Mein Weg mit Buddha
verändern.
Zum einen habe ich meinem Architekten und Bauherren zu sehr vertraut. Oder habe ich mich nur nicht genug gekümmert? Ursache für den Supergau bei meiner Dachwohnung: irreparable Schäden und immense Folgekosten. Baustopp.
Zum anderen fand diese Audition für ein neues Musical statt. Ich war gut vorbereitet, trat dann aber doch nicht an. Angst, noch ein weiteres Jahr in Wien angekettet zu sein?
Manchmal scheint man auch Gegenursachen zu setzen, die so gewaltig sind, dass sie die anderen Kräfte in noch stärkerem Maße herausfordern. Wie mein beharrliches Abtauchen im November des betreffenden Jahres bei den Anrufen einer deutschen Filmproduktion wegen eines Projekts in Kooperation mit Frankreich. Bei einer Premierenfeier im Theater in der Josefstadt erwischte mich die Castingdame aus Deutschland dann doch am Telefon im Theaterfoyer. Sie teilte mir mit, ich müsse am nächsten Tag nach Paris fliegen, um den Regisseur zu treffen. Vermutlich gab es in diesem speziellen Augenblick nur zwei Menschen im ganzen Universum, die sich absolut nicht kennenlernen wollten: einen französischen Regisseur, dem man eine deutsche Schauspielerin vor die Nase setzte, und einen verwöhnten, superbekannten »Star« aus Deutschland, der seinen ersten eigenen Soloabend in seiner Lieblingsbar in Wien absagen musste und der sich außerdem vorgenommen hatte, nur mit der ganz großen Liebe zusammen das erste Mal nach Paris zu reisen.
Der Rest ist Geschichte: eine Amour fou bei den Dreharbeiten, ein neues Leben in Paris, eine Ehe, eine Scheidung mit anschließender Lebensfreundschaft. Doch das sind nur biografische Eckdaten …
Rückblende:
Ein dreiviertel Jahr war seit der Episode in der Kantine in Bad Hersfeld vergangen. Die Wirkungen der Ursachen, die ich im November gesetzt hatte, zeigten sich 8523,12 Kilometer weiter südwestlich. Ein ehemaliges Militärcamp unweit des Guri-Stausees in Venezuela. Les Aventuriers du Rio Verde – Die Abenteurer vom Rio Verde mit Mario Adorf, Jean-Pierre Bouvier – und mir …
Nach sechs Wochen Dreharbeiten in der feuchten Hitze des Dschungels, nach 18-Stunden-Tagen, Übermüdung, Verletzungen, Versorgungsengpässen und emotionalem Chaos ging es am Set drunter und drüber, die Probleme waren fast nicht mehr lösbar. Und dann gab es in Venezuela auch noch einen Staatsstreich – Kriegszustand, Revolution, Ratlosigkeit, Angst. Wir schliefen kaum, unser beziehungsweise »mein« Regisseur (und zukünftiger Lebenspartner) am allerwenigsten. Oft hörte ich ihn nachts aufstehen und ins andere Zimmer gehen. Dann erklang so ein Glockenton – und – diesen Satz hatte ich doch schon einmal irgendwo gehört … Natürlich! Die … Dings … wie hieß sie noch gleich? … Bad Hersfeld, »Dreigroschenoper« … das ist »Chanten«! Er chantet. Weil er was in Ordnung bringen will. Karma putzen oder so.
Irgendwie gerührt krabbelte ich aus dem Bett, kniete mich neben ihn und hörte zu. Es war ein magischer, fast heiliger Moment. Nur das schwache Licht einer Kerze erhellte den Platz, an dem wir saßen. Ansonsten war es dunkel. Ein Licht in der Finsternis von Guri. Der Mann an meiner Seite ermutigte mich mitzumachen, aber ich kam mir blöd vor und traute mich nicht. Ich bin da nicht so spontan. Außerdem wollte ich den Moment nicht zerstören. Heute weiß ich, dass ich damals seinen Buddhazustand 6 gespürt habe. Zu jener Zeit nannte ich es einfach nur »einen ganz wunderbaren, heiligen Moment der Liebe«.
Statt mich anzuschließen, stellte ich lieber Fragen. Meine Devise ist: Erst Theorie, dann Praxis. Allerdings war mein Französisch damals mehr als lausig und mein lieber Regisseur beherrschte die buddhistische Fachterminologie auf Englisch auch nicht gerade aus dem Effeff. Im Wesentlichen wiederholte er das, was meine Kollegin D. mir schon gesagt hatte: Dass Chanten allein völlig ausreichend ist, die Dinge ändern sich dann. »Chanting is calling the powerful forces of the universe – mit dem Chanten rufst du die positiven Kräfte des Universums auf den Plan, die dich auf jeden Fall beschützen. Indem du chantest, änderst du dich und deine Umgebung. You are part of your environment! Du bist mit deiner Umgebung untrennbar verbunden. Also liegt es an dir, wenn du etwas ändern willst!« Diesmal blieb der Gedanke bei mir hängen und ich fand ihn revolutionär: Nur durch Chanten positive Ursachen setzen, einfach so.
»Ohne eine physische ›gute Tat‹ als positive Ursache?«, hakte ich noch einmal
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