Mein Name ist Eugen
nachdem er den Schinken daraus entfernt hatte und sagte ihm kauend, wenn er aus dieser Sache nicht eine Lehre ziehe, bekomme er das nächstemal nicht einmal mehr das Brot. —Weil aber das Mass nun voll war und der Bäschteli in Tränen ausbrach, tröstete ihn der Wrigley und sagte ihm, nein, er dürfe nicht zu kurz kommen, denn immerhin, das Beste habe er ihm aufgespart, und als der Bäschteli hocherfreut die Augen hob, übergab ihm der Wrigley feierlich die zwei Paar Unterhosen.
So seht ihr Erwachsenen: Auch wir besitzen die Gabe des Erziehens, mit dem Unterschied, dass wir weniger grausam, aber wirkungsvoller als ihr verfahren. Der Bäschteli war geheilt, und seither waren wenigstens der Eduard, der Wrigley und ich seine Mitesser.
Kehren wir nun aber zurück zur Abfallgrube. Sie war sehr tief und hatte ihre Folgen.
Fast jeden zweiten Tag gab es nämlich in Tenero ein Hauptverlesen, und das ist etwas Furchtbares: Wenn im Koffer oder Rucksack auch nur die geringste Sauordnung herrscht, pflegt der Führer oder Venner die fehlbaren Gegenstände in die Abfallgrube zu werfen. Das war von alters her der Brauch, und von dem wich man auch hier in Tenero nicht ab, trotzdem die Abfallgrube Grundwasser hatte und die Folgen des Hauptverlesens weit tragischer waren als sonst.
Zweimal passierte es im Lager, dass ein Köfferchen in diese Grube fuhr. Das erstemal flog Gugger seins, weil sich Schweissocken in seiner Gamelle fanden, die am Grund des Koffers auf einer geschmolzenen Tafel Schokolade lag; und der Wrigley sagte, die Strafe sei zwar hart, aber gerecht, denn der Gugger sei eine Kreuzung zwischen einem Schwein und noch einem Schwein, und er wisse wirklich nicht, was Ordnung sei, und Ordnung müsse nun einmal in einem Lager sein, und darum habe er einen schwerwiegenden Denkzettel wohl verdient.
Wir sahen schweigend zu, als der Gugger das Köfferchen aus dem Grundwasser herauszog: Alles war an einer braunen Sauce, und der Wrigley bemerkte wie ein blöder Onkel:
«So, Guggerlein, zum wenigsten ist dein Zeug jetzt einmal gewaschen.»
Zwei Tage später war Fähnlein-Hauptverlesen. Der Tutti untersuchte alles sehr genau, und es stellte sich heraus, dass in Wrigleys Köfferchen nicht nur alles durcheinander war, sondern die Würmer, die er für seine Privatfischerei gesammelt und in ein Taschentuch gebunden hatte, waren innerhalb des Koffers auf Reisen gegangen, so dass der Tutti sagte, das sei schon das Maximum: Der Wrigley habe diesen Koffer so lange nicht aufgeräumt, dass er Würmer bekommen habe vor lauter Fäulnis, und schon flog er in hohem Bogen in die Abfallgrube.
Ach du liebe Zeit, was gab das für ein Lamento! Der Wrigley hatte fast Schaum vor dem Mund, besonders als sich der Sikki an den Rand der Grube stellte und dem Wrigley sagte:
«Ja, siehst du, Wrigley, Ordnung muss halt sein, und du bist eine Kreuzung zwischen einem Schwein und noch einem Schwein, und es geschieht dir ganz recht, denn jetzt ist dein Zeug wenigstens einmal gewaschen.»
Der Wrigley tobte und schrie, das sei eine Gemeinheit vom Tutti, aber dann begann er zu schweigen, und nur wer ganz nahe an ihm vorüberging, konnte ihn den ganzen Tag über murmeln hören:
«Rache ist süss.»
Gegen Abend versammelte er den Eduard und mich am Strand, um Rachepläne zu entwerfen. Denn es sei ganz klar: Der Tutti habe an ihm nicht gerecht gehandelt, wie am Guggerlein, sondern er habe ihn nur wegen des seinerzeitigen Schiedsrichterfehlentscheides auf der Latte, und darum müsse gegen diesen Tutti etwas unternommen werden.
Weil wir den halben Nachmittag dem Wrigley bei der Reinigung seiner Sachen und seines Köfferchens geholfen hatten und wussten, wie bitter jene Abfallgrube ist, war der Racheplan ganz klar:
Auch des Tuttis Köfferchen musste dort hinunter.
Tagsüber liess sich das nicht bewerkstelligen, aber nachts war es ein leichtes, denn der Wrigley liegt im Zelt neben dem Tutti, und wir wussten aus Erfahrung, dass er einen gesunden Schlaf besitzt. Am Fussende eines jeden steht das Köfferlein, und wenn alles schlief, liess sich die Sache besorgen.
Als Erschwerung trat bloss hinzu, dass wir in dieser Woche eine Lagerwache organisiert hatten, bloss wegen Abenteuerlust, und in den zwei folgenden Nächten waren die Herren im anderen Zelt, unsere Feinde an der Reihe. Von neun Uhr an, wenns dunkel war, wurde in der Mitte des Lagerplatzes ein kleines Feuer unterhalten, und die Wache wurde alle zwei Stunden abgelöst: So bekam im Lauf der Tage jeder
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