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Mein schwacher Wille geschehe

Titel: Mein schwacher Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Nutt
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Einquatscherin – Susanne Fröhlich
    An politischen oder ethischen Vorgaben muss sich Susanne Fröhlich in ihrem Textprogramm nicht orientieren. Die Fernseh- und Rundfunkmoderatorin hat auf ihre innere Stimme gehört und dieser eine breite Plattform gegeben. Das 2004 erschienene Buch
Moppelich. Der Kampf mit den Pfunden
ist ein nicht gerade leises Selbstgespräch, das bei vielen Leidengenossinnen den Ton getroffen zu haben scheint. 6 Die Zeit der Scham ist vorbei, posaunt die Fröhlich. Die Autorin führt vor, dass es eine Diätrealität jenseits jugendlicher Hungerharken mit Modelambitionen gibt. Die Frau ab Ende dreißig mit sich verlangsamendem Stoffwechsel, so ihre Botschaft, hat ein Menschenrecht auf erreichbare Körperziele. Susanne Fröhlich hat bemerkt, dass sie nicht die einzige ist, die sich so ihre Gedanken gemacht hat. »Wenn man sich mit dem Thema Abnehmen beschäftigt, begegnet man mehr Gurus, als ganz Indien zu bieten hat, und für die Abspecken, gemessen am heiligen Ernst, mit dem sie ihr jeweiliges Programm zelebrieren, schon fast so etwas wie eine Religion zu sein scheint. All die Strunzens, Atkins’, Montignacs und Co – nichts als Propheten, die uns Moppeln ihre Botschaft wie Gott seinerzeit Moses den brennenden Busch als neuestes Wunder präsentierten.« Von Bedeutung sind hier weniger die virtuosen religionsphilosophischen Verweise. Susanne Fröhlich adressiert ein allgemeines Wir der |61| Generation 60 plus, die in diesem Fall nicht in Jahren, sondern in Kilos gemessen wird. Das Moppelich meint so gesehen nicht nur den inneren Schweinehund, der bevorzugt auf den Hüften lastet und sich an Cellulitis labt. Moppelich ist vielmehr ein stehendes Heer von Untoten, Leidensgenossinnen, die zum Appell erschienen sind und auf Ansprache warten. Daraus ergibt sich der markante Sound des Buches. Das stille Selbstgespräch mit dem Ich, das ein anderer ist (»Liebe Hüftknochen, seit Jahren haben wir uns nicht gesehen«) wird von Susanne Fröhlich durchs Megaphon gepresst.
    Das ist nicht ohne Witz. Susanne Fröhlich beharrt auf ihrem parodistischen Talent, und weil ihre Ratschläge und Erkenntnisse auf jahrelanger Selbsterfahrung fußen, ist diese Textsorte mit einer kräftigen Portion Authentizität und Selbstironie garniert. »Habe mich beim Joggen verlaufen. Susanne allein im Wald. (...) Bin mindestens 35 Minuten länger gelaufen als geplant. Was bin ich doch für eine zähe Sportlerin. Etwa sieben Knäckebrot zusätzlich erlaufen.« Im Witzeln und Dahinerzählen ihrer Erfahrungen mit dem Abspecken sondert Susanne Fröhlich Hilfreiches von Überflüssigem und erhebt den Anspruch, als Leidgeprüfte über eine Art gesunden Menschenverstand zu verfügen. Alles selber mitgemacht. Sie bietet sich als gute Freundin an, der man alles erzählen kann. Das Elend in den viel zu engen Umkleidekabinen und die Unlust, Stammkundin bei der Textilzeltbauerin Ulla Popken zu werden.
    Moppelich
ist weniger ein Handbuch für Einsteiger als ein Absolutionstext von einer, die es wenigstens versucht hat. Die unausgesprochene Botschaft dieser Textsorte sagt: Ihr müsst Euch an nichts halten. Ich sag Euch, wie es war. Dass es so aufgekratzt munter daherkommt, macht es gut lesbar. Fröhlich empfiehlt, mit sich und seinem Übergewicht in die Phase friedlicher Koexistenz einzutreten. Beharrlichkeit in der Sache, aber guter Wille auf beiden Seiten. Und so ist das Buch trotz eines gewissen Dröhnens |62| am Ende eins, das man ohne Gewissenbisse wieder beiseite legen kann. Wer weiter dick bleiben will oder muss, hat wenigstens ein bisschen Spaß bei dem Gedanken gehabt, seinem Leben eine Wende zu geben. Dass die Methode Fröhlich, wie man in der ein oder anderen Talkshow gelegentlich überprüfen kann, schließlich doch nicht so richtig erfolgreich ist, sieht man der Moderatorin eher nach als dem missionarischen Politiker. Sie hat weniger versprochen und bessere Unterhaltung geliefert. Das Heer der Untoten ist unterdessen nicht geschrumpft.
    Der Versuchsballon – Stephan Bartels
    Ein weiterer Typus der Bekenntnisliteratur,
Der Kilo-Killer
von Stephan Bartels, tritt als männliche Antwort auf Susanne Fröhlich auf. Während Fröhlich den Männern in Bezug auf ihre körperliche Erscheinung einen ausgereiften Wahrnehmungsverlust attestiert, demzufolge sie lieber bei kleinen Hosengrößen bleiben, um sich nicht weiter damit auseinandersetzen zu müssen, entdeckt Bartels seinesgleichen als Paria in zu engen Trainingsanzügen.

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