normale Portion Brot ab, dass der Wrigley versöhnt war und niemand mehr auf die ganze Affäre zurückkam.
    Das war auch nicht nötig, denn die zweite lag schon in der Luft.
    Man delegierte uns an diesem Tag leider zum Graben einer Abfallgrube. Zwei Stunden schufteten wir unter der Sonne des Tessin . Dann kamen wir auf Grundwasser und fanden, es sei nun genug. Aber der Führer inspizierte die Sache, sagte, das Grundwasser sei ideal, denn eine Abfallgrube mit Wasserspülung hätten wir bisher noch nie besessen, und wir sollen die Badhosen anziehen und noch einen Meter tiefer schaufeln.
    Wir protestierten: Wir seien schliesslich keine Tiefseetaucher, aber der Führer munterte uns auf, wir sollten es doch der Hyschiene zuliebe tun.
    Hyschiene? — Was war nun wieder das?
    Der Bäschteli meinte, das sei wohl das Fremdwort für Abfälle.
    Aber der Wrigley

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