Mein Traummann die Zicke und ich
ich meine geliehenen Gummistiefel ausziehe, sehe ich sie in der Eingangshalle stehen und auf mich warten.
»Violet, kann ich dich kurz sprechen?«
Du kannst mich nicht nur kurz sprechen, sondern mich auch am … Nein, ich bin natürlich viel zu anständig, um das zu sagen, also bleibe ich einfach stehen und sehe sie auffordernd an.
»Ich hoffe, du denkst nicht, dass ich es war?«, sagt sie zögernd. »Ich meine, das mit dem Foto.«
Was soll ich dazu sagen? Soweit es mich betrifft, ist sie eindeutig die Hauptverdächtige.
»Doch, natürlich denkst du es. Es steht dir ins Gesicht geschrieben, und wie solltest du auch nicht? Es tut mir so leid, Violet, ich habe dir so viele schreckliche Dinge angetan, aber ich schwöre dir, ich war das nicht.«
In dem Moment kommt Aric aus seinem Arbeitszimmer in die Eingangshalle und sieht amüsiert und aufgewühlt zugleich aus.
»Philly, mein Liebes, da bist du ja … Hast du schon das Hochzeitsfoto von dir und Jonathan gesehen, das auf meinem Schreibtisch steht?« Er hält uns das gerahmte Bild hin. »Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht, aber du trägst plötzlich Bart und Brille, und Jonathan sind zwei enorme Brüste gewachsen!«
Kapitel 11
A m nächsten Morgen beim Frühstück ist der Phantomretuscheur das Hauptgesprächsthema.
Zumal Elspeth am Morgen, als sie gerade zu einer neuerlichen Kochorgie ansetzen wollte, feststellen musste, dass jemand alle Fotos an der Küchenwand mit mexikanischen Banditen-Schnurrbärten versehen hatte. Und zwar jedes einzelne davon, vom Baby bis zur Urgroßmutter.
Alle streiten ab, etwas damit zu tun zu haben, und spekulieren darüber, wer es gewesen sein könnte.
Ich bin mittlerweile überzeugt davon, dass es nicht Philly war, die mein Foto so kunstvoll retuschiert hat, und während Sollie und ich uns Fleurs fabelhafte Florentiner zu Gemüte führen – das übliche cholesterintriefende Frühstück schaffen wir einfach nicht mehr -, versuchen wir uns gegenseitig mit Vermutungen darüber zum Lachen zu bringen, wer der Übeltäter sein könnte.
»Ob Mistral sich künstlerisch betätigt hat?«, schlage ich vor.
»Oder Dad hatte Eier mit Speck und Magic Mushrooms zum Frühstück«, entgegnet Sollie und drückt mir einen Kuss auf die Wange.
»Hat sich Onkel Silas nach einer Flasche Whisky mit einem Textmarker bewaffnet?«
»Und ist auf Angus Graingers Geisterpferd ums Haus geritten«, ergänzt Sollie.
»Wer immer es war, das war ein echter Angriff«, beschwert
sich Aric, während er wenig wirkungsvoll mit einem Tuch und etwas Reinigungsmittel versucht, die Glasrahmen zu säubern.
»Angriff der Killer-Retuscheure!«, sagen Sollie und ich im Chor.
Wir krümmen uns vor Lachen, als Mistral auf dem Weg zum Yoga durch die Küche kommt und nicht gemerkt hat, dass ihr jemand heimlich im Schlaf einen exzentrischen Schnauzer ins Gesicht gemalt hat.
Als ich gerade noch verhindern kann, sämtliche Kontrolle über meinen bebenden Körper zu verlieren, und endlich wieder aufhöre zu lachen, fällt mir auf, dass Pippa, Entschuldigung, Philly, sich der allgemeinen Heiterkeit nicht angeschlossen hat. Stattdessen sitzt sie uns am Tisch gegenüber und blickt düster in ihre Porridge-Schüssel. Ich bin überrascht – gestern hat sie sich beim Anblick des Fotos von ihr und Jonathan schlapp gelacht; und das obwohl sie darauf aussah wie Präsident Lincoln und Jonathan wie ein Playmate mit Körbchengröße D und Playboy-Bunny-Ohren.
Jonathan müsste jede Minute eintreffen. Ob das der Grund für ihre gedrückte Stimmung ist? Ich muss gestehen, dass sie eher besorgt als glücklich aussieht.
Ich bin nicht die Einzige, der auffällt, wie bedrückt sie ist.
»Alles okay, Schwester?«, fragt Sollie.
Sie sieht zu ihm hoch, als hätte er sie aus tiefen Gedanken gerissen.
»Wie bitte … Nein, danke, Sol.« Sie wehrt die Florentiner, die Sol ihr hinhält, mit der Hand ab. »Mir geht’s gut, ich bin nur ein bisschen müde.«
»Müde? Bist du vielleicht müde, weil du die ganze Nacht auf warst und der gesamten Familie bis zurück zum ersten Laird of Balcannon Schnurrbärte verpasst hast?«, zieht er sie auf.
»Nein, lieber Sollie.« Er sieht erleichtert aus, als sie lächelt. »Das kannst du mir nicht anhängen. Ich war brav um Mitternacht im Bett. Aber ich weiß, wer zu tief ins Glas geschaut hat und bis zum frühen Morgen auf war.« Sie wendet sich Silas und Marilyn zu, die gerade erst verkatert in die Küche stolpern. »Ihr seid die Älteren, ihr
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