Mein Sommer nebenan (German Edition)
irgendetwas auseinanderzusetzen.«
Nan holt tief Luft. »Das krieg ich hin.« Wir schauen Alice und Jase an.
Alice zuckt stirnrunzelnd mit den Achseln. »Auf eure Verantwortung. Aber ich bin trotzdem nach wie vor der Meinung, dass es falsch ist.«
»Sie können die Situation vermutlich besser einschätzen als wir, Al«, sagt Jase. »Okay, Nan. Du machst die Kellertür auf und wir kommen mit Tim nach.«
Während wir Tim um das Haus herum tragen, wacht er auf und übergibt sich auf Alice. Ich halte die Luft an, damit mir nicht selbst noch schlecht wird. Erstaunlicherweise wird Alice nicht wütend, sondern verdreht nur die Augen und zieht ohne eine Sekunde zu zögern ihr besudeltes T-Shirt aus. Wir hieven Tim, der zwar schmal gebaut, aber wegen seiner Größe nicht einfach zu tragen ist, auf die Couch. Jase holt einen in der angrenzenden Waschküche neben dem Trockner stehenden Eimer und stellt ihn vor ihn hin. Nan bringt ein Glas Wasser und Aspirin. Tim, der auf dem Rücken liegt und entsetzlich blass aussieht, öffnet die rot geäderten Augen, betrachtete Alice in ihrem schwarzen Spitzen- BH , haucht ein »Wow« und wird wieder ohnmächtig.
Das letzte Mal bin ich lächerliche zehn Minuten zu spät gekommen und Mom hat mir eine Riesenszene gemacht. Aber heute Nacht, wo sie wirklich Grund gehabt hätte, sich Sorgen zu machen, weil ich mich ziemlich blauäugig in eine gefährliche Situation gebracht habe und mich klüger hätte verhalten können, heute ist die Einfahrt verwaist und das Haus dunkel, als wir bei mir halten. Mom ist noch gar nicht zu Hause.
»Wenigstens bleibt dir heute eine Standpauke von deiner Mutter erspart, Sam.« Jase steigt aus und öffnet mir die Tür.
Ich laufe zur Fahrerseite und beuge mich noch einmal in den Wagen. »Danke«, sage ich zu Alice. »Es war echt toll, dass du uns so geholfen hast. Und das mit deinem Shirt tut mir wahnsinnig leid.«
Alice sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Keine Ursache. Wenn das Einzige, was dieser Vollidiot sich mit der Aktion eingehandelt hat, ein Kater und die Rechnung von der Reinigung ist, hat er mehr Glück gehabt, als er verdient. Aber Jase hat definitiv etwas Besseres verdient, als um ein Mädchen trauern zu müssen, das so bescheuert war, sich zu einem Junkie ins Auto zu setzen und darin zu sterben.«
»Stimmt, hat er.« Ich halte ihrem Blick stand. »Das weiß ich.«
Sie dreht sich zu Jase um. »Ich fahre jetzt rüber, J. Du kannst deinem Burgfräulein in Ruhe Gute Nacht sagen.«
Ich werde feuerrot. Das hat gesessen. Jase begleitet mich zur Tür und ich lehne mich dagegen. »Danke«, sage ich noch einmal.
»Du hättest für mich das Gleiche getan.« Jase legt einen Finger unter mein Kinn und hebt es an. »Zerbrich dir nicht den Kopf.«
»Außer darüber, dass ich keinen Führerschein habe und du dich niemals in so eine Situation gebracht hättest und …«
»Schsch.« Er beißt mir sanft in meine Unterlippe und verschließt meinen Mund mit einem Kuss. Zuerst ganz zärtlich, und dann so leidenschaftlich, dass ich an nichts anderes mehr denken kann als an die weiche Haut unter meinen Händen. Ich lasse sie über seinen Rücken wandern und verliere mich in der Berührung seiner Lippen und seiner Zunge. Ich bin unsagbar froh, noch am Leben zu sein und all diese Dinge spüren zu können.
Zweiundzwanzigstes Kapitel
A ls ich am nächsten Morgen eine Stunde vor Arbeitsbeginn im B&T ankomme, steuere ich sofort den Pool an. Ich atme den Chlorgeruch ein, konzentriere mich nur noch auf den gleichmäßigen Rhythmus meiner Schwimmzüge, blende alles andere aus. Rechten Arm eintauchen, linken Arm eintauchen, rechten Arm eintauchen, Luft holen. Und wieder von vorn. Fünfundvierzig Minuten später drücke ich mir die Haare aus, schüttle das Wasser aus meinen Ohren und mache mich dann auf den Weg ins »By the Bay Buys«.
Nachdem Nan auf keine einzige meiner SMS reagiert hat, rechne ich mit dem Schlimmsten: dass ihre Eltern uns gehört haben, in den Keller kamen und Tim schon auf dem Weg in irgendein Hardcore-Boot-Camp im Mittleren Westen ist, wo er in einem Steinbruch schuften muss und irgendwann von einem wütenden Drill Sergeant erschossen wird.
Aber dann würde Nan nicht an der Kasse stehen und in aller Seelenruhe Kochschürzen sortieren, oder? Vielleicht doch. Wie für meine Mutter steht auch für meine beste Freundin Ordnung über allen sonstigen Befindlichkeiten.
»Wie geht es Tim?«
Nan dreht sich um, stützt sich mit den Ellbogen
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