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Mein Name war Judas

Mein Name war Judas

Titel: Mein Name war Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. K. Stead
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ernst nehmen sollte, aber in der Vergangenheit hatten seine Berater mit ihren Prophezeiungen immer richtiggelegen. Dieses Neugeborene stellte also eine Bedrohung für ihn dar. Auch wenn es seine Autorität fürs Erste nicht infrage stellte, war es ein Faktor in der Thronfolge. Also fragte er, wo dieses Kind zu finden sei. Die Weisen berieten sich mit Priestern und Propheten und kamen zu dem Schluss, dass es sich in Bethlehem befinden müsse, denn davon war in alten Prophezeiungen die Rede. Außerdem schien sich der neue helle Stern am östlichen Himmel in diese Richtung bewegt zu haben.
    Unter strenger Geheimhaltung stellte Herodes einen Trupp Soldaten zusammen und befahl ihnen, alle Säuglinge zu finden und zu töten, die kürzlich in und um Bethlehem geboren worden waren. Gleichzeitig erschien Josef im Traum ein Engel, der ihn vor dem geplanten Massaker warnte (in einer anderen Version wurde er von dem Engel direkt aufgesucht, ohne Traum, in wieder einer anderen war es ein Traum ohne Engel). Jedenfalls floh er mit Maria und dem Kind nach Ägypten und kehrte erst ein, zwei Jahre nach Herodes’ Tod nach Nazareth zurück.
    Eine hübsche Geschichte, damals wie heute. Aber damals wie heute fällt es schwer, sie zu glauben. Mich zumindest hat sie sehr irritiert, zum einen, weil sie höchst unplausibel ist, zum anderen, weil Jesus sie nur den drei Auserwählten erzählte.
    Als ich wieder einmal mit ihm allein war – es war an einem Tag, als uns keiner zuhören wollte, was nur noch selten vorkam, seit Jesus sich bei der Landbevölkerung großer Beliebtheit erfreute –, befanden wir uns auf halber Höhe des Tabor und blickten in östlicher Richtung auf die fruchtbaren Äcker, die sich bis zum See Genezareth und zum Jordan erstreckten. Da ich angesichts unseres Misserfolgs schlecht gelaunt war, beschloss ich, Jesus herauszufordern. Also fragte ich ihn, warum er eine so bizarre Geschichte über seine Geburt erzählt habe.
    »Warum? Weil es wahr ist. Warum hätte ich es sonst tun sollen?« Sein Ton war nicht trotzig, eher herrisch. Er wollte mir zu verstehen geben, dass ich kein Recht hätte, ihn dergleichen zu fragen.
    »Ich habe noch nie etwas von einer römischen Steuer gehört, die nur entrichtet werden konnte, wenn man an seinen Geburtsort zurückkehrte.«
    Er hielt meinem Blick stand und verzog keine Miene.
    »Das ist doch unrealistisch!«, insistierte ich. »Mein Vater beispielsweise hätte sich zu dem Zweck nach Kariot begeben müssen.«
    Jesus zuckte mit den Schultern und blickte über das Tal. »Vielleicht hat er das ja getan. Dein Vater war doch ständig unterwegs.«
    Da hatte er recht. Also versuchte ich es anders. »Hätte es in Bethlehem je ein Massaker unter den männlichen Säuglingen gegeben, hätten wir davon bestimmt schon gehört.«
    »Glaubst du, Herodes hätte es öffentlich bekannt gemacht?«
    Ich seufzte und fragte weiter: »Warum hast du es nur den dreien erzählt?«
    »Weil sie dafür bereit waren.«
    »Bereit, dir zu glauben?«
    »Bereit, die Wahrheit zu erkennen.«
    Ich sah ihn herausfordernd an. »Du glaubst diese Geschichte doch selber nicht!«
    Er sagte: »Wenn ich eine Geschichte von einem Diener und seinem Herrn erzähle oder von dem Besitzer eines Weinbergs oder von einem Hirten, der auf einem Hügel seine Schafe hütet – ist diese Geschichte dann wahr oder nicht?«
    »Ah!« Ich dachte nach. »Dann ist es also ein Gleichnis?«
    Er warf mir einen Blick zu, der mich verunsichern sollte, und das gelang ihm auch. »Für dich ist es ein Gleichnis, wenn du es so sehen willst«, sagte er. »Für Jakobus und Johannes ist es eine historische Tatsache. Beides erfüllt seinen Zweck.«
    Welchen Zweck? Ging es um die alten Prophezeiungen, die besagten, in Bethlehem werde eines Tages der Messias geboren? Ließ er sich von den Leuten einen Floh ins Ohr setzen, die bei seinen Predigten aus der Menge heraus schrien, er sei der Menschensohn, der Wundertäter, der Christus, der Gesalbte, der das jüdische Volk erlösen werde? Sich darauf einzulassen und sogar entsprechende Gerüchte zu streuen fand ich gefährlich, denn es würde weitreichende Konsequenzen haben.
    Ich änderte meine Taktik. »Wenn wir anderen es nicht erfahren sollten, warum hast du es dann ausgerechnet Bartolomäus erzählt?«
    Er nickte. »Das war ein Fehler. Ich hätte nur Johannes und Jakobus einweihen sollen.«
    Später machten wir im Licht der Abendsonne Rast. Ich wollte ihn von dieser Messias-Idee abbringen oder ihm wenigstens

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