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Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Mein Schutzengel ist ein Anfaenger

Titel: Mein Schutzengel ist ein Anfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maximilian Dorner
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Wunsch lautet ganz schlicht: » Hört, hört doch auf mein Wort, das wäre mir schon Trost von euch. Ertragt mich, so dass ich reden kann.«
    Soll das wirklich alles sein: jemand zu haben, der zuhört? Kann Trost so billig zu haben sein? Die Antwort bleibt aus.
    Am Schluss verliert selbst Gott die Geduld und schaltet sich in das Gespräch ein. (Max versteht ihn genauso wenig wie die anderen.) Weiß der Himmel wie, kommt er schließlich auf das Krokodil zu sprechen und lobt sich ausführlich für dessen Erschaffung. Nichts Vergleichbares sei ihm gelungen. Anscheinend ist ihm diese Liebeserklärung jedoch selbst peinlich. Also heilt er Hiob kurzerhand und schenkt ihm nicht nur Reichtum, unglaublich viele Schafe, sieben neue Söhne und drei Töchter, sondern auch noch ein Leben bis 140. Kein Wort jedoch von einem Harem.
    Max blättert noch einmal zurück: » Sein Niesen lässt Licht aufleuchten, seine Augen sind wie des Frührots Wimpern.« – Was, wenn diesem Gott die Menschen gar nicht wichtig sind, weil er nur sein verdammtes Krokodil im Sinn hat? Vielleicht interessiert er sich gar nicht für meinen Schmerz. Vielleicht interessiert sich niemand dafür, wie bei Hiob. Man lässt ihn reden, mehr nicht. – Von diesem Gedanken verschreckt, schlägt Max die Bibel zu.
    Es ist dir wirklich hoch anzurechnen, dass du die Idee, von nun an jeden Tag in der Bibel zu lesen, am besten noch mit Gleichgesinnten, gleich wieder verworfen hast. Das hätte einfach nicht gepasst. Die wichtigen Dinge wirst du auch in Zukunft nicht da finden, wo du sie suchst. Aber das weißt du selbst. – In dem grünen Buch beispielsweise, ganz oben auf dem Stapel mit den zusammengeschenkten Gesundheits- und Glücksratgebern stünde so ein tröstender Satz: Wenn ich gleich kein ander Buch hätte als nur mein Buch, das ich selber bin, so hab ich Bücher g’nug. Liegt doch die ganze Bibel in mir.
    Pustekuchen. Als ob du meine Erleichterung gespürt hättest, beinahe um mir eins auszuwischen, beschließt du wenige Tage später etwas noch … Frömmlerisches. (Nichts gegen die Frommen, aber – egal.)
    Dass er ab sofort jeden Sonntag in die Kirche gehen wird, gesteht er nicht einmal seiner Schwester. Und auch sonst niemandem. Er schämt sich dessen ein wenig. In seinem Freundeskreis gibt es niemanden, der einen Gottesdienstbesuch über Weihnachten, Taufen und Hochzeiten hinaus nicht als Notruf verstehen würde. Allein die Ankündigung würde wieder zu besorgten Blicken führen. Das will er allen Beteiligten ersparen.
    Im Grunde weiß er selbst nicht, was er sich davon verspricht. Der Impuls ist auf einmal da gewesen, wie ein unaufschiebbarer Geschenkewunsch in Kindertagen. Ohne einen Kran mit Stützen, ohne Modelleisenbahn kann man nicht mehr leben.
    Am Glauben kann es nicht liegen. Der ist auch in der Krankenhauskapelle nicht plötzlich erwacht. Wie die meisten um ihn herum ist er unschlüssig. Am liebsten würde er sich alle Hintertüren offen lassen, sich ja nicht festlegen auf einen dreieinigen Gott, das ewige Leben … Er flüchtet sich in Formulierungen wie: Prinzipiell bin ich nicht der Meinung, mit dem Tod wäre alles zu Ende, weil ja nie irgendetwas ganz zu Ende ist. Hauptsache unverbindlich, selbst wenn es um alles geht.
    Die professionellen Glaubenspropagandisten nerven ihn mit ihrem süßlichen Tonfall der Selbstgewissheit. Und bei aller Solidarität mit dem Leiden Christi möchte er nicht jede verunglückte Äußerung des Papstes verteidigen müssen.
    Während des Gottesdienstes gelingt es Max kaum eine Sekunde, sich zu konzentrieren. Zu sehr ist er damit beschäftigt, die spöttischen Stimmen in seinem Inneren zum Schweigen zu bringen: Jeder Gottesdienstbesucher wird einer nicht bestehbaren Prüfung unterzogen. Die eine schaut ihm zu unterwürfig, bei der anderen stört ihn der lila Schal, beim dritten dessen gespielt gequälter Gesichtsausdruck beim Gang zur Kommunion. Und dann der Klerus mit seinen Assistenten! Die Turnschuhe der Ministranten wirken viel glaubhafter als das Übergewand. Der polnische Priester leiert seine Predigt herunter wie ein zwangsweise auswendig gelerntes Gedicht. Und die Orgel dudelt entseelt wie im Kaufhaus. – Max ist unwohl mit sich selbst. Warum bringt er bei seinen Freunden eine vor Jahren unbekannte Nachsicht auf, hört sich geduldig Toms Klagen über den Job an, Sylvias begeisterte Berichte über völlig obskure Heiler und urteilt hier ihm völlig Fremde anhand von Belanglosigkeiten ab? Er hat keine Ahnung,

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