Mein Schwein pfeift
Chefdetektiv Dieter Nannen.
13:30 Uhr : Klingeln Vossen aus dem Bett. Christel ist leider arbeiten, putzt in einem Lokal. Als Frau Baumeister hätte sie das nicht nötig. Vossen braucht keine Versicherung, teilt er mir statt einer Begrüßung mit. Unhöflicher Bursche. Ich gebe mich als Detektiv zu erkennen und sage ihm auf den Kopf zu, dass er der Hauptverdächtige im Mordfall Küppers ist. Spreche ihn auf seine Schulden und den Kummer an, den er seiner Mutter bereitet. Wird ganz kleinlaut und streitet die Tat ab. Frage ihn nach seinem Alibi. Ist angeblich nach seinem Spiel sofort zu seinem Teilzeitjob bei der Aral-Tankstelle gefahren. Werde dies zusammen mit Peter überprüfen. Zum Abschied verspricht er mir, sich zu bessern. Inoffizielle Anmerkung: Glaube, dass er im Herzen ein guter Junge ist. Vielleicht adoptiere ich ihn, wenn Christel und ich... aber das ist Zukunftsmusik.
Abschlusspräsentation inklusive Alibi-Check folgt.
Für Richtigkeit bürgt Dr. Otto Baumeister
Warum musste Otto immer gleich einen Roman verfassen, nur um mir mitzuteilen, dass sich die Spur als Blindgänger erwies? Immerhin waren seine Ergüsse amüsant zu lesen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Heiner ein falsches Alibi angegeben hatte. Ob er seiner Pflicht an der Tankstelle nachgegangen war, ließ sich leicht überprüfen.
Ich gähnte, zog eine Cola aus dem Kühlschrank und blickte auf die Uhr. Kurz vor vier. Ich konnte zu Schiöhr fahren. In der Schule hatte ich Chemie immer verflucht. Sprachen, Deutsch und Mathematik waren meine starken Fächer gewesen, die Naturwissenschaften samt ihrer kauzigen Lehrer hätten mich fast das Abitur gekostet. Aber mein Optimismus und meine Gerissenheit hatten mich auch über diese Klippe hinweggeschifft. Ich trank aus und stellte die leere Flasche auf die Arbeitsplatte.
Anschließend packte ich den erstaunlicherweise immer noch ruhigen Kevin ins Auto. Auch wenn er relativ pflegeleicht war, war meine Lust erschöpft, Ersatzvater für ihn zu spielen. Als könnte er Gedanken lesen, öffneten sich Kevins braune Kulleraugen, starrten mich an, weiteten sich vor Entsetzen und: »Buäääh!«
»Was ist, Kollege?«
»Buäääh!«, jetzt eine Nuance lauter.
»Bitte!«, fuhr ich ihn an, was nur noch kräftigeres Gebrüll zur Folge hatte.
»’tschuldige, war nicht so gemeint«, versuchte ich, gegen Kevin anzutönen. Vergeblich. Mein Gott, wie konnte ein so kleines Bündel so viel Lärm erzeugen?
So konnte ich nicht arbeiten. Was tun? Ich schloss die Tür, schwang mich auf den Fahrersitz und ließ die Dickinson -CD laufen. Gurkennase und Bruce hatten etwas gemeinsam, und zwar eine beruhigende Wirkung auf den kleinen Terroristen, denn sofort war er mucksmäuschenstill.
Dennoch stand mein Entschluss fest: Der Junge musste in ein entwicklungsförderndes Umfeld, was ich ihm zurzeit nicht bieten konnte. Also ab zum Gemüsehof.
Karin stand im Laden und verkaufte frische Bioprodukte an kichernde Hausfrauen, die ich vom Ansehen her aus der Kirche kannte.
Es war das erste Mal, dass ich den Verkaufsladen von innen sah; kein Wunder, es gab ihn ja auch erst seit zwei Monaten. Vorher hatte sie ihre Erzeugnisse immer umständlich aus der Scheune holen müssen, bis ihr ein befreundeter Privatdetektiv den Tipp gegeben hatte, einen Teil der Tenne in einen Bioladen umzuwandeln. Dieser Bulderner Privatdetektiv hatte ihr sogar einen zinsfreien Kredit in Höhe von dreitausend Euro gewährt.
Dies war vor einem halben Jahr gewesen. Was Schumann seitdem erschaffen hatte, konnte sich wirklich sehen lassen: Betrat man den rund siebzig Quadratmeter großen Raum durch eine durch Sprossen getrennte Glastür, fiel der Blick sofort auf eine ansprechende Auswahl an Obst und Gemüse. In alphabetischer Reihenfolge waren dies Apfel, Kartoffeln, Kirschen, Kohlrabi, Möhren, Porree, Radieschen, Schnittlauch, Zucchini und Zwiebeln aus eigenem Anbau sowie einige zugekaufte Obst- und Gemüsesorten, einwandfrei biologisch und garantiert nicht von fünfjährigen Straßenkindern aus Papua-Neuguinea unter gleißender Mittagssonne geerntet.
Auf der rechten Seite offerierte Karin ihre Ziegenprodukte. Käse, Joghurt, Milch und andere Leckereien ließen das Gourmetherz frohlocken. Produkte echter Kühe stellte Bauer Mühlenbrock aus dem Nachbarort zur Verfügung, so dass dieser Bereich ansehnlich gefüllt war.
Im hinteren Areal stand eine schnuckelige Fleischtheke, die zusätzlich zu den Erzeugnissen aus ihrer Lammzucht von Biobauern aus
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