Mein ungezähmter Highlander
an. Doch ich könnte mich dort niemals zeigen … so wie ich aussehe und so.«
Isabel hörte den tiefen Kummer und die Scham in Margarets leiser, melodischer Stimme. Sanft nahm sie Margarets kleine Hände in ihre und erklärte ihr mit von Herzen kommender Aufrichtigkeit: »Ihr seid reizend, Margaret. Und wenn Ihr an den Hof reisen wollt, dann tut es. Lasst Euch von der Unfreundlichkeit anderer nicht davon abhalten, das Leben zu führen, das Ihr Euch wünscht. Es gibt viele boshafte Menschen bei Hofe, doch ich bin sicher, dass Ihr feststellen werdet, dass es noch viel mehr gute und mitfühlende Menschen dort gibt.«
»Das ist sehr freundlich von Euch, Isabel, aber ich bin nicht stark genug, um das Gerede zu ertragen, das auf jeden Fall kommen wird.«
Margaret war so erfüllt von Traurigkeit, dass Isabel unwillkürlich von dem Wunsch beseelt war, ihr helfen zu wollen. Sie meinte in Margaret eine Seelenverwandte gefunden zu haben. Ihr Onkel trug die Schuld an der Schmach, die aus Margaret so ein verhuschtes Geschöpf gemacht hatte. Vielleicht konnte sie das Unrecht irgendwie gutmachen, während sie hier war. Das war das Mindeste, was sie tun konnte, wo sie sich doch Margarets Bruder zum Feind machen würde.
Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie wollte Margaret dabei helfen, die Stärke wiederzufinden, die sie tief in ihr verborgen wähnte. Doch über ihre Gründe dafür wollte sie nicht
nachdenken. Denn dann würde sie wahrscheinlich erkennen, dass sie sich wegen des Verhaltens ihres Onkels schuldig fühlte und dass sie sich dafür schämte, überhaupt mit ihm verwandt zu sein.
»Frauen, die gerne tratschen, werden immer einen Grund finden, es zu tun. Ich weiß nicht, ob ihnen überhaupt klar ist, wie schmerzhaft das für andere ist, vor allem für jemanden, der sich mit dem Leben bei Hofe nicht auskennt. Als ich an den Hof kam, lachten sie über meine ungeschliffenen Highlandmanieren. Ich hatte das Gefühl, als ob alles, was ich sagte, falsch wäre. Aber von Zuhause mit meinem Vater und meinen drei Brüdern war ich es einfach gewöhnt, immer alles zu sagen, was ich dachte. Doch bei einer Frau wird dies als ein wenig angemessenes Verhalten betrachtet. Aber dann kam die nächste Neue an den Hof, und ich war vergessen.«
Margaret sah sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Ehrfurcht an.
Isabel lachte in sich hinein. »Das heißt nicht, dass mir das Gerede nichts ausgemacht hätte. Ich muss gestehen, dass ich anfangs ziemlich verletzt war, doch der Grund dafür war, dass ich nicht vorhergesehen hatte, so anders zu sein als die anderen Damen bei Hofe. Ich hatte das Gefühl, abgelehnt zu werden. Doch dann fand ich schnell heraus, dass es nicht persönlich gemeint war. Sie hatten nur etwas gefunden, worüber sie reden konnten. Doch Ihr werdet wissen, was Euch erwartet, und nicht ganz so unvorbereitet sein wie ich.«
»Ich weiß nicht. Wenn Ihr darüber redet, hört sich alles so einfach an. Aber ich bin kein bisschen mutig, Isabel.«
Ich auch nicht , dachte Isabel, doch laut sagte sie: »Macht Euch keine Sorgen. Wenn Ihr an den Hof wollt, dann werden wir einen Weg finden. Wenn wir uns zusammentun, können wir bestimmt einen Plan aushecken.«
Isabels Selbstvertrauen war anscheinend ansteckend, denn Margaret lächelte.
Von seinem Platz zu ihrer Rechten aus beobachtete Rory das Gespräch zwischen Isabel und Margaret. Er hatte sich Gedanken wegen Margarets Reaktion auf Isabel gemacht. Sein erster Impuls war gewesen, seine Schwester vor den schmerzlichen Erinnerungen zu bewahren, die sie bestimmt überkommen würden, wenn sie eine MacDonald sah. Doch er wusste, dass sie sich früher oder später kennen lernen mussten, und deswegen zwang er sich, nicht einzuschreiten.
Isabels Freundlichkeit war sofort zu erkennen. Er bemerkte, dass sie Margaret direkt in die Augen sah und unbewusst ihre Hand berührte. Im Gegensatz zu den meisten Leuten schreckte sie vor Margarets Verletzung nicht zurück. Seit ihrer Rückkehr waren seiner Schwester nicht viele Freundschaften angetragen worden, denn die meisten fühlten sich ob der Entstellung in ihrer Gegenwart unwohl und nervös. Das erzürnte ihn zwar, aber er konnte die Leute nicht dazu zwingen, sie genauso zu behandeln wie früher. Angst und Aberglaube waren zu mächtig. Er spürte, wie sich seine verkrampften Schultern lockerten, und merkte erst da, wie angespannt er gewesen war, während er die beiden Frauen bei ihrem Gespräch beobachtete.
Rory konnte nicht hören,
Weitere Kostenlose Bücher