Mein Sommer nebenan (German Edition)
Kinder zum Mittagsschlaf nach Hause gebracht. Es sind nur noch Sonnenanbeter und Müßiggänger da. Total überhitzt und am ganzen Körper klebrig vom langen Sitzen in meinem Plastik-Hochsitz beschließe ich, mir am Imbissstand eine Flasche Wasser zu holen. Ich klettere hinunter, blase in meine Trillerpfeife und hänge das Pause-Schild auf.
»Ich hol mir was zu trinken. Soll ich dir was mitbringen?«, rufe ich zu Tim rüber.
»Nur wenn es was Hochprozentiges ist«, ruft er über die Palmenkübel und granitfarbenen Steinquader hinweg, die den Olympic Pool vom Lagoon Pool trennen.
Hinter mir ertönt die Klingel des Hintereingangs. Seltsam. Die Gäste betreten die Anlage alle durch den Haupteingang, und Nan hat nichts davon gesagt, dass sie heute noch eine Lieferung von Stony-Bay-Souvenirartikeln erwartet.
Als ich auf den Türöffner drücke, kommt Mr Garrett herein. Ich muss zweimal hinschauen, bis ich ihn erkenne. Er trägt eine Ladung Kanthölzer auf der Schulter und wirkt mit seinem bis zu den Oberarmen hochgekrempelten Hemd im luxuriösen Ambiente der Clubanlage so fehl am Platz, als wäre er aus Versehen in das falsche Filmset gestolpert. Als er mich sieht, strahlt er übers ganze Gesicht. »Samantha! Jase hat mir schon erzählt, dass du hier arbeitest, aber wir wussten nicht, ob du heute Dienst hast. Er wird sich freuen.«
Ich komme mir in meinem albernen Kapitänsjäckchen über dem Badeanzug ziemlich dämlich vor, aber Mr Garrett scheint nichts davon zu bemerken. »Das ist die erste Ladung, es kommt noch mehr«, sagt er. »Weißt du, wo es hin soll?«
Ich habe keine Ahnung und das ist mir wohl auch deutlich anzusehen.
»Kein Problem. Ich rufe kurz den Gebäudemanager an, bevor wir den Rest reinbringen.«
Ich wusste nicht, dass Garretts Baumarkt auch Bauholz vertreibt. Genau genommen weiß ich so gut wie gar nichts über das Geschäft von Mr Garrett und schäme mich plötzlich dafür.
Während er telefoniert, spähe ich über seine Schulter zur Einfahrt, wo ich Jase entdecke, der sich gerade in den Laderaum eines hellgrünen Transporters beugt. Mein Puls beschleunigt sich. Wie kann es sein, dass die Planeten auf denen ich und die Garretts leben, bis zu diesem Sommer immer in unterschiedlichen Galaxien existierten und wir auf einmal ständig miteinander in Berührung kommen?
»Alles klar.« Mr Garrett klappt das Handy zu. »Wir sollen das Material hier zwischen den beiden Pools deponieren. Ich schätze, sie wollen eine Hawaii-Bar bauen.«
Klar. Weil eine Hawaii-Bar ja so fantastisch zu dem mittelalterlichen Tudor-Stil passt, in dem das B&T ansonsten gehalten ist. Noch einen Strawberry Daiquiri, edles Fräulein? Ich spähe zwischen den Büschen hindurch nach Tim, sehe aber bloß Rauchkringel von einer Zigarette.
»Sam!« Jase balanciert einen Stapel Holz auf der Schulter. Er trägt eine Jeans und dicke Arbeitshandschuhe und von der Anstrengung in der Hitze läuft ihm der Schweiß übers Gesicht. Nachdem er das Holz polternd auf dem Boden abgelegt hat, gibt er mir einen salzigen, warmen Kuss. Seine Handschuhe fühlen sich rau an meinen Armen an und er schmeckt nach Zimtkaugummi. Ich löse mich hastig von ihm, als mir bewusst wird, dass Mr Lennox’ Fenster auf den Poolbereich hinausgeht und Tim keine fünfzehn Meter entfernt ist. Nan ist auch ganz in der Nähe. Ganz zu schweigen von Mrs Henderson, die sich nur ein paar Meter weiter in ihrem Liegestuhl aalt und Mom sehr gut kennt, weil beide Mitglied im Garden Club sind.
Jase hält mich auf Armeslänge von sich entfernt und sieht mich mit leicht hochgezogenen Brauen an.
Allerdings sagt er dann etwas ganz anderes, als das, womit ich gerechnet hatte. »Bist du vom Breakfast-Ahoy-Sailor-Moon-Supergirl zum Admiral befördert worden?« Er berührt die goldene Litze an den Schultern meiner Jacke und lächelt. »Ziemlicher Karrieresprung. Muss ich jetzt vor die salutieren?«
»Bitte nicht.«
Jase beugt sich zu einem zweiten Kuss zu mir herunter. Ich versteife mich. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Mrs Henderson sich aufsetzt und sich ihr Handy ans Ohr hält. Sie hat meine Mom doch nicht etwa im Kurzwahlspeicher?
Jase’ Blick verrät, dass er überrascht ist – und leicht verletzt. Er sieht mich prüfend an.
»Tut mir leid!«, sage ich. »Ich muss den Schein wahren, wenn ich diese blöde Uniform trage.« Ich ziehe entschuldigend die Schultern hoch. Den Schein wahren? »Ich meine – ich muss den Pool im Auge behalten, darf mich nicht ablenken lassen und
Weitere Kostenlose Bücher