Mein Tag ist deine Nacht
stimmt das?«
»Ja, ich fürchte schon.«
»Möchtest du morgen Mittag trotzdem noch essen gehen? Fühlst du dich wieder auf dem Posten?«
»Es sind Ferien. Ich kann die Kinder nicht allein lassen.«
Am anderen Ende der Leitung entstand eine Pause, dann lachte Cassandra. »Es hat dich doch noch nie gestört, die Kinder allein zu lassen, Lauren. Wo ist das Kindermädchen?«
»Sie hat gekündigt.«
»Oh, wie grässlich für dich. Und was ist mit deiner Schwester, die, die ans Telefon gegangen ist? Kannst du die Kinder nicht bei ihr parken?«
»Ich möchte sie gar nicht parken, Cassandra. Sie haben Ferien, und ich möchte die Zeit mit ihnen verbringen.«
»Du lieber Himmel, Honey. Ich habe ja gehört, dass der Blitz in deinen Kopf gefahren ist, aber dass du gaga würdest, hätte ich nicht erwartet.«
Sie senkte die Stimme um eine Oktave und sagte leise: »Ich bin schon so gespannt darauf, die Neuigkeiten zu erfahren.«
»Welche Neuigkeiten gleich wieder?«
»Du weißt schon, Honey, die über
ihn
!«
Ich spürte, wie sich mir die Nackenhaare aufstellten. Zwar hatte ich keine Ahnung, wer diese Frau war, trotzdem war sie mir bereits unsympathisch.
»Cassandra, es gibt keine Neuigkeiten. Ich muss Schluss machen. Tschau!«
Beim Auflegen merkte ich, dass meine Hände zitterten. Ich hatte gemutmaßt, Lauren könne eine außereheliche Beziehung führen, als die Kinder den Mann erwähnten, der mit ihrer Mutter im Park gewesen war. Nun schien es, als würde jeder über Laurens Indiskretionen Bescheid wissen, und ich war sauer auf sie, dass sie das Glück der Kinder derart aufs Spiel gesetzt hatte.
»Probleme?«, fragte Karen leise dicht hinter mir.
Erschrocken zuckte ich zusammen.
»Ich habe vielleicht eine Affäre gehabt«, erklärte ich ihr rundheraus. »Das könnte erklären, wieso Grant so unsicher wirkt und möchte, dass ich ihm meine Liebe beweise.«
Sie dirigierte mich ins Wohnzimmer, knipste die Lampen an und zog die Vorhänge zu.
»Na komm, erzähl mir alles darüber.«
»Da gibt’s eigentlich nichts zu erzählen.« Ich setzte mich neben sie aufs Sofa. »Diese Freundin von … mir dachte scheinbar, ich hätte Neuigkeiten über einen Mann zu berichten, das ist alles. Das, in Verbindung mit dem, was die Kinder erzählt haben, lässt vermuten, ich könnte eine Dummheit begangen haben.«
»Die Tatsache, dass dir der Gedanke nicht behagt, ist eine gute Neuigkeit«, sagte sie und tätschelte mir die Hand. »Was immer zuvor geschehen sein mag, du musst damit ja nicht weitermachen, weißt du.«
»Die Sache ist die, dass ich nicht weiß, ob ich Grant lieben kann«, gestand ich. »Ich bin mir nicht sicher, dass ich ihm eine gute Ehefrau sein kann, und wenn die Ehe in die Brüche geht, was wird dann aus den Kindern? Sie sind so etwas Besonderes, so empfindsam. Ich würde nie etwas tun, das ihnen wehtun würde.«
Sie schaute mich an und nickte.
»Mir kam’s immer so vor, als hättest du Grant aus völlig falschen Gründen geheiratet. Du warst sehr unreif, und ich war nie davon überzeugt, dass er der richtige Mann für dich ist. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass unsere Eltern alles für dich getan haben, aber mit fünfundzwanzig warst du wirklich immer noch eine verzogene kleine Göre. Grant fand dich hübsch und zart; du warst jemand, den er dominieren und kontrollieren konnte, aber er ist ein schwacher Mensch, und das hast du erst gemerkt, als du selbst erwachsen geworden bist. Mich würde es nicht sonderlich überraschen, wenn du fremdgegangen wärst, ehrlich gesagt.«
»Was soll ich denn jetzt tun?«
»Was Grant angeht? Keine Ahnung. Was diesen anderen Mann betrifft, einfach gar nichts. Ich würde der ganzen Sache keine Beachtung schenken und hoffen, dass es sich damit hat.«
Ich gähnte herzhaft und entschuldigte mich.
»Ich glaube, ich gehe in die Falle, wenn du nichts dagegen hast. Ich nehme an, du weißt, wo das Gästezimmer ist?«
»Ich habe meine Sachen in das freie Zimmer gebracht. Das Gästezimmer sieht so aus, als hätte Grant darin geschlafen.«
»Oh, tut mir leid, das habe ich vergessen.«
»Mach dir deswegen keine Gedanken. Und schlaf morgen ruhig mal richtig aus, wenn dir danach ist. Ich kümmere mich um die Kinder … und um Grant.«
Ich gab ihr einen Gutenachtkuss und ging nach oben. Ich sehnte mich nach einem heißen Bad, aber es war schon halb zehn, und ich sah Frankie vor mir, die eine Runde drehen wollte. Normalerweise war sie sehr brav, aber selbst sie musste, nachdem
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