Mein Sommer nebenan (German Edition)
bemalt Wassereisstiele weiß, um daraus – statt mit den zerfallenen Zuckerwürfeln – eine Wand zu bauen. Andy liegt mit einer Familienpackung Milky Way im Schlafzimmer ihrer Eltern und schaut Ella – verflixt und zauberhaft . Der Pizzalieferservice ist unterwegs. Und Harry errichtet aus Kissen und Decken eine Höhle für Patsy und George, die so tun, als wären sie Tigerbabys.
»Und jetzt komm her«, sagt Jase zu mir, »bevor hier der nächste Krieg ausbricht.« Er lehnt an der Küchentheke, zieht mich an sich und reibt mir sanft den Rücken.
Alles ist gut. Mehr als das. Ich bin so glücklich wie noch nie zuvor in meinem Leben. Und das sind genau die Momente, in denen es dann passiert. Man wiegt sich in Sicherheit, denkt, nichts könne einem etwas anhaben, so perfekt fühlt sich alles an, so wunderbar. Bis man sich plötzlich in einem Albtraum wiederfindet, der alles Vorstellbare übersteigt.
Sechsunddreißigstes Kapitel
A ls ich am nächsten Tag aus dem B&T trete, fährt Tim gerade in seinem Jetta auf den Parkplatz und winkt mir hektisch zu. »Ich brauche deine Hilfe«, ruft er und hält verbotenerweise in der Zone für Löschfahrzeuge.
»Wobei?«, frage ich, während ich einsteige und verlegen meinen Minirock tiefer ziehe.
»Ich hab’s getan, Sammy. Ich hab den Job im Wahlkampfbüro hingeschmissen. Jetzt muss ich meinen Scheiß von dort abholen und brauche ein Schutzschild. Ein – wie viel wiegst du? – ein fünfundfünfzig Kilo schweres Schutzschild.
»Sechsundfünfzig«, korrigiere ich ihn. »Ich glaube, Mom und Clay sind gar nicht da, sondern haben mal wieder einen Besichtigungstermin in irgendeiner Fabrik.«
Tim klopft eine Zigarette aus seinem Marlboro-Päckchen, das in der Sichtblende steckt, und steckt sie sich in den Mundwinkel. »Ich weiß. Ich kenne ihren Terminkalender.« Er tippt sich mit dem Finger an die Schläfe. »Vielleicht brauche ich dich auch einfach nur an meiner Seite, damit ich das auch wirklich durchziehe und nicht in letzter Minute den Schwanz einziehe. Hilfst du mir?«
Ich nicke. »Natürlich. Aber wenn du ein Schutzschild brauchst – Jase ist viel größer als ich.«
»Ja, ja. Aber dein Loverboy ist heute beschäftigt, wie du wahrscheinlich selbst weißt.«
Statt zu antworten, zucke ich bloß mit den Achseln und ziehe das Haargummi aus meinem Zopf.
Tim betrachtet mich seufzend und schüttelt dann den Kopf. »Warum wollen alle heißen Mädchen eigentlich immer nur mit den Sportskanonen und den netten Kerlen zusammen sein? Wir Versager würden euch viel dringender brauchen.«
Ich werfe ihm einen verwunderten Blick zu. Bisher hatte ich nie den Eindruck, dass Tim sich zu mir hingezogen fühlen könnte. Vielleicht strahle ich aus, dass ich keine Jungfrau mehr bin? Womöglich verströme ich jetzt puren Sex? Wohl kaum, schon gar nicht in meinem Kapitänsjäckchen und dem dunkelblauen Spandexrock.
»Entspann dich.« Tim zündet sich seine Zigarette an. »Ich gehöre nicht zu den Trotteln, die versuchen, bei Mädchen zu landen, die sie sowieso nicht haben können. Ich mache bloß Feststellungen.« Er wendet verbotenerweise mitten auf der Straße, um schneller zum Wahlkampfbüro zu kommen. »Willst du auch eine?« Er wirft mir die Zigarettenpackung in den Schoß.
»Du weißt, dass ich nicht rauche, Tim.«
»Ja, aber ich verstehe nicht, warum nicht. Jeder braucht doch was, um diese innere Unruhe loszuwerden. Hast du die nicht?« Tim hält mir seine rechte Hand hin und tut so, als würde sie unkontrolliert zittern. »Woran hältst du dich fest, Sammy?«
Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt.
Tim grinst. »Oh, natürlich . Ich vergaß. Natürlich an deinem Loverboy und seinem …«
»Stopp.« Ich hebe die Hand und wechsle das Thema, bevor er seinen Satz beenden kann. »Fällt es dir immer noch schwer? Wie lange bist du jetzt schon trocken? Einen Monat?«
»Dreiunddreißig Tage. Nicht dass ich mitzählen würde. Und klar fällt es mir schwer. Für jemanden wie mich ist das Leben nicht so einfach wie für dich und deinen Mister Perfect. Ich muss jeden Tag wieder aufs Neue dagegen ankämpfen, mich nicht in die Arme meiner süßen Bräute – der schönen Miss Bacardi oder Madame Koks – zu werfen, obwohl ich genau weiß, dass mich die beiden Schlampen nur wieder runterziehen würden.«
»Hör auf, dich selbst zu bemitleiden und dir einzureden, dass alle anderen immer besser dran sind als du. Das stimmt nicht und es macht dich verdammt unsympathisch.«
»Großer
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