Mein Offizier und Gentleman
ich auf diesem Gebiet nicht besonders bewandert“, meinte Mrs. Horne.
Inzwischen waren Erfrischungen serviert worden und die Unterhaltung versickerte vorübergehend.
Ein wenig schweigsam widmete Lucy sich ihrem Tee. Selbstverständlich freute sie sich, ihre Mutter zu sehen, doch lieber hätte sie noch ein paar Tage für sich gehabt, um mit sich ins Reine zu kommen. Bestimmt würde Mama wissen wollen, wie es um sie stand, und immer noch konnte sie ihr keine klare Antwort geben. Diese Sache mit der Dame und dem Kind lastete nach wie vor auf ihr.
„Nun, Liebes“, sagte Mrs. Horne, als sie hinaufgingen, um sich umzukleiden, „hast du dich entschieden?“
„Ich glaube, ja. Ich liebe ihn wirklich, Mama – aber ich habe deine Worte nicht vergessen“, entgegnete sie aufrichtig.
Zu Lucys Überraschung meinte Mrs. Horne: „Ich habe noch einmal darüber nachgedacht. Ich würde einer Verlobung zustimmen, wenn ich auch meine, dass ihr mit der Heirat, sagen wir, gut drei Monate warten solltet. Weißt du, das alles war nur übler Klatsch. Zwar bestätigte Marianne diese Sache mit dem Kind, doch Lord Harcourt ist nicht der Mann, der ein Verhältnis in der Ehe fortführt. Als ich dich warnte, war mir das Gerede gerade erst zu Ohren gekommen, deshalb urteilte ich wohl zu hart.“
„Das würde ich auch nie von ihm glauben“, erklärte Lucy. „Eine Dame – deren Namen ich nicht nennen werde – fühlte sich bemüßigt, mir zu erzählen, sie selbst sei einmal seine Geliebte gewesen und wisse, dass dieses Kind existiert. Aber ich glaube nicht, dass Jack die Mutter des Kindes liebt. Mama, er liebt mich, das fühle ich. Dieses Kind wäre kein Hindernis, solange er nur dessen Mutter nicht mehr trifft.“
„Also gibt es nichts, das eurer Verlobung im Wege steht, oder?“
Lucy schwieg einen Moment, dann lächelte sie. „Nein, Mama. Ich liebe Jack sehr. Eigentlich war mir das in London schon bewusst, doch hier, wo ich ihn in seiner ureigensten Umgebung erlebe, bin ich endgültig zu der Überzeugung gekommen, ihm angehören zu wollen.“
„Dann werde ich Lord Harcourt, sofern er fragt, sagen, wie ich darüber denke.“ Mrs. Horne zog Lucy an sich und umarmte sie herzlich. „Ich freue mich für dich, Kind, denn ich glaube, er ist ein anständiger Mann, der dich lieben wird. Und Schöneres kann einer Frau im Leben nicht widerfahren.“
Dass ihre Mutter sich zu einer anderen Meinung bekehrt hatte, wog schwer für Lucy, deren Zweifel erst durch die Warnung ihrer Mutter geweckt worden waren. Sie beschloss, dieses Kind und diese Frau zu vergessen. Wahrscheinlich hatte das alles gar nichts zu besagen.
Am Abend nach dem Dinner bot Jack sich an, Lucy die Familienporträts zu zeigen. Da sie spürte, dass er nur einen Vorwand suchte, mit ihr allein zu sein, stimmte sie sofort zu, und sie gingen hinauf in die Galerie. Jack jedoch machte keine Anstalten, etwas über die historischen Gestalten auf den Leinwänden zu erzählen.
„Lucy, ich sprach heute Nachmittag mit Ihrer Mama. Sie wäre gewillt, einer Verlobung zuzustimmen“, erklärte er, während er ihre Hände ergriff und ihr tief in die Augen sah. „Wie stehen Sie dazu, meine Teuerste? Ich glaube, Sie wissen, wie sehr ich Sie liebe, es kann Ihnen nicht entgangen sein. Sie würden mich sehr glücklich machen, wenn Sie mir die Ehre erwiesen, meine Gemahlin zu werden.“
Lucy sah zu ihm auf. „Ja, ich weiß, dass Sie tiefe Gefühle für mich hegen, Jack, und ich … ich emp fi nde auch für Sie. Ich will Ihre Frau werden, Jack, denn ich liebe Sie.“
„Also darf ich allen mitteilen, dass Sie … dass du eingewilligt hast?“
„Ja, Jack“, sagte Lucy. Ihr Herz machte einen Freudensprung. Während sie ihn strahlend anlächelte, fragte sie sich, warum sie diesen Augenblick so lange hinausgezögert hatte. Ohne ihn würde sie niemals glücklich werden; sie musste Vertrauen in seine Liebe haben. „Nur zu gern will dich heiraten.“
„Du machst mich zum glücklichsten Mann der Welt“, fl üsterte Jack, dann zog er sie in seine Arme und drückte seine Lippen auf die ihren. Zuerst küsste er sie sanft und zärtlich, doch dann vertiefte er den Kuss, bis Lucy glaubte, mit ihm zu verschmelzen, und sich sehnlichst wünschte, ihm endlich ganz gehören zu dürfen.
Endlich löste er sich von ihr, um fi ng ihr Gesicht mit den Händen und strich zart mit den Fingern über ihre Wangen. „Genug für jetzt“, murmelte er, „sonst werde ich die drei Monate Wartezeit, die deine Mutter
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