Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein perfekter Sommer

Mein perfekter Sommer

Titel: Mein perfekter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
auf …
    »He, he, Jenna!« Reeve holt meine Aufmerksamkeit blitzschnell wieder zurück. »Sieh einfach nur mich an, okay? Nur gerade rübergucken, zu mir.«
    »Ah ja.« Ich hab nichts anderes vor, deshalb folge ich seinem Befehl und gucke gerade rüber, zu ihm.
    Reeve hat kein Hemd an.
    Eigentlich müsste ich das schon früher registriert haben,
aber in meinem Angstdusel hab ich nicht so genau darauf geachtet. Jetzt ja.
    »Hast du dich etwas beruhigt?«, fragt er besorgt.
    »Hm, kann sein.« Aber ich glotze immer noch auf seine Brust. Und das ist vielleicht total unpassend, lenkt aber prima von meinem unmittelbar bevorstehenden Tod ab. »Rede mit mir. Ich glaube, das hilft.«
    »Worüber?«
    »Weiß nicht, ist egal. Wie geht’s deiner Mutter?«
    »Ganz gut.« Er bringt sich wieder in eine andere Stellung, leicht und entspannt. »Sie ist jetzt durch mit den sauren Gurken.«
    »Ach?«
    »Tja, jetzt ist es Tabascosauce. Zu allem. Gestern Abend hat sie Lasagne gemacht, ich wär fast gestorben.«
    Ich schaffe es zu lächeln. »Wann ist es denn so weit?«
    »Im Dezember.« Er zögert und sieht sich den Fels noch mal genauer an, ehe er sagt: »Und deswegen weiß ich auch noch nicht genau, ob das mit dem College dieses Jahr was wird. Sie sagt, sie kommt gut klar, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich sie allein lassen sollte. Ich hab zwei kleinere Schwestern. Irgendwie sind die schon nicht ganz leicht zu bändigen.«
    »Oh. Ist dein Vater nicht …?« Ich unterbreche mich, peinlich berührt.
    Er guckt mich betrübt an. »Ja, nein. Ist er nicht. Hat sich vor ein paar Jahren abgesetzt. Und der Vater von diesem Baby ist auch nicht in der Nähe.« Reeve seufzt. »Also … bin
ich da der letzte Mann. Tut mir leid«, sagt er und lacht gezwungen. »Ich wollte dir das gar nicht …«
    »Nein! Ist in Ordnung.« Einen Moment zögere ich und beobachte ihn. »Ich finde es gut, was du für deine Mutter tust«, füge ich schüchtern hinzu.
    »Danke.« Er wirkt verlegen. »Und was ist mit deinen Leuten? Die vermisst du doch bestimmt, wenn du den ganzen Sommer weg bist.«
    Ich strecke meine schmerzenden Finger und seufze. »Einerseits und andrerseits.« Er guckt mich komisch an, aber obwohl er sich mir anvertraut hat, weiß ich nicht, was ich sagen soll. Ich hab mich so daran gewöhnt, all die kalten, Furcht einflößenden Gedanken an meine Eltern, die Zukunft und alles andere von mir wegzuschieben, dass ich mittlerweile nicht mal mehr dran denken kann, wenn ich es will.
    »Wie das werden soll, zu Hause … keine Ahnung.« Mehr kann ich  – mit ganz leiser Stimme  – nicht sagen. »Dad arbeitet im Ausland, sie sagen, es ist nur für den Sommer, aber ich weiß nicht …« Ich breche ab. Daran und an Dads ständige Andeutungen, er müsse eventuell länger bleiben, habe ich nicht denken wollen. »Das ist eine tolle Chance hier«, hat er während unseres letzten Telefongesprächs mindestens drei Mal gesagt. »Du wirst begeistert sein.« Als ob ich nicht wüsste, was das heißen soll. Möglicherweise wird er nicht wieder zurückkommen.
    Als ich wieder rüberschaue, beobachtet Reeve mich. Sein Blick ist ganz weich, so, als würde er alles verstehen, was ich nicht aussprechen kann. Für einen Augenblick treffen sich
unsere Blicke und ich vergesse, dass ich in prekärer Lage an einem winzigen Vorsprung hänge.
    In mir spüre ich etwas anderes als Angst. Bisher hatte ich gar nicht bemerkt, wie seine Lippen …
    »He, Jenna?«
    »Äh ja«, stammele ich, anstelle der Angst, die mich im Griff hat, tritt jetzt etwas anderes. Etwas Leichtes, Warmes und …
    »Bewegst du jetzt mal deinen Fuß nach unten, ein wenig nach rechts?«
    »Okay.« Ich tu, was er sagt, beinahe ohne nachzudenken.
    »Toll, und jetzt den rechten Arm vorschieben.«
    Mitten drin wache ich auf. »Ich beweg mich!«, rufe ich.
    Er lacht. »Genau. Kletterst du weiter?«
    »Nach oben, meinst du?« Ich schlucke. »Hmm …«
    »Ist in Ordnung. Du kannst auf dem lustigen Weg wieder runter.«
    »Es gibt einen lustigen Weg?«
    »Klar. Warte, bis ich wieder an deinem Seil bin, dann zeig ich dir, wie das geht.«
    Ich warte, total erleichtert, aber gleichzeitig tut es mir auch ein wenig leid, dass der Augenblick vorüber ist. »Du, Reeve?«
    »Ja?«
    »Danke.«

20. Kapitel
    Eher als gedacht bekommt das Leben in Stillwater so was wie einen geregelten Ablauf. Meine Mutter ruft alle paar Tage an, um sich nach mir zu erkundigen, Olivia simst mir ihre Updates vom Camp (und Cash), Fiona

Weitere Kostenlose Bücher