Mein Offizier und Gentleman
uns auferlegte, nicht durchstehen. Liebste, ich bete dich an, ich verzehre mich nach dir.“
Mit glänzenden Augen sah Lucy ihn an. „Ich liebe dich so sehr, Jack, ich möchte dein sein. Ich weiß, du hältst mich noch für sehr jung und unschuldig, und Mama hat mich tatsächlich übermäßig behütet – aber ich möchte ganz dir gehören. Lehre mich also, eine Frau zu werden, lehre es mich langsam, doch leite mich auf diesem Weg, damit ich am Tag unserer Hochzeit nicht völlig unwissend zu dir komme.“
„Ja, so soll es sein.“ Jack sah sie zärtlich an. „Lucy, Geliebte, ich spüre, wie leidenschaftlich du sein kannst, aber wie du sagst – wir sollten nichts übereilen. Die lange Verlobungszeit wird dazu beitragen, dass wir uns insgesamt besser kennenlernen.“
„Sagen wir es nun Mama und Marianne? Bestimmt erwarten sie es schon längst.“ Lucy schenkte ihm ein süßes, scheues Lächeln.
Jack zog ein samtenes Kästchen aus seiner Tasche, und als er es öffnete, lag ein goldener Ring darin, der mit funkelnden, zu einer zarten Blüte gefügten Brillanten geschmückt war. Zärtlich schob er ihn Lucy auf den Finger. „Der soll nun dir gehören, ich ließ ihn speziell für dich anfertigen. Natürlich wirst du, wenn wir erst vermählt sind, den Familienschmuck ausgehändigt bekommen, doch ich wollte dir etwas schenken, das vor dir noch niemand getragen hat.“
„Oh, danke, Jack. Wie schön er ist!“ Lucy strahlte. „Aber nun sollten wir zu Mama hinuntergehen.“
„Gut, lassen wir sie nicht länger warten.“ Jack nahm Lucy lächelnd bei der Hand. „Komm, Liebste, verkünden wir der Verwandtschaft die Neuigkeit.“
Alle zeigten sich über die Verlobung äußerst erfreut, alle gratulierten von Herzen. Ehe Jack eine Nachricht an die Times schickte, wollte er nur zuvor noch den abwesenden Verwandten schriftlich von dem Ereignis Kenntnis geben.
„Wie ich mich damals, als Papa starb und wir das Pfarrhaus verlassen mussten, schrecklich sorgte, was aus meinen Töchtern werden würde“, sagte Mrs. Horne, als sie Lucy Gute Nacht wünschte. „Und nun seid ihr alle drei so gut untergebracht. Jetzt kann ich beruhigt sein!“
Lucy ging in ihr Zimmer, ließ sich von Millie beim Auskleiden helfen und schickte das Mädchen dann zu Bett. Schon im Nachtgewand, trat sie zum Fenster, um die Vorhänge zu schließen, und warf noch einen Blick hinaus in den Garten, doch als sie sich eben abwenden wollte, sah sie, wie ein Reiter von den Ställen fortritt, genau wie schon ein paar Tage zuvor.
Wohin wollte Jack nun dieses Mal? Es konnte wohl kaum schon wieder ein Pächter im Sterben liegen. In Gedanken versunken, legte Lucy sich zu Bett. So glücklich sie auch war, offensichtlich hatte sie doch nicht alle Zweifel abschütteln können. Ach, sie durfte so nicht denken! Dennoch musste sie sich eingestehen, dass es vor allem Eifersucht war, die ihr abscheuliches Haupt erhob. Dabei liebte sie Jack doch, sie hatte sich ihm anverlobt, trug seinen wunderschönen Ring! Wie konnte sie nur so hässliche Gedanken hegen?
Er würde sie doch nicht küssen und ihr seine Liebe erklären, um anschließend in das Bett seiner Mätresse zu steigen! Das mochte sie ihm nicht zutrauen. Trotzdem schien er irgendetwas verheimlichen zu wollen – etwas, das ihn aus dem Haus trieb, wenn alle anderen schlafen gegangen waren.
Ob sie ihn fragen sollte? Und wenn sie ihn damit erzürnte und ihren zauberhaften Aufenthalt hier verdarb? Sie musste ihm einfach vertrauen und abwarten, bis er es ihr freiwillig erzählte.
Am nächsten Tag frischte sie mit Amelias Hilfe ihre Reitkenntnisse auf, wobei sie feststellte, dass sie kaum etwas verlernt hatte. Allerdings empfahl Jacks Schwester ihr, sich erst wieder gut an den Sattel zu gewöhnen, ehe sie sich weiter ins Gelände wagte, und so machte sich Lucy, nachdem sie die Pferde zurückgebracht hatten, eine Weile später zu einem Spaziergang auf.
Das Wetter war so angenehm, dass sie das Haus unbewusst immer weiter hinter sich ließ, bis ihre Füße sie wieder bis zu dem See geführt hatten, wo die Trauerschwäne ihre Runden zogen. Im gleichen Moment sah sie, wie am gegenüberliegenden Ufer eine Frau mit einem etwa fünf oder sechs Jahre alten Knaben nahte und beide begannen, etwas ins Wasser zu werfen – wahrscheinlich Brotkrumen für die Enten, die dort zahlreich herumpaddelten. Die Schwäne reckten die Hälse und segelten majestätisch ans andere Ufer; sie schienen diese Prozedur schon zu kennen.
Lucy
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