Mein verruchter Marquess
war. Aber vielleicht hätte sie sich mehr Sorgen wegen des Dieners John machen sollen.
Der livrierte Diener stand an der Tür, offensichtlich sehr angespannt, und blickte Max mit finsterer Miene nach.
„Wie reizend er ist", sagte Lady Westwood.
„Das ist er, gelegentlich", meinte Daphne. „Und wie ich sehe, ist Ihr Diener ebenso fürsorglich wie mein Gemahl."
Mit einer Kopfbewegung deutete sie auf John, der ihre Worte ebenfalls hörte.
Lady Westwood lächelte.
„Sie müssen nicht so besorgt aussehen, John", erklärte Daphne. „Soweit ich weiß, ist mein Gemahl kein Dieb."
Nur ein Lügner.
Zu ihrer Überraschung jedoch schien der Diener kein bisschen erheitert über ihren Scherz zu sein.
Er erwiderte ihr Lächeln mit einem eisigen Blick, dann drehte er sich um und ging Max nach.
Es fiel ihm schwer, das zuzugeben. Am liebsten hätte er seine Gemahlin erwürgt, weil sie hierhergekommen war, aber durch Daphnes Freundschaftsbesuch bei der einsamen alten Dame wirkte sein Erscheinen erheblich unverdächtiger, als wenn er einfach so hierhergekommen wäre, wie er es ursprünglich geplant hatte.
Sie kannte also Lady Westwood. Seine Frau schien jeden in England zu kennen. Zuerst hatte er sich nur um ihre Sicherheit gesorgt. Doch als er sie unbeschadet am Eingang hatte stehen sehen, hatten sich seine Gedanken seiner zweitgrößten Sorge zugewandt - ihrem verständlichen Zorn.
Die beiden verschiedenen Hälften seines Lebens waren aufeinandergeprallt, und er hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.
Nein, dachte er, das stimmt nicht. Er wusste genau, was er tun würde. Das Problem war nur, dass er dabei alles verlieren könnte.
Nachdem Max die Treppe hochgegangen war, hatte er Drakes Zimmer in Westwood Manor gefunden und durchsuchte es rasch und methodisch nach irgendetwas Nützlichem. Es gab ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer und ein Ankleidezimmer.
Möglicherweise hatte Drake bei seinem letzten Besuch zu Hause irgendeinen Hinweis darauf hinterlassen, welche Spur er verfolgte zum Zeitpunkt seines Verschwindens.
Während Max in den Räumlichkeiten das Oberste zuunterst kehrte, rang er noch immer mit sich, wie viel er Daphne - falls überhaupt - enthüllen sollte.
Wenn er ihr von dem Orden erzählte, würde das alles für sie verändern, und er glaubte nicht, dass ihr gefallen würde, was sie hörte. Vielleicht würde es alles noch schlimmer machen. Vermutlich wäre es besser, sie würde niemals erfahren, welche Bürde auf der Familie lastete, in die sie hineingeheiratet hatte. Er wollte sich lieber nicht vorstellen, wie sie reagieren würde, wenn er ihr eines Tages sagte, dass sie ihren eigenen Sohn für den Orden rekrutieren lassen müsste, so wie er vor zwanzig Jahren an Virgil übergeben worden war.
Wenn er Daphne von dem Orden erzählte, würde das außerdem bedeuten, dass er das ganze geheime Netz in ihre Hände legte. Jeder, der etwas wusste, erhöhte das Risiko für sie alle.
Es fiel ihm nicht schwer, der Frau, die er liebte, sein Leben anzuvertrauen. Aber wenn er das Geheimnis des Ordens für sie lüftete, legte er auch die Leben von Rohan, Jordan und Virgil in ihre Hände - und mit ihnen auch das der anderen Agenten. Sie waren dafür ausgebildet, Geheimnisse zu bewahren. Es war ihnen eingebläut worden.
Aber nicht ihr. Jeder Prometheusianer konnte sie gefangen nehmen und ihr mit Angst, Drohungen und Schmerzen jede Information entlocken, die Max ihr anvertraut hatte.
Mit nur einem schwachen Glied in der Kette könnte die ganze Sache verloren gehen. Ach, er konnte es ihr unmöglich sagen! Seine engsten Freunde, die einzigen Freunde, die er hatte, würden ihn dafür hassen.
Wenn er ihr jedoch nicht sagte, wer er wirklich war, dann würde diese Ehe scheitern, und er würde das Herz der einzigen Frau verlieren, die er je geliebt hatte.
Er klammerte sich an die Hoffnung, dass sie vielleicht aufgeben würde. Vielleicht würde sie es akzeptieren, nicht die ganze Wahrheit zu kennen, wie jede andere Frau auch. Aber Max wusste nur zu genau, dass dies nicht die Art von Ehe war, mit der Daphne sich auf dem Heuboden beim „Three Swans Inn" einverstanden erklärt hatte.
Am Ende hatte er ihre Hand gewonnen, indem er ihr versprach, dass sie ein eigenes Reich gründen könnten mit ihren eigenen Gesetzen, und er hatte versprochen, offen zu ihr zu sein, so gut es nur ging.
Da er nicht wusste, was er tun sollte, schob er die ganze Angelegenheit in Gedanken gleichsam in eine hintere Schublade in seinem Kopf, um
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