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Mein Offizier und Gentleman

Mein Offizier und Gentleman

Titel: Mein Offizier und Gentleman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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hielten sich kaum hier auf, wahrscheinlich herrschte hier zu sehr der Geist meiner Mutter.“
    „Ja, das mag stimmen“, warf Lucy ein, „selbst ich bemerke an vielen kleinen Dingen ihren Ein fl uss, und auch Jack spricht ja immer wieder über ihr Wirken hier auf dem Besitz. Aber mir gefällt das. Ich mag gern denken, dass eine andere Frau einst glücklich hier war. Aber sprich weiter. Du warst also viel allein?“
    „Ja, zwar hatte ich eine Gouvernante, doch die konnte mich nicht zügeln und machte sich auch nicht die Mühe. Als ich dann sechzehn war, entließ Vater sie. Er hatte geplant, mich zu einer befreundeten Dame zu schicken, die mich gesellschaftlichen Schliff lehren sollte, doch leider starb er. Jack war da schon in Spanien, sodass ich bei meiner Stiefmutter bleiben musste. Sie tat alles, um mir das Leben zur Hölle zu machen – und dann traf ich ihn . Er hieß George, Captain George Garrick, und er kam aus Spanien, ein Freund von Jack, und überbrachte mir einen Brief von ihm.“ Amelia schwieg einen Moment, den Blick seltsam verklärt. „Es machte solchen Spaß, mit George zusammen zu sein. Er war galant, neckte mich, brachte mir Blumen – und er küsste mich und umarmte mich … und dann verführte er mich. Ich war jung und ganz unschuldig, Lucy. Natürlich genoss ich seine Küsse, und als er sich weiter vorwagte, wehrte ich ihn nicht ab. Nach und nach erlaubte ich ihm immer mehr, ohne zu merken, worauf es hinauslaufen würde, und eines Tages blieb es nicht bei Küssen und Liebkosungen. Ich gab mich ihm hin, denn ich liebte ihn, doch einige Tage später verschwand er, und ich sah ihn nie wieder.“
    „Oh, wie gemein!“, rief Lucy entsetzt. „Du Ärmste! Du musst völlig außer dir gewesen sein!“
    „Ja, es war schrecklich. Ich war überzeugt, er habe mich verlassen. Viel später erst erfuhr ich, dass meine Stiefmutter ihn zur Abreise gezwungen hatte, ihm erzählt hatte, ich wäre einem anderen Mann versprochen. Ich war so unwissend, dass ich anfangs nicht einmal wusste, was mit mir los war. Ich wunderte mich nicht einmal, als … als das monatliche Unwohlsein fortblieb. Schließlich bekam meine Stiefmutter mit, als ich mich übergeben musste, und sagte mir brutal ins Gesicht, dass ich ein Kind erwartete.“
    „Ach, du musst in schrecklichen Nöten gewesen sein!“ Lucy verstand nun einiges. „Was geschah dann?“
    „Kannst du dir das nicht vorstellen?“, fl üsterte Amelia; in Erinnerung an diese Schmach errötete sie. Den Schmerz über diesen Verrat hatte sie überwunden, doch sie hatte unbeschreiblich leiden müssen. „Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sie drohte, mich in ein Heim für gefallene Mädchen zu stecken, wo ich, wie sie sagte, ja auch hingehörte.“
    „Oh, nein!“ Es ging über Lucys Vorstellungskraft, dass eine Frau so grausam sein konnte. „Bestand keine Möglichkeit, deinem Liebsten zu schreiben?“
    „Ich glaubte doch, er hätte mich im Stich gelassen. Viel später erfuhr ich erst, welche Rolle sie dabei gespielt hatte. Ehe sie mich fortschicken konnte, kam Jack nach Hause. Er merkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Meine Stiefmutter sagte ihm, ich sei liederlich und zügellos und hätte mir alles selbst zuzuschreiben. Jack glaubte ihr jedoch nicht, sondern ließ sich von mir erzählen, was geschehen war. Er fand schließlich heraus, wo sein Freund war, aber George war inzwischen mit einer anderen verlobt und wollte sein Wort nicht zurücknehmen. Jack tobte, und ich weiß, dass ein Kampf stattfand, doch Jack weigert sich bis heute, mir zu sagen, was da passiert ist, aber er packte meine Sachen und nahm mich mit nach Spanien. Dort kam mein Kind zur Welt. Er hatte mich mit Rosa in einem abgelegenen Haus untergebracht, und niemand wusste, dass es mein Kind war. Einige Monate danach brachte er uns zurück nach England, wo er Rosa mit dem Baby im Witwensitz unterbrachte, damit ich es regelmäßig besuchen konnte …“ Amelia unterbrach sich, als ob es ihr schwer würde weiterzusprechen.
    Endlich fuhr sie fort: „Jack musste wieder zurück zu seinem Regiment. Aus Angst vor ihm wagte meine Stiefmutter nicht, ihren Plan mit dem Heim durchzuführen, aber sie schikanierte mich, wo sie nur konnte, und als Staunton um mich warb, zwang sie mich, ihn zu heiraten.“
    „Aber du hattest nichts für ihn übrig?“
    „Ich mochte ihn recht gern“, sagte Amelia. „Doch sein wahres Wesen kannte ich nicht. Außerdem redete meine Stiefmutter mir ein, ich würde nie einen Mann

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