Mein perfekter Sommer
ihrer Miene zu sehen.
Oder vielleicht ist es auch nur die reine Wut.
»Denk drüber nach«, seufze ich und setze zum Rückzug an. »Benimm dich nur weiter wie eine verwöhnte, egoistische Göre, du wirst schon sehen, was du davon hast.« Jetzt kann ich auch mal sarkastisch sein. Ich verschränke die Arme und gehe mit großen Schritten davon, aber zuvor drehe ich
mich noch mal mit einer letzten Warnung um: »Aber wie auch immer, mich wirst du fürs Erste nicht los!«
Bald zeigt sich, dass sich durch meinen Streit mit Fiona nichts zum Besseren wendet, im Gegenteil, die reine Hölle bricht los. Ihre Wutanfälle sind nicht mehr nur laut, sondern weiten sich zu epischer Länge aus, das Türenknallen nimmt kein Ende und im Lauf der nächsten drei Tage kann Susie bei zwei verschiedenen Anlässen nur noch weinen. Meine Kopfschmerzen sind eindeutig wieder da.
Am Morgen nach einem besonders widerlichen Streit (bei dem Fiona gebrüllt hatte, sie wünschte Susie würde, Zitat, »von Wölfen zerfleischt« werden) komme ich runter, sie sitzt in der Frühstücksecke und isst Cocoa Puffs. Mir wird gleich ganz anders. Ich will mir das Müsli schnappen und versuchen, mir Frühstück zu machen, bevor sie wieder ihre Litanei aus »Ich hasse dich/du bist gemein/das Leben ist ungerecht!« anstimmt.
»Morgen«, sagt Fiona, ohne aufzuschauen.
Ich erstarre.
»Äh, hallo?« Ich werfe einen Blick zu ihr rüber, suche nach Anzeichen für Schmoll und Bitternis, aber sie sieht einfach nur … normal aus. Nahezu entspannt.
Ich wage mich vor. »Wie geht’s?«
»Okay.« Sie zuckt die Achseln, widmet sich wieder ihrem Buch, aber diese Verwandlung ist nicht zu fassen. Ich beschließe, mein Glück herauszufordern, und setze mich tatsächlich an den Tisch und fülle meinen Teller. Die Zeitung
von gestern liegt aufgeschlagen da, wir lesen also beide eine Weile einträchtig schweigend, während ich zu ergründen versuche, was hier vorgeht. Unser Streit liegt Tage zurück, nichts deutet darauf hin, dass ihr je was an meinen Gefühlen liegen könnte. Ich zögere. Vielleicht ja nicht an meinen, aber hat das, was ich über die anderen gesagt habe …?
Vielleicht bin ich ja endlich zu ihr durchgedrungen?
»Wie kommt die Website voran?«, fragt Fiona völlig unvermittelt.
Ich blinzele. Neutraler Ton, normaler Gesichtsausdruck – jetzt bin ich völlig fertig.
»Gut.« Ich krieg mich ein. »Ethan hat irgendwie das Interesse verloren, also überleg ich gerade, ob ich nicht übernehmen soll. Wir haben die Fotos von der Stadt reingestellt und die Videos, doch alles wirkt noch ziemlich kahl.«
Sie legt den Finger als Lesezeichen zwischen die Seiten. »Wahrscheinlich solltest du jetzt anfangen, Fotos vom Haus zu machen, oder? Ein paar Räume sind fertig, und wenn du die Außenansicht von ganz hinten aufnimmst, sind die Plastikplanen gar nicht zu sehen.«
»Oh. Danke.«
Bevor sich mir das Wunder dieser neuen, gesitteten Fiona allerdings erschließen kann, sagt sie: »Keine Ahnung, ob das was nützt. Die werden eh nicht rechtzeitig fertig.«
»Doch, das wird schon helfen«, sage ich. Kleine Schritte.
Als Susie uns später findet – wir fotografieren gerade die Teile des Hauses, die tatsächlich bewohnbar aussehen – macht
sie genauso ein Gesicht, wie ich erwartet hatte. Immerhin wird nicht gekreischt, getrampelt oder geschmollt – das hat es bei Fiona involvierenden Aktivitäten noch nicht gegeben.
»Hallo, Mädels!« Sie nähert sich, als ob die kleinste Bewegung diese kostbare Ruhe aus dem Lot bringen könnte.
»Hi, Susie.« Ich schaue von der Kamera auf. »Das entwickelt sich ja alles ganz klasse. Die Tapete im Wohnzimmer gefällt mir.«
»Danke.« Atemlos schaut sie zwischen uns hin und her, es scheint ihr die Sprache verschlagen zu haben. »Ich war gerade im Laden und hab Eis mitgebracht. Möchtet ihr Mädchen was abhaben?«
»Das hört sich toll an.«
»Okay«, sagt Fiona zögernd und dann, leiser: »Wär cool.«
Über Susies Gesicht zieht ein riesiges Lächeln. »Ich kann auch Soße ausgraben und dazu noch diese Kirschen, die du so gern magst, Fiona. Wir können Eisbecher machen!« Sie wirbelt herum und steuert auf die Küche zu, wobei sie immer noch von all den verschiedenen Sachen plappert, mit denen wir unser Eis garnieren können, und wie schön es draußen ist.
Fiona dreht sich zu mir und zieht die Augenbrauen mit der üblichen offenkundigen Verachtung hoch.
»Sie meint es gut«, erkläre ich und bete,
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