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Mein Name war Judas

Mein Name war Judas

Titel: Mein Name war Judas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. K. Stead
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Wenn Menschen, die mehr besitzen, als sie brauchen, denen abgeben, die wenig oder gar nichts besitzen, dann wird immer genug für alle da sein.«
    »Das ist Politik«, sagte ich. »Mit Wundern hat es nichts zu tun.«
    »Mein Freund«, sagte Ptolemäus. »Wenn du Menschen dazu bringst, ihren Besitz zu teilen, ist es weit mehr als Politik. Es ist ein Wunder.«
    Geschichten vom
    Essen, Geschichten
    vom Hunger …
    Gebratene Ratte,
    getrocknete Schlange
    im belagerten
    Jerusalem; und am
    Ufer des Sees fünf
    Laib Brot, zwei Fische,
    die sich vermehren –
    eine Lektion über
    die Arithmetik des
    Geschmacks. Augen,
    heißt es, sind Fenster
    der Seele und Eingeweide,
    wie’s scheint, ihre
    Tür. Was wir tun,
    was wir sagen vorm
    Essen, kümmert den
    Herrn, und Jesus
    selbst bot
    sich dar als
    Mahl, Brot und
    Wein, Körper und Blut.

Kapitel 14
    Nach der Offenbarung auf dem Berggipfel kehrten wir in Teile Galiläas zurück, die wir schon öfter bereist hatten. Eine erprobte Route führte uns um den See, von Bethsaida Julias nach Gergasa, Hippos, Bethyera, Ammathus, Tiberias, Magdala und über Genezareth zurück zu unserem Hauptquartier in Kapernaum. Außer diesen Städten und Dörfern besuchten wir viele kleinere, oft namenlose Siedlungen. Dort hatte Jesus oft die dankbarsten Zuhörer. Manchmal machten wir einen Abstecher nach Westen und besuchten die kleineren Orte um Sepphoris (wobei wir Nazareth immer aussparten) und einmal auch Tyros und Sidon in Phönizien. Bei der Gelegenheit sah ich zum ersten Mal das Meer und die Stadt, auf die ich seit nunmehr vierzig Jahren blicke.
    Kapernaum blieb unser Hauptquartier. Dort hatte Jesus sein Zimmer in Petrus’ Haus, und wir anderen hatten dort unsere Familien oder zumindest feste Unterkünfte. Ich wohnte bei Zebedäus, dem Fischer und Vater von Jakobus und Johannes, die ihre eigenen Häuser hatten. Zebedäus war ein bärbeißiger alter Mann, der zuerst sehr verärgert war, als seine Söhne ihre Arbeit für die Familie vernachlässigten, wie er es sah. Doch seit dem Tod seiner Frau fand er Trost in Jesu Lehren. »Er kann reden wie kein Zweiter«, sagte er. »Erst bei Windstärke zehn fangen meine alten Augen an zu tränen, aber dieser Bursche schafft es binnen fünf Minuten.«
    Inzwischen predigte Jesus wieder von Frieden und Versöhnung und versprach den Armen, Kranken, Verkrüppelten und Versklavten, dass ihre Last im Himmel von ihnen genommen werde. Immer wieder wies er aber auch auf Prophezeiungen der alten Schriften hin, die von einem Erlöser sprachen, der bald kommen werde. Dann werde die Macht Gottes im Lande Israel regieren und Gerechtigkeit auf Erden wie im Himmel herrschen. Er lehrte uns ein Gebet, das wir alle Tage sprechen sollten: »Dein Reich komme, dein Wille geschehe im Himmel wie auf Erden.« Wenn das eintrat, brauchten die Armen und Beladenen vielleicht nicht bis zum Tode darauf zu warten, dass ihnen Gottes Segen zuteilwerde.
    Die Gewitzteren unter seinen Zuhörern versuchten, aufrührerische Appelle aus seiner Botschaft herauszuhören, und glaubten fündig zu werden. Den meisten gefiel es. Sie sahen in Jesus ihren ganz persönlichen Propheten oder sogar den Messias, der Israel befreien werde, was manche ganz offen aussprachen. Je mehr Menschen davon überzeugt waren, desto bereitwilliger glaubten es auch die Jünger, und sie sprachen immer öfter von der Offenbarung, der Petrus, Jakobus und Johannes auf dem Berggipfel beigewohnt hatten. Nach wie vor sollte diese Episode zwar geheim bleiben, aber wie jedes andere Geheimnis um Jesus war auch dieses eines, um das alle wussten.
    Immer häufiger fielen mir neuerdings Männer unter den Zuhörern auf, stets zu zweit und keine Einheimischen; sie machten den Eindruck, als seien sie in offiziellem Auftrag gekommen, beobachteten alles auf eine merkwürdige Art, machten sich gegenseitig auf bestimme Dinge aufmerksam und flüsterten miteinander hinter vorgehaltener Hand. Ich war mir sicher, dass es Herodes’ Spione waren. Ich warnte Jesus, all das Gerede über ihn als Befreier Israels und die Herrschaft Gottes stelle eine ernste Gefahr dar. Doch er lächelte nur: »Aus meinem Munde ist derlei nicht zu hören, und wenn andere davon sprechen, so kann ich es nicht ändern.«
    Ich beschloss, deutlicher zu werden. »Ist dir klar, dass einige von uns zwölf dich für den Messias halten?«
    Wir saßen auf einem Anlegesteg vor einem von Zebedäus’ Booten. Jesus senkte den Blick und sah durch die Planken auf das klare, leicht

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