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Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Mein neues Leben als Mensch (German Edition)

Titel: Mein neues Leben als Mensch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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hat mehr Kohle, der gibt dir zwanzig», sagte ich und zeigte auf Guido Westerwelle.
    «Echt? Dann wähle ich eben den.» Am Liberalen gefiel ihr außerdem, dass er aussähe wie der Frosch auf der Kellog’s-Smacks-Schachtel. Was er denn so wolle? «Das weiß keiner so genau. Vor allen Dingen will er Außenminister werden», antwortete ich. Außenminister fand Nick einen astreinen Job, aber ich glaube, er verwechselte das mit Platzwart oder einem anderen Beruf, in dem man den ganzen Tag draußen ist und andere anschreit.
    «Der hier sieht aus wie der kleine Maulwurf», rief Nick und zeigte auf Gregor Gysi. Ich finde, das stimmt. Ich erklärte ihm, dass Gysi genau wie Angela Merkel aus dem Osten stamme und jeden verklage, der ihm mit diesem alten Maulwurfthema käme. «Und wer ist das?» Carla tippte auf den Sportreporter Rolf Töpperwien. «Der ist vom ZDF, und er kennt alle guten Fußballspieler. Er ist eine lebende Legende», antwortete ich.
    Die beiden entschieden sich letztlich für ihn, auch weil ich ihnen erzählte, dass dieser Töpperwien ein kaum zu bremsendes Feierbiest ist. Er hat inzwischen beim ZDF aufgehört und könnte jetzt in die Politik gehen. Die Stimmen meiner Kinder wären ihm sicher.

Der Erdzwerg
    Oft sind es die kleinen Dinge, die unser Leben am meisten beeinträchtigen. Wie zum Beispiel jener winzige Himbeerkern, der mich gestern Abend in den Wahnsinn trieb. So klein wie ein Stecknadelkopf, aber für mich größer als die Klimakatastrophe. Jedenfalls gestern, als ich stundenlang mit der Zungenspitze zu ergründen versuchte, wo der Mistkerl feststeckte: oben rechts zwischen dem letzten und dem vorletzten Zahn oder weiter vorn?
    Ebenfalls klein: Atome, die von bärtigen Schurken gespalten werden, um die Menschheit mit dem Ergebnis zu bedrohen, sowie die nervigen Krümelchen in unserer Spülmaschine. Überall an Tellern und Gläsern klebt diese Ameisenscheiße. Neulich besuchte uns deshalb ein gewisser Herr Brahms; er trug einen blauen Overall und ich zeigte ihm die Spülmaschine und sagte: «Sehen Sie? Überall dieses Zeug.» Er antwortete: «Nicht überall. An diesem Teller ist nichts zu sehen. Der ist tadellos sauber.» Um etwas Kluges zu sagen, tippte ich auf Lochfraß, aber er sah mich nur mitleidig an und schob das Krümelproblem auf uns, indem er behauptete, es handele sich um Dreck, der nicht mehr durchs verstopfte Sieb passte. Dann übergab er mir eine Honorarnote über zweiundsiebzig Euro. Kleine Krümel, große Wirkung. Dieses Prinzip ist unserem Sohn Nick nicht unbekannt: Während ich gestern schrieb und mich an dem Himbeerdings aufrieb, kam er mit einer Geschichte von etwas ziemlich Kleinem, das ihn aber sehr ängstige: dem Erdzwerg. Er sagte: «Papa, ich muss dir was erzählen.»
    «Du kannst es mir später erzählen. Ich muss leider arbeiten.»
    «Es dauert nur kurz.»
    Ich sah ein, dass es schneller gehen würde, wenn ich nicht mit ihm diskutierte. Und ich konnte mich sowieso nicht auf die Arbeit konzentrieren wegen des verfluchten Himbeerkerns.
    «Der Fritz hat ein Loch in seinem Garten gegraben, das war so tief, dass er auf eine rote Mütze gestoßen ist.» Super Geschichte! Gefiel mir auf Anhieb.
    «Und wem gehört die Mütze?»
    «Dem Erdzwerg!»
    «Der hat die da vergessen, oder wie?»
    «Nein, der hatte die auf! Der Fritz hat den Erdzwerg ausgegraben!» Huch! Ganz schön gruselig. Der Erdzwerg!
    «Und was ist dann passiert?», fragte ich mit ehrlicher Neugier.
    «Der Erdzwerg hat zum Fritz gesagt, dass er ihn geweckt hat und dass der Fritz zur Strafe nie wieder schlafen kann.»
    «Und was hat der Zwerg dann gemacht?»
    «Nix, der Fritz hat wie ein Irrer die ganze Erde zurückgeschaufelt, und da war der Zwerg wieder weg. Aber nun kann der Fritz nicht mehr schlafen. Und ich kann auch nicht mehr schlafen.»
    «Was hast du denn damit zu tun?»
    «Ich muss immer an den Erdzwerg denken.»
    Das leuchtete mir ein, aber ich war nicht ganz sicher, ob er eine Traumatherapie benötigte oder nur das Schlafengehen hinauszögern wollte. Er ist raffiniert. Aber empfindsam.
    «Du möchtest länger aufbleiben?»
    «Geht nicht anders. Ich kann erst ins Bett gehen, wenn du gehst.»
    «Ich muss noch die Kolumne fertig schreiben. Du kannst dich auf die Couch legen und mir dabei zuhören.» Er legte sich hin, und ich klapperte vor mich hin. Zwischendurch fluchte ich über das Dinglein zwischen meinen Zähnen.
    «Was hast du, Papa?», fragte Nick müde.
    Ich erklärte ihm das mit den winzigen

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