Mein Traummann die Zicke und ich
ich meinen eigenen Namen nicht mehr wüsste.
»Ich heiße ganz bestimmt Violet«, sage ich lächelnd. »Oh, umso besser, Violet ist ja auch ein viel schönerer Name als Victoria. Victoria klingt irgendwie so hart, und ehrlich gesagt war die einzige Vicky, die ich in meinem Leben getroffen habe, eine schreckliche Person, aber Violet ist ein schöner Name, weißt du, Veilchen sind übrigens meine Lieblingsblumen.«
Und dann umarmt sie auch mich, umfängt mich mit einer Mischung aus verschiedenen Gerüchen: dem seifigen Siebzigerjahre-Duft von Sandelholz, einem blumigen Parfüm und, wenn ich mich nicht irre, einer leisen Andeutung von etwas, für dessen Identifizierung ich ein paar Sekunden brauche – einer Ginfahne.
Es ist eine lange Umarmung, aber irgendwann lässt sie mich los – nur meine Hand nicht.
»Ich schätze, ich mache mich mal lieber etwas frisch, bevor ich mich zur Party geselle«, sagt sie zögernd. »Bist du so lieb, Vicky Violet, und hilfst mir, die Sachen aus dem Auto zu holen?« Sie hakt sich bei mir unter. »Dann kannst du mir von dir erzählen … Ich will alles wissen, angefangen von deiner Geburt bis heute …«
Wir laufen ums Haus zur Einfahrt, während Mistral mir Fragen stellt und ich versuche, meine Kindheit auszulassen und mehr von meinem aktuellen Leben mit Sol zu erzählen.
In seltsamem Kontrast zu Sollies schickem Geländewagen parkt daneben eine Ente, die aussieht, als würde sie es kaum die Einfahrt hochschaffen, geschweige denn den ganzen Weg von Cornwall hierher.
Sie ist klapprig wie ein altes, kaputtes Brillengestell, das nur noch von einem Streifen Tesafilm zusammengehalten wird.
Das Gepäck besteht aus zwei Seesäcken und einer schwarzen Mülltüte voller Schmutzwäsche, die prompt reißt, während wir sie zum Haus tragen, und ihren Inhalt auf der Einfahrt verteilt.
»Die Waschmaschine ist mal wieder kaputt«, erklärt sie ohne die geringste Scham oder Befangenheit, während sie Büstenhalter, schmutzige Unterwäsche und bunte Blusen, Röcke und Kleider mit Blumenmuster einsammelt. »Ich dachte, ich schmeiße schnell alles in Elspeths Maschine. Würde es dir was ausmachen, mir dabei zu helfen? Jetzt, wo das Zeug schon aus der Tüte gefallen ist, können wir es auch gleich in die Maschine stecken.«
»Kennst du den Weg zur Waschküche?« Ich unterdrücke ein Grinsen, als ich eine Unterhose vom Kopf einer Engelsstatue fische.
»Ja, natürlich.« Misty nimmt sie mir lächelnd ab. »Ich vergesse zwar so gut wie alles, wie Aric dir sicher bestätigen wird:
Sein Lieblingswitz ist, dass ich angeblich sogar vergessen habe, mit ihm verheiratet zu sein, als ich damals mit meinem süßen Bobby durchgebrannt bin – Gott hab ihn selig -, aber wenn ich irgendetwas kann, dann mir Wege merken. Ich brauche nur einmal irgendwohin gegangen zu sein und finde dann immer wieder dorthin zurück.«
»Das werde ich mir merken, für den Fall, dass ich mich im Labyrinth verlaufe.«
»Ach ja, das Labyrinth.« Sie rollt theatralisch mit den Augen, als teilten wir ein Geheimnis. »Vergiss nie, dein Handy mitzunehmen, wenn du hineingehst. Dann kannst du mir immer ein SOS durchgeben.«
Wie versprochen führt mich Mistral schnurstracks und sicher durch den Kaninchenbau aus Fluren zur Waschküche, wo sie den Inhalt der zerrissenen Tüte umstandslos auf den Boden und dann in die Maschine schmeißt und die Tür der Einfachheit halber mit dem Hintern zudrückt.
»So«, sagt sie zufrieden. »Das hätten wir.«
»Hast du keine Angst, dass sich die Sachen verfärben?«, frage ich sie besorgt, als sie das Ganze auf 60 Grad stellt.
»Aber nein, im Gegenteil! Ich hoffe es sogar. Kleider werden doch nach einer gewissen Zeit so langweilig, und es ist nett, sie alle zusammen reinzuschmeißen und zu sehen, was dabei Lustiges herauskommt. Ein bisschen wie im richtigen Leben, nicht wahr? Nach dieser harten Arbeit haben wir uns aber einen Gin Tonic verdient, meinst du nicht?«
Zurück auf der Terrasse lässt sich Misty in einem Gartenstuhl nieder und bedeutet mir, mich in den Stuhl neben ihr zu setzen.
»Gerade noch rechtzeitig zum Dessert«, strahlt sie und nimmt sich Ananas und halb geschmolzene Eiscreme. »Weißt du, zu
Hause fange ich auch oft mit dem Dessert an. Warum sollte man auf das Beste warten. Apropos, Aric, mein Schatz, ich bin am Verdursten, wärst du so lieb und machst deiner armen ausgezehrten Exfrau etwas Großes, Nasses, mit einer Menge Gin drin, bitte?
Ach, ich liebe diesen Mann«,
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