Mein skandaloeser Viscount
dort. „Wenn dich mein Streicheln stört, kannst du ja auf dem Fußboden schlafen.“ Mit einem Finger begann er, ihren Bauchnabel zu umkreisen. „Oder an Deck.“
Sie kicherte und schob seine Hand weg. „Ich fürchte, heute Nacht finden wir beide keinen Schlaf.“
Er richtete sich halb auf. „Du gewinnst. Beende dein Leiden und küsse mich. Nur zu.“
Ihr Herz machte einen Satz bei seinem unerwarteten Angebot. Sie rollte sich auf den Rücken und blickte Jonathan an. Sein Feixen und das belustigte Funkeln seiner Augen straften sein Angebot Lügen.
Sie musterte ihn lauernd. „Du willst gar keinen Kuss, wie?“
Er lächelte breiter. „Nein. Aber du willst ihn, habe ich recht?“
Sie lachte. „Gemeiner Schuft.“
Er gab ihr einen zärtlichen Nasenstüber. „Schlaf.“
Sie verzichtete darauf, nach seinem Finger zu schnappen. „Ich bin es nicht, die dringend Schlaf braucht.“
Remington grinste. „Wie wär’s mit einer Geschichte?“
Victoria verdrehte die Augen. „Ich bin kein kleines Kind und brauche keine Geschichte zum Einschlafen. Mir wäre lieber, du würdest endlich den Mund halten und einschlafen.“
Er sank ins Kissen zurück, schlug die langen Beine übereinander und richtete den Blick zur holzgetäfelten Decke. „Es war einmal ein reicher und angesehener Edelmann namens Bartholomew.“ Er machte eine Pause. „Soll ich fortfahren? Oder langweilst du dich bereits?“
Sie lächelte und schaute gleichfalls zur Holzdecke. „Wenn ich zuhöre, versprichst du mir, einzuschlafen?“
„Ich werde es versuchen.“
„Ich will, dass du es mir versprichst. Weil ich weiß, dass du ein Mann bist, der sein Wort hält.“
„Der bin ich. Ich werde schlafen. Versprochen.“
„Gut. Erzähle weiter.“
Er räusperte sich. „Dieser reiche und angesehene Mann glich keinem Edelmann im ganzen Königreich. Bartholomew nahm das Leben von der leichten Seite und verfügte außerdem über das unnachahmliche Talent, Edelsteine kunstvoll zu schleifen. Sein Talent war so groß, dass das Königshaus auf ihn aufmerksam wurde, und ihm Aufträge zur Fertigung kostbarer Juwelen erteilte. Es erübrigt sich zu erwähnen, dass er seine Talente zu seinem Vorteil nutzte und seinen Reichtum mehrte. Eines Tages schliff er einen erlesenen Rubin, umfasste ihn mit einem goldenen Reif, verwahrte ihn in einer mit Samt ausgeschlagenen Schatulle und ließ das Schmuckstück einer schönen Edeldame zukommen, die bislang jeden Freier im Königreich abgewiesen hatte. Seinem Geschenk legte er eine Botschaft bei, die besagte, dass diesem Ring Zauberkräfte innewohnten, die bewirkten, dass die Dame auch gegen ihren Willen in Liebe zu ihm entbrennen würde. Die Dame war entzückt, gestattete ihm, ihr den Hof zu machen. Sie verliebten sich ineinander und heirateten, wodurch der Beweis erbracht war, dass der Ring magische Kräfte besaß.“
Victoria warf ihm einen fragenden Seitenblick zu. Sein schönes Profil im schwachen Lampenschein wirkte wie in Stein gemeißelt. Er hatte ihr die Geschichte des Rubinrings seiner Mutter erzählt. „Ist es eine wahre Geschichte?“
Er wandte sich ihr zu und blickte ihr in die Augen. „Ja.“
Sie schaute wieder zur Holzdecke. „Du hast die List deines Vater nachgeahmt, um mich für dich zu gewinnen.“
„Als Neunzehnjähriger war ich noch zu naiv, um mir eine eigene List auszudenken.“
„Verständlich. Und was ist dann geschehen? Erzähl weiter.“
„Lange nach ihrer Vermählung und zu ihrer großen Freude wurde ihnen ein strammer Knabe mit vorzüglichen Eigenschaften geboren.“
Victoria kicherte. „Strammer Knabe? Wir wollen doch nicht zu sehr übertreiben, mein Guter.“
„Ich muss darum bitten, den Erzähler nicht zu unterbrechen.“
Sie kicherte wieder. „Verzeih. Sprichst du von dir? Oder hast du einen Bruder, dessen Bekanntschaft ich noch nicht das Vergnügen hatte zu machen?“
„Ich überhöre geflissentlich diesen boshaften Hieb gegen meine Ehre und setze meine Geschichte fort. Nun, im Lauf der Jahre begann dieser stramme Knabe – bei dem es sich selbstverständlich um mich handelte – von großen Abenteuern zu träumen. Also stahl er sich ständig aus dem Haus, um sinnlose Heldentaten zu begehen, die ihm weder Ruhm noch Ehre, allerdings beträchtlichen Ärger einbrachten. Er gefiel sich beispielsweise darin, mit seiner Pistole Äpfel von den Bäumen zu schießen, auch von denen, die nicht im Garten seines Vaters wuchsen. Und er stellte sich der Herausforderung, Fische
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