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Mein Wahlkampf (German Edition)

Mein Wahlkampf (German Edition)

Titel: Mein Wahlkampf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Maria Schmitt
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aufgelöst, Bewohner des Villenviertels Lerchesberg werden mitsamt Häusern in den Bereich Frankfurter Berg umgesiedelt, das Holzhausenviertel zieht in den Gallus.
 
Punkt 3: Das große Euro-Signet vor dem EZB-Hochhaus wird nicht entfernt – es wird nur ein Minuszeichen davorgesetzt.
 
Punkt 4: Der FSV Frankfurt steigt mit sofortiger Wirkung in die Erste Bundesliga auf, die Eintracht wird wegen Perspektivlosigkeit aufgelöst.
 
Punkt 5: Mehr Übersicht durch Vereinfachung! Umbenennung der Walter-Kolb-Straße, der Kennedyallee, der Fressgass und des Musikantenwegs in Robert-Gernhardt-Straße.
 
Punkt 6: Die Heizpilzsteuer kommt, gemeinsam mit der SUV- und Citypanzer-Sondersteuer.
 
Punkt 7: Mehr kleine und niedliche Tiere für den Frankfurter Zoo!
 
Punkt 8: Der Frankfurter Flughafen wird aus Lärmschutzgründen in den Taunus verlegt, so entsteht der erste Höhenflughafen Deutschlands.
    Was für ein Programm! Ich war vor Begeisterung völlig aus dem Häuschen. Es trug eindeutig meine politische Handschrift, manches hätte sogar ganz alleine von mir selbst sein können. Feierlich unterzeichnete ich das Dokument, das auch sogleich und einstimmig von uns verabschiedet wurde. Sogar ein versehentlich in den war room gestolperter Gast, der nur die Toilette suchte, durfte mitstimmen.
    «Ich werde dieses Programm», verkündete ich lautstark, «auf einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentieren, und ich werde es ‹Das 8-Punkte-Programm› nennen.»
    Doch der Politkommissar winkte schon wieder ab. «Vergessen Sie nicht, dass Ihre Pressekonferenz bereits angekündigt ist – mit der Präsentation eines ‹95-Thesen-Programms›, plus neuer Frisur und neuem Wahlplakat. Das ist ohne Rücksprache mit mir geschehen, also müssen Sie jetzt selbst sehen, wie Sie da wieder rauskommen.»
    Verdammt! Der Mann hatte recht. Diese 95-Thesen-Ankündigung hatte ich schon wieder völlig vergessen. Und die Pressekonferenz, wann war die gleich noch mal?
    «Morgen, 11.00 Uhr MEZ», feixte der Kommissar.
    Wie sollte ich mir bis dahin noch siebenundachtzig weitere Programmpunkte aus dem Kreuz leiern?

[zur Inhaltsübersicht]
    Die Pressekonferenz
    Wie man eine medienwirksame Bodenoffensive startet
    In wenigen Minuten sollte die Pressekonferenz beginnen. In der «Medienlounge» eines städtischen Museums würde ich meine Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters von Frankfurt bekanntgeben und die Kampagnenstrategie vorstellen. Gemeinsam mit der noch amtierenden Oberbürgermeisterin. Überraschenderweise hatte sie ihr Kommen zugesagt. Die Aufregung war groß, mehrere Kilometer drahtseildicker Nervenstränge lagen blank. Der Museumsdirektor rauchte hektisch, mehrere Kilometer fingerdicker Tabakstränge gingen in Rauch auf. Der Mann wusste noch besser als ich, dass es streng illegal war, was wir hier machten. Rauchen auf dem Balkon. Und die Pressekonferenz erst recht.
    Er war der Leiter eines Museums, das keine Presse hatte. Und ich ein Politiker, der keine Wähler hatte. Da kam man um eine Notgemeinschaft gar nicht herum. Dass er städtischen Museumsraum für eine parteipolitische Veranstaltung zur Verfügung stellte, das ging natürlich gar nicht. Das Rechtsamt hatte bereits angerufen und mitgeteilt, dass ihn das seinen Kopf kosten könne. Egal, er hatte keine Wahl. Jetzt hieß es: Kräfte bündeln, Kompetenzen dynamisieren, Community vernetzen und bei der anschließenden Synergiebildung eiskalt absahnen. Ziel: die allumfassende «Kompetenzkompetenz», wie Edmund Stoiber … äääh … das einmal … äääh … so kompetent auf den … äääh … Punkt gebracht hatte.
    Wir standen auf dem Balkon und saugten die Glut hell. Unter uns lag die Stadt, die ich bald regieren sollte. Überall Baustellen, tanzende Kräne, unfertige Hochhäuser, klaffende Baugruben. Puh, dachte ich, das wird ein schöner Brocken Arbeit, bis ich das alles wieder auf Vordermann gebracht habe. Ein Wahnsinn. Warum bleibt eigentlich immer alles an mir hängen? Warum passen die Bürger nicht einfach selber auf ihre Stadt auf und halten den Laden in Ordnung? Das bisschen Kümmern – ist das denn zu viel verlangt? Streng genommen ein Skandal, dass man denen alles hinterhertragen muss. Aber wartet nur, ihr sauberen Bürger, das werde ich mir teuer bezahlen lassen! Wütend schleuderte ich die Kippe vom Balkon. Der neben mir dampfende Museumsdirektor schien genau das Gleiche zu denken. Oder aber etwas ganz anderes. Schweigend inhalierte er. Wir schauten

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