Mein Name ist Eugen
Pflaster werde der dampfende Skalp vom Wrigley sein.
Nach einer Stunde wurde es dem Hänneli zu langweilig. Er ging von der Birke weg und meinte, mit der Rache pressiere es ihm nicht so, denn Wrigleys Skalp sei auch morgen noch frisch genug.
Aber der Wrigley blieb.
Wir schickten den Hänneli, ihm zu sagen, er solle jetzt herunterkommen, denn er habe sich entschlossen, ihm kein Haar zu krümmen: Säuglingen solle man nicht wehetun. — Aber der Wrigley tat keinen Wank.
Nach einer weiteren Stunde, als wir schon recht beunruhigt waren, schickten sie mich als Unterhändler zur Birke, und ich sprach ihm von unten her zu, so freundlich wie eine Mutter dem verletzten Kind oder ein Bauer der kranken Kuh, aber der Wrigley bestand darauf, er komme nicht, es sei denn, das Tor werde ungültig erklärt. — Weil wir wussten, dass der Tutti nicht zu ändern war, blieb uns allmählich nichts übrig als Gewalt:
Zuerst ging der Rolf hinauf, weil er viel Kraft hat: Er wollte diesen Zwerg herunterreissen. Jedoch er landete selbst unsanft am Boden und probierte es kein zweites Mal.
Hierauf kletterte der Sikki am Stamm empor, aber der Wrigley warnte ihn erst, weil er sonst sein Freund ist, und nach der zweiten Mahnung spuckte er ihm ins offene Auge, so dass er bloss noch mit dem anderen sah. Auch er war vorschnell wieder am Boden unten.
Der ganze Trupp umlagerte die Birke, da pflügte sich der Hänneli einen Weg durch uns hindurch und rief zum Wrigley hinauf:
«So Wrigley, wenn du nicht kommst, muss ich leider die Birke fällen.»
Er ging zum Materialzelt und holte umständlich Vorschlaghammer, Axt und Säge. Zuerst begann er, die Axt mit Kennerblick an einem Stein zu wetzen, dann spannte er die Säge und schmierte sie mit einer Speckschwarte gehörig ein, und endlich nahte er sich dem Stamm.
Da endlich kam der Wrigley herunter, aber ohne unserer Worte zu achten, ohne nach rechts und links zu sehen, entfernte er sich durch den Lagereingang und rief von aussen zurück, bei einer solchen Bande und solchem Schiedsgericht bleibe er nimmer. Jenseits des Gotthards sei es für ihn auch schön, und damit war er fort.
Geld hatte er keins, aber er vertraute wohl auf die Tessinertrauben, die ihn nähren würden und bedachte nicht, dass es erst Frühling sei. Ja, ja, auf Trauben ist er scharf, denn ich habe ihn einmal in einen Rebberg am Neuenburgersee begleitet zur Schwester seines Onkels, und dort ass er Trauben, bis er sich legen musste, weil es jedesmal, wenn er ausatmete, einen bläulichen Dunst gab.
Der Wrigley kam den ganzen Tag nicht mehr zurück. Wir vertrauten auf den Abend.
Aber der Abend kam und der Wrigley nicht. Wir unternahmen eine Suchaktion, und der Führer telefonierte bis nach Bern, um die Eltern Stalder auf eine eventuelle Rückkehr ihres Sohnes vorzubereiten. Wir waren alle traurig, nicht weil wir fürchteten, dem Wrigley könnte etwas geschehen sein. O nein, dem geschieht nichts! Aber weil ohne ihn ein Lager anders ist; nicht mehr wie sonst: So viel bräver und langweiliger. Kurz, wir vermissten ihn sehr, sogar der Hänneli.
Ich wusste genau, warum der Wrigley so leichterdings das Weite gesucht hatte. Schon lange brannte er nämlich darauf, mit der Bevölkerung des Tessin den Kontakt aufzunehmen, wie er dem sagte. Seit mehr als drei Monaten behauptete er, er spreche fliessend kalt und warm italienisch. Bei besonderer Gelegenheit hatte er es zu Hause nach der Naturmethode gelernt, und das war so gekommen:
In Bern steht auf dem Kornhausplatz an der Ecke der Grabenpromenade das Maronibraterhaus des Angelo Valtanggoli. Dieses Haus kreuzt jeden Morgen unseren Schulweg, wenn nämlich der Angelo und seine Frau es aus der Remise an der Brunngasshalde heraufschieben. Unten hat es kleine Eisenräder, und während des Tages steht es dann oben am Rand des Abhangs und führt uns Knaben in Versuchung.
Es ist nämlich schwer, an einem Maroni-Geruch vorbeizukommen, ohne in den Sack zu greifen und nach den letzten Rappen zu grübeln. Das hatten wir sehr oft getan, und einige Wochen vor den Ferien betrog uns der Valtanggoli unerhört:
Der Wrigley und ich besassen damals aus besonderen Gründen fast einen Franken, und dieses Vermögen verwandelten wir leider in einen Sack Kastanien. Mit grösser Lust öffneten wir unterwegs eine nach der anderen und fanden eine jede besetzt von einem Wurm. Lieber Leser: Es ist nicht schön, in einen Wurm zu beissen. Noch weniger in zwei. Das ist wie ein Mund voll Unrat, und es darf nicht
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