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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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meinem ganzen Leben nie vorgekommen. Da gab es kein Verstecken und kein Verkriechen, und wie angewurzelt sahen wir zu, wie der gute Alte drüben, der uns noch nicht bemerkt hatte, unentwegt nach vorne blickte und dem entschwindenden Zug nachwinkte, der uns nach Bern führen sollte.
    Immer wieder schwenkte er zum Greifen nahe sein Taschentuch.
    Und dann kehrte er sich um.
    ---Aahh, auf die andere Seite!
    Uns halb den Rücken kehrend, zottelte er eben in demselben Augenblick davon, als uns ein Bahnbeamter unsanft anfuhr, was wir auf diesem verbotenen Bahnsteig zu suchen hätten?
    «Feldpost!» erwiderte der Eduard schnell und gefasst.
    Verblüfft, aber offenbar besänftigt gab sich der Mann zufrieden und liess uns den Rückzug antreten.
    Mit einem leichten Würgen in der Gegend des Zwölffingerdarms zogen wir uns vom Bahnsteig zurück, durchmassen die grosse Halle — und stiessen beinahe mit Herrn Bühler zusammen, der eine Zeitung gekauft hatte und sich auf den Heimweg begab.
    Noch einmal drehte ein Schutzengel seinen Kopf auf die andere Seite, und wir kamen heil davon.
    Aber lieber Leser, das kann ich dir versichern: Am selben Tag glaubte ich mindestens fünfzigmal, Herrn Bühler vor mir zu haben. Es brauchte nur jemand an mir vorbeizustreichen, so zuckte ich zusammen. Meinen Freunden ging es ähnlich.
    Das Schlimme war nun: Während wir diesen einen Bühler mieden wie die Pest, suchten und fanden wir krampfhaft im Lauf des Tages andere Bühler in Fülle, denn wie du dich erinnerst, bot uns das Telefonbuch fünf verschiedene Fritze Bühler zur Auswahl an, und da wir keine näheren Anhaltspunkte besassen, blieb uns nichts anderes übrig, als sie der Reihe nach zu besichtigen.
    Im Verlauf des Tages erwies es sich, dass ihre gleichen Namen das einzige war, was sich an ihnen verwechseln liess.
    Den ersten suchten wir alle persönlich auf.
    Weil der uns gröblich anfuhr, beschlossen wir trotz der geringen Barschaft, den Rest telefonisch zu erledigen.
    Der Eduard bestieg eine Telefonkabine.
    Wir sahen von aussen zu, wie er bedächtig das Buch aufschlug, ein Geldstück einwarf, die Nummer wählte und selbstsicher den Hörer ans Ohr drückte.
    Die Verbindung war hergestellt, denn der Eduard hatte einen hochroten Kopf. Dem Anschein nach war der dritte Bühler ein Rohling.
    Denn ohne ein Wort zu sprechen, hängte der Eduard verwirrt ab.
    Und kam heraus.
    «War es der Bühler?»
    «Ja, das schon.»
    «Warum hast du nichts mit ihm verabredet?»
    Da keuchte der Eduard entkräftet:
    Es war Armands Vater!
    Ach du meine Güte! Hatte dieser Anfänger also die Nummer verwechselt und noch einmal dem ersten angerufen!
    Wir schienen diesen Menschen nicht mehr los zu werden, und so etwas wie eine böse Ahnung beschlich uns und verdüsterte uns den Tag.
    Nach dieser Erfahrung läuteten wir den zwei nächsten Bühlern vorsichtig an, und als sie sich als die falschen erwiesen, blieb nur noch der letzte, der Original-Fritzeli übrig, und den suchten wir zu Fuss auf.
    Ach, wie hat er uns auf genommen! Es war wie ein Traum. Es brauchte keinen Überfall als Einführung. Fritzeli nahm uns auch so auf.
    Wir sassen in seinem Zimmer um ihn herum, und wir bestaunten ihn mit offenem Mund. Der also war der Rechte! Uns persönlich sass er gegenüber!
    Und wieder einmal kam es aus, dass auf Erwachsene kein Verlass ist: Diesem Fritzeli hatten doch in seiner Jugendzeit ungezählte Erzieher ein Ende mit Schrecken prophezeit! Besorgte Lehrer sahen ihn im Geist vollends entgleisen, und milde Physikater sprachen über ihm von vererbter Haltlosigkeit; Onkeln und Tanten sahen mit ihren geistigen Augen den Neffen hinter dicken Gitterstäben.
    Und was ist er heute?
    Fabrikdirektor!
    Ausser ihm weist die Fabrik zwar nur noch einen Arbeiter und ein Bürofräulein auf. — Aber immerhin, er ist ein Mann des Erfolges.
    Ja, so steht es heute mit ihm, ihr Lehrer, Physikater, Onkeln und Tanten! Merkt euch das und lasst euch gesagt sein, dass die grosse Hoffnung von Eduards Familie, sein Bruder, der nie einen Streich verübte, nie eine Fensterscheibe krümmte, nie eine Zigarette rauchte, im zarten Alter von drei Jahren gestorben ist.
    Der Fritzeli aber steht aufrecht wie eine Tanne. — Apropos Fritzeli: Glaube du, lieber Leser, wegen seines Namens nur ja nicht, das sei nur so ein Jammerläppchen von einem Männlein. Der Fritzeli wiegt in seinen schlechten Tagen 98 Kilo. Noch heute in seinem hohen Alter.
    Er ist ein Held. Das erfuhren wir bald einmal, denn begeistert lud

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