Mein ungezähmtes Herz
Schreibtisch Platz genommen und nahm Del ins Visier.
»Was ist passiert?«
Gabriel fing den Hilfe suchenden Blick seines Freundes auf.
»Erlaubst du?« Als Del nickte, fasste er kurz und bündig zusammen, was sich ereignet hatte.
Die Damen waren natürlich entsetzt, allen voran Deliah.
Fast hätte sie Del mit offenem Mund angestarrt.
»Du hast die Rolle in einer Kommode aufbewahrt?«
Er zuckte die Achseln.
»Mir schien das sicher genug zu sein.«
Ehe Deliah kontern konnte, schaltete Tony sich hastig ein.
»Wir haben darüber nachgedacht, ob vielleicht einer von den Dienstboten erpresst wird.«
Del kam ihm zur Hilfe, indem er das übliche Vorgehen der Schwarzen Kobra beschrieb.
»Könnte es sein, dass irgendjemand aus deinem Umfeld unter Druck gesetzt wurde?«
»Das hätte entweder in Southampton oder danach passieren müssen«, fügte Tony hinzu, »eher konnte die Schwarze Kobra nicht wissen, dass Sie mit Del reisen würden.«
Deliah hatte bereits nachdenklich die Stirn in Falten gelegt.
»Bess ist Engländerin und fast mein ganzes Leben bei mir gewesen. Außerdem ist sie sehr patriotisch. Ich glaube nicht, dass die Schwarze Kobra sie zu irgendetwas überreden könnte – viel wahrscheinlicher wäre, dass sie es mir, Del oder einem von Ihnen gesagt hätte, wenn man mit so einem Ansinnen
an sie herangetreten wäre.« Sie zeigte mit dem Kopf in die Richtung, in der Tony und Gervase saßen.
»Und was die anderen anbetrifft, Kumulay beschützt mich, seit ich in Jamaika angekommen bin – mein Onkel hat ihn mir als Leibwächter empfohlen.« Zur besseren Erklärung fügte sie hinzu:
»Mein Onkel ist der Verwaltungschef auf Jamaika. Er würde mir wohl kaum jemanden vermitteln, dessen Integrität nicht über jeden Zweifel erhaben ist.«
Sie schaute zu Del hinüber, der immer noch vor dem Kamin stand.
»Und genau wie Kumulay waren Janay und Matara, auch wenn sie erst seit ein paar Jahren auf meiner Gehaltsliste stehen, über ein Jahrzehnt im Haushalt meines Onkels tätig. Sie sind schon vor langer Zeit aus Indien gekommen und haben dort keine Familie mehr.«
»Ferrar hat die Sekte irgendwann nach seiner Ankunft in Indien gegründet. 1819 hat man zum ersten Mal von ihr gehört.« Del schüttelte den Kopf.
»Es dürfte schwerfallen, da eine Verbindung herzustellen.«
»Ja, und ich bin sicher, dass es keine gibt.« Deliah zwang sich, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, egal wie absurd sie waren. Die Briefrolle war zu wichtig, nicht nur für Del, sondern auch für England.
»Die Mädchen – Essa und Muna, die Töchter von Janay und Matara – wären natürlich leicht einzuschüchtern, aber ich habe sie beide in den letzten Tagen mehrfach gesehen, und sie waren immer froh und munter, genau wie sonst.« Sie sah erst Del, dann Tony und Gervase an.
»Sie kennen sie doch – Sie wissen, wie sie sind. Sobald in ihrem Leben eine Kleinigkeit schiefgeht, egal wie belanglos, kann man es ihnen sofort ansehen und anmerken. Von allen, die hier sind, wären sie die Letzten, die imstande wären, ein Geheimnis zu hüten oder eine hinterhältige Tat zu begehen.«
Sie schaute Del an.
»Die Antwort auf deine Frage lautet also: Nein, ich glaube nicht, dass einer meiner Leute in diese Sache verwickelt ist.«
Del wollte schon nicken, als ihm noch etwas einfiel.
»Und was ist mit dem Jungen?«
»Sangay? Was soll mit ihm sein?«
Del sah sie leicht gereizt an.
»Was hat er für einen Hintergrund? Woher kommt er? Was weißt du von ihm?«
Ebenfalls leicht gereizt antwortete Deliah:
»Ich weiß nicht, wo er herkommt – ich weiß gar nichts von ihm. Er gehört zu deinem Haushalt, nicht zu meinem.«
Del war wie vom Donner gerührt.
»Aber er gehört nicht zu mir.« Als Deliah überrascht blinzelte, setzte er hinzu:
»Ich dachte, er sei bei dir angestellt – und meine Leute dachten das auch.«
Deliah starrte ihn ungläubig an.
»Und wir dachten, er wäre einer von euch.«
»Aha!« Mit grimmigem Gesicht sprang Devil auf und läutete.
»Hört sich so an, als hätten wir unseren Dieb entlarvt.«
Webster erschien praktisch im Handumdrehen.
»Rufen Sie Sligo und Cobby«, befahl Devil.
»Und Mustaf.« Del wechselte einen Blick mit seinem Freund, »vielleicht weiß er mehr als die anderen.«
»Und schicken Sie bitte auch Janay und Kumulay her«, fügte Deliah hinzu. Dann sah sie Del an.
»Sie haben sich öfter mit ihm unterhalten.«
Webster verneigte sich und machte sich auf den Weg.
»Wann ist euch der Junge
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