Mein perfekter Sommer
fantastisch …
Hm, hoffentlich hast du Spaß. Ruf mich an, wenn du kannst.«
Biiip.
»Olivia! Da du auf meine Anrufe nicht reagierst, nehme ich an, dass du entweder zu einer ganz neuen Daseinsebene aufgestiegen bist, moderne Technologie meidest oder nach deiner Entgiftung vor Hunger ohnmächtig bist. Ist alles in Ordnung? Du fehlst mir. Ruf mich an.«
Biiip.
»Hey, Livvy, hab deine SMS gekriegt. Die ganzen zwölf Wörter. Ich bin froh, dass es dir da draußen so gut gefällt und dass es mit Cash so gut läuft. Aber – äh – vielleicht solltest du dir diese Sache mit dem ›nicht aufs College gehen‹ noch mal durch den Kopf gehen lassen? Ich weiß, wir hatten schon so lange geplant, zusammen aufs College zu gehen, aber auch wenn du nicht mehr willst, gibt es noch haufenweise andere Möglichkeiten, die wir in Erwägung ziehen können. Nichts überstürzen, okay? Na dann, hoffentlich können wir bald über alles reden … Du fehlst mir!«
Biiip.
»He, Olivia, ich wollte mich nur melden. Aber du antwortest nicht. Mal wieder … Hab nicht viel zu sagen, wollte nur mal hören, ob du da bist. Alles gut hier. Ich wollte gerade wieder raus in die Wälder, also, ich nehm mal an, du rufst später an, okay? Tschüss.«
Man kann sich nur bis zu einem gewissen Grad vorbereiten. Keine Planung der Welt kann es mit der echten Wildnis aufnehmen – da
draußen muss man lernen, mit dem Unerwarteten zurechtzukommen. Zu improvisieren, sich anzupassen, dreckig zu machen. Nichts macht richtig Spaß, wenn man es schon Meilen im Voraus kommen sieht.
– Abenteuer in freier Natur –
Das Überlebenshandbuch für den modernen Bergbewohner
22. Kapitel
»Ich hab was für dich.« Susie guckt zur Tür hinaus auf die hintere Veranda, sieht mich dort und kommt nach draußen, eine neue Papiertüte baumelt an ihrem Finger. Es ist Freitag, Spätnachmittag, meine liebste Tageszeit. Die brüllende Hitze des Tages hat sich gelegt und jetzt geht eine kühle Brise durch den Garten, am Himmel sinkt die Sonne tiefer.
Ich lege meine Zeitschrift zur Seite. »Oooh, was denn?«
Sie lacht und lässt die Tüte neben mir auf den Zweisitzer aus Weidengeflecht fallen. »So aufregend ist es nun auch nicht.«
Eifrig mache ich mich über die Tüte her, zögere, als ich ein blasses, festes Päckchen finde. »Tofu?«
Susie grinst und zieht sich den Schaukelstuhl heran. »Hab ich bei einem Bioversand bestellt. Linsen und Bohnen auch. Ich weiß, dass du diese Art Essen vermisst.«
»Ach, das ist aber wirklich süß von dir.« Ich stelle die Tüte zur Seite und umarme sie. Ehrlich gesagt, hat mir das gar nicht so sehr gefehlt. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass Adam den größten Teil von unserem Obst und Gemüse von
den Marktständen der Bauern aus der Gegend holt, und das ist mir umweltfreundlich genug, und was den Rest angeht … na ja, gipsartiger Tofu kann nicht mit Susies Maispuffern konkurrieren.
»Danke«, sage ich trotzdem. »Du hättest dir die Mühe nicht machen sollen.«
»Ich weiß.« Susie hat ihr nasses Haar zum Zopf geflochten und trägt tatsächlich ein frisches weißes Hemd anstelle ihres üblichen mit Farbe bekleckerten T-Shirts. »Aber ich wollte mich bedanken.«
»Wofür?«
Sie grinst ganz stolz. »Wir haben unsere erste Buchung!«
»Nein! Das ist ja toll!« Ich klatsche in die Hände. »Erzähl, die Einzelheiten, los.«
»Es ist eine Familie, aus Boston. Sie fahren durch British Columbia und sie haben beschlossen, ein paar Nächte bei uns zu bleiben.«
»Ach, Leute, ich freu mich ja so für euch!« Ich drücke sie fest. »Das sind nur die Ersten, sie werden in Scharen kommen.«
Susie strahlt mich an. »Und alles deinetwegen! Sie haben uns über eure Stillwater-Website gefunden, und sie meinten, das würde sich so ›rustikal und abenteuerlich‹ anhören. Sie wollen all diese Sachen ausprobieren, die ihr gezeigt habt, wir müssen also die Jungs auf Trab bringen, damit sie die Leute begleiten. Gegen Bezahlung natürlich.«
»Das machen die gern«, versichere ich ihr. »Das ist echt toll.«
»Ja, nicht? Und der Zeitpunkt ist perfekt, heute Nachmittag habe ich nämlich einen Termin bei der Bank.«
»Warum?« Ich erinnere mich an den Stapel Papiere, den ich nicht hatte sehen sollen. »Ist alles in Ordnung?«
»Jetzt ja«, versichert sie mir, zieht ihr Hemd glatt und streicht sich eine Locke aus dem Gesicht. Nun ist sie von Kopf bis Fuß ganz respektable Geschäftsfrau. »Und weil du und Fiona
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