Mein ungezähmter Highlander
jetzt schien es, als hatte er ihr nur eine Lektion erteilen wollen. Schließlich hatte sie ihn vor seinem Clan gedemütigt – das war der Grund.
Während sie versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen, drehte sie sich um und sah, wie eine Gestalt aus dem Schatten trat und auf den Stuhl neben ihr glitt. Beinahe hätte sie laut nach Luft geschnappt, als sie die große schwarze Augenklappe bemerkte, die das halbe Gesicht der Frau bedeckte, doch sie unterdrückte ihre Reaktion. Das musste Margaret sein.
Sie war dankbar, dass Bessie sie gewarnt hatte. Die Erscheinung des Mädchens war in der Tat erschreckend, doch Isabel
schaffte es, ihre Gefühlsregung mit einem heiteren Lächeln zu überdecken.
Die Augenklappe fiel so sehr auf, als würde sie mit Fanfaren auf die Verunstaltung aufmerksam machen. Isabel fragte sich, ob der Anblick des Auges wohl tatsächlich schlimmer war als die bedrohliche Maske, die es verbergen sollte.
Sie hatte der Begegnung mit ihrer neuen Schwester mit Bangen entgegengesehen, weil sie befürchtete, dass Margaret ihr die Sünden ihres Onkels vorhalten würde. Doch ihre Nervosität verschwand, sobald sie das furchtsame Geschöpf sah, das neben ihr saß. Als sie bemerkte, wie unbehaglich Margaret zumute war, schloss sie sie sogleich ins Herz.
»Ihr müsst Margaret sein«, sagte sie. »Ich habe mich so darauf gefreut, Euch kennen zu lernen.«
Margaret blickte sie unter ihren Wimpern hervor schüchtern an.
Isabel berührte sanft Margarets Hand, die nervös zuckend auf dem Tisch lag. »Ich habe nie eine Schwester gehabt, und umso mehr freue ich mich, jetzt eine zu haben.«
Margaret sah entsetzt auf ihre Hand, doch nach einer Weile schien sie sich zu entspannen. Ihre Stimme bebte, als sie sprach. »Ich freue mich auch, Euch kennen zu lernen, Isabel. Es tut mir leid, dass ich Eure Trauungszeremonie verpasst habe, aber meine Schwester Christina hatte wegen ihrer Niederkunft nach mir geschickt.«
Margaret erwiderte Isabels freundlichen Blick mit einem schwachen Lächeln.
Isabel wusste, dass Margarets Reise zur Nachbarinsel Lewis, auf der der Lewis-Zweig der MacLeods wohnte, wahrscheinlich absichtlich arrangiert worden war, doch sie konnte dem armen Mädchen nicht vorwerfen, dass es Sleat aus dem Weg ging. Isabel sah sich ihre neue Schwester genauer an. Bis
auf die Augenbinde war Rorys Schwester recht hübsch. Das lange, goldblonde Haar fiel ihr in weichen Löckchen über den schmalen Rücken. Ihre anmutigen Gesichtszüge fielen zwar nicht auf Anhieb ins Auge, waren jedoch zu erkennen, wenn man nicht mehr nur die Augenklappe sah. Ihr unversehrtes Auge wies denselben tiefen Blauton auf wie die Augen von Alex und Rory. Und Margaret war von erstaunlich schmaler Gestalt, noch zarter als Isabel selbst. Nanu, Isabel grinste, als ihr die offensichtliche Ähnlichkeit bewusst wurde: Margaret war zart wie eine Elfe. Ob sie das wohl ihren angeblichen Vorfahren zu verdanken hatte?
Wieder einmal stellte Isabel die Taten ihres Onkels in Frage. Wie hatte er Margaret nur so grob behandeln können? Sein Verhalten gegenüber Margaret war nicht mit den Taten eines ehrenwerten Chiefs zu vereinbaren. Das war beunruhigend. Besonders, wenn sie ihn mit dem Mann verglich, der jetzt neben ihr saß und so viel Ehre und Kraft ausstrahlte.
»Ich hoffe, dass Ihr eine angenehme Reise hattet?«, erkundigte Isabel sich höflich.
»Ja, vielen Dank, doch es tut mir leid, dass ich Eure Ankunft verpasst habe. Gefällt es Euch auf Dunvegan? Ich weiß ja, dass Ihr vorher bei Hofe wart …« Mit abwesendem Blick fuhr Margaret fort: »Ich bezweifle, dass ich je die Gelegenheit haben werde, nach Edinburgh zu reisen.«
»Aber warum denn nicht? Ich wäre mehr als glücklich, Euch an den Hof zu begleiten und Euch überall einzuführen. Auch Queen Anne würde sich bestimmt freuen, Euch kennen zu lernen. Sie ist eine wunderbare Frau, Ihr würdet sie bestimmt mögen. Und natürlich werde ich Euch jederzeit von meiner Zeit bei Hofe erzählen, wenn Ihr möchtet. Doch ich weiß, dass Euch Eure Aufgaben sehr in Anspruch nehmen, also sagt mir bitte, wann es Euch passt.«
Margaret rutschte etwas unruhig auf ihrem Platz hin und her, als ob es ihr unangenehm war, dass sie immer noch die Pflichten versah, die eigentlich zum Aufgabenbereich der Frau des Chiefs gehörten. »Ich bin in letzter Zeit sehr beschäftigt gewesen, doch ich werde bestimmt die Zeit finden, mir von Euch von Eurer Zeit bei Hofe erzählen zu lassen. Es hört sich aufregend
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