Mein neues Leben als Mensch (German Edition)
Dingen, zu denen die Atome und die Spülmaschinenkrümel und die Erdzwerge und die Himbeerkerne gehören, und dass da gewisse Zusammenhänge existierten. Nick antwortete matt: «Du musst ein bisschen Wasser zwischen den Zähnen hin und her spülen, dann geht der Kern raus.» Dann schlief er ein. Ich spülte den Kern aus, trug Nick ins Bett und konnte dann ewig nicht schlafen. Ich musste ständig an diesen schrecklichen Erdzwerg denken.
Ich bin unheimlich reich
Manchmal gebe ich Interviews am Telefon, denn die Journalisten haben keine Zeit, mich wegen ein paar Fragen zu besuchen, und das ist mir auch ganz recht so. In der Regel entwickeln sich kurze und angenehme Gespräche, die ich bald darauf wieder vergesse. Eines ist mir allerdings noch sehr präsent. Da rief eine Dame von einer, wenn nicht sogar von der deutschen Presseagentur an und begann eine sehr merkwürdige Unterhaltung, in der es vor allem darum ging, dass ich sicher phänomenal reich sei. Ich verneinte. Es geht uns gut, danke. Aber reich, ich weiß nicht. Nein. Ich wechselte das Thema, denn ich dachte, es sei nun auch gut damit. War es aber nicht.
Ganz offensichtlich spielten alle meine Texte in einem reichen Milieu, insistierte sie. Immerhin hätte ich meinem Sohn in der Kolumne schon einmal etwas gekauft, einfach so. Ich erklärte freundlich, dass dies eine nicht unübliche Kulturtechnik sei, um seine Kinder zu erfreuen und dies nicht nur in reichen Familien, worauf sie mir hasserfüllt entgegnete, dass es sich ein Hartz-IV-Empfänger jedenfalls nicht leisten könne, seinem Sohn einfach so etwas zu kaufen. Ich fragte sie, ob alle Menschen reich seien, sobald sie nicht Arbeitslosengeld II bezögen. Das bedeute nämlich, dass die Mehrheit der Deutschen reich ist, und dies sei doch eine gute Nachricht, die sie unbedingt über ihre Agentur verbreiten müsse.
Da war sie beleidigt. Am Ende habe ich das Interview nicht freigegeben, und was ich freigegeben hätte, wollte sie nicht veröffentlichen. Diese verpasste Gelegenheit gibt mir jetzt im Nachhinein natürlich schwer zu denken, denn selbstverständlich bin ich total wild auf Presse. Aber dann muss man den Herrschaften auch etwas anbieten. Einfach nur die Wahrheit interessiert ja keinen Menschen. Daher hier ersatzweise für die Dame von der Deutschen Presse-Agentur die Beschreibung eines ganz normalen Arbeitstages bei mir zu Hause, wie sie ihn sicher gerne hätte. Bitte sehr.
Nachdem ich mich morgens eine Viertelstunde in meinem Badezimmer verlaufen habe, entdecke ich doch noch meinen türkischen Barbier, der mir den Bart abnimmt, während ich die Zeitung von Otto Sander vorgelesen bekomme, dem ich dafür täglich ein sagenhaftes Honorar zahle. Aber er ist jeden Cent wert, besonders beim Sportteil.
Ich frühstücke meistens im Blauen Salon und telefoniere dabei mit meiner Frau, die lieber im Spiegelsaal sitzt, weil da das Licht für ihre Aquarelle besser ist. Mir ist er aber zu weit vom Teich entfernt, auf dem ich unseren Schwänen dabei zusehe, wie sie von Wesley, dem Oben-ohne-Schwanenpfleger, mit blattgoldverziertem Kuchen gefüttert werden. Nach dem Frühstück beklage ich mich über das Kirschholzparkett, denn es sieht ja nach zwei Wochen doch ganz schön abgelatscht aus. Regelrecht asozial, wie beim Plebs! Also rufe ich meinen Innenarchitekten herbei, und er macht Vorschläge. Ich entscheide mich nach langem Hin und Her für das Bonsaiparkett zu 116 000 Euro pro Quadratmeter. Meine Frau wird Augen machen. Und die Kinder erst. Sie sehen es natürlich erst in den Ferien, weil sie während des Schuljahres in einem Lamakloster im Nachbarort leben. Ich habe es extra dorthin gebaut, damit sie es nicht so weit nach Hause haben.
Nach einem Telefonat mit Schröder, der mir diese Gasklitsche aus dem Osten andrehen will, nutze ich das schöne Wetter und schieße im Park auf das Wild, das ich mir wöchentlich aus der Serengeti kommen lasse. Aber die Löwen sind ziemlich lahm, wahrscheinlich ist es ihnen hier einfach zu kalt. Ich bestelle also siebentausend Heizpilze und setze mich an den Schreibtisch, um zu arbeiten. Aber mir fällt nichts ein, weil ich mich so über den Fluglärm ärgere, den meine Helikopter verursachen. Aber was soll man machen, meine Frau braucht den Wind, damit sie im Pool surfen kann. Und ohne Wind ist das ja nichts.
Das Luxusleben meiner Gattin stellt übrigens eine gewisse Belastung dar. So psychisch. Für uns beide. Auf der anderen Seite gibt es praktisch kein Problem, das
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