Mein Sommer nebenan (German Edition)
was man als Kleber noch nehmen kann.«
Ich laufe die Treppe hoch und hole aus dem Badezimmer eine Kleenex-Box, bevor ich in das Zimmer gehe, das Andy und Alice sich teilen.
Andy liegt in ihrem feuchten Badeanzug bäuchlings auf dem Bett und weint so bitterlich, dass sich auf dem Kissen schon ein dunkler Fleck gebildet hat. Ich setze mich neben sie und reiche ihr ein paar Kleenex.
»Es ist vorbei. Alles ist vorbei.«
»Kyle?«, frage ich, obwohl ich es im Grunde schon weiß.
»Er hat mit mir Schluss gemacht!« Andy sieht mich mit tränenüberströmtem Gesicht an. »Auf … auf einem Post-it-Zettel. Den hat er in meine Schwimmweste gesteckt, als ich Takeln geübt hab.«
»Wie bitte?«, sage ich fassungslos.
Andy zieht unter dem Kissen ein neon-oranges Viereck hervor, auf dem steht: Andrea. Es war schön, aber jetzt will ich mit Jade Whelan gehen. Man sieht sich, Kyle.
»Gott, ist das schäbig.«
»Ich weiß!« Andy wischt sich mit dem Handrücken über die Nase. »Zwei Jahre! Zwei Jahre bin ich in ihn verliebt gewesen … seit er mir im Segelkurs beigebracht hat, wie man einen Slipknoten macht … und er kann es mir noch nicht mal ins Gesicht sagen! ›Man sieht sich‹? Jade Whelan? Die hat sich in der Vierten nach der Morgenversammlung in der Aula immer mit Jungs hinter dem Klavier versteckt und ihnen ihren BH gezeigt! Dabei hat sie noch nicht mal einen gebraucht! Ich hasse sie. Ich hasse ihn.«
»Das haben die beiden auch verdient«, sage ich. »Es tut mir so leid, Andy.«
Ich streichle ihr beruhigend über den Rücken. »Der erste Junge, den ich geküsst habe, hieß Taylor Oliveira. Er hat allen an der Schule erzählt, ich hätte keine Ahnung gehabt, was ich mit meiner Zunge machen soll.«
Andy kichert unter Tränen. »Und, hat das gestimmt?«
»Ich hatte wirklich keine Ahnung. Aber Taylor auch nicht. Er hat mit seiner Zunge die ganze Zeit über meine Zähne gestrichen, als wäre sie eine Zahnbürste. Super eklig. Sein Vater ist Zahnarzt. Vielleicht lag es daran.«
Andy kichert wieder, dann fällt ihr Blick auf das Post-it und sie bricht erneut in Tränen aus.
»Dabei habe ich extra auf jemanden gewartet, der mir wirklich etwas bedeutet … und jetzt habe ich meinen ersten Kuss an einen Jungen verschwendet, der sich als feiger Fiesling entpuppt hat, und kann es nie mehr rückgängig machen!« Sie rollt sich zu einer Kugel zusammen und weint noch herzzerreißender.
»Jetzt heul nicht so rum, Andy! Ich kann mich überhaupt nicht auf mein Projekt konzentrieren!«, ruft Duff wütend die Treppe hoch.
»Ist mir doch egal«, ruft sie zurück. »Mein Leben ist ruiniert!«
In diesem Moment tapst Patsy ins Zimmer, die erst vor Kurzem gelernt hat, aus ihrem Bettchen zu klettern und ihre Windel auszuziehen, ganz egal in welchem Zustand sie ist. In diesem Fall ist sie voll. Sie wedelt damit triumphierend in meine Richtung. »Kaaaaackaaaaaa!«
»Oh Gott«, stöhnt Andy. »Ich glaub, ich muss mich übergeben.«
»Ich mach das schon.« Mich streift kurz der Gedanke, dass ich bis vor zwei Monaten noch nie mit einer Windel in Kontakt gekommen bin und jetzt könnte ich in einer Abendschule Lehrgänge darüber abhalten, wie man mit sämtlichen kleinen und großen Windelkatastrophen fertig wird.
Patsy beobachtet mit gleichgültiger Neugier, wie ich die Gitterstäbe an ihrem Bett abwische, das Laken wechsle, sie in der Badewanne abbrause und ihr anschließend eine frische Windel und etwas Sauberes anziehe. »Kacka?«, fragt sie traurig, als wir fertig sind, und reckt den Hals nach ihrem Po.
» GEORGE! NEIN! «, schreit eine wütende Stimme aus der Küche. Als ich unten angekommen bin, erfahre ich, dass George mit dem Hammer aus seinem Bob-der-Baumeister-Werkzeugkasten die restlichen Zuckerwürfel zertrümmert hat, während Duff mit seinem Vater telefoniert hat. George saust so schnell ihn seine Beinchen tragen mit nichts als einer Superman-Unterhose bekleidet aus der Tür, verfolgt von Duff, der stinksauer das Telefon schwenkt, als wäre es eine Waffe.
Ich jage den beiden hinterher, als der Käfer in die Einfahrt biegt und Jase aussteigt.
»Hey du.« Er gibt mir einen innigen Begrüßungskuss, völlig unbeeindruckt von der Tatsache, dass Harry uns ungeniert zuschaut und dabei Würgegeräusche von sich gibt und Duff kurz davor steht, George umzubringen. Dann legt er einen Arm um meine Taille, dreht sich zu seinen Brüdern um und sagt: »Okay, was ist los?«
In null Komma nichts hat er das Chaos im Griff. Duff
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