Mein Weg mit Buddha
wissen. Ich habe das Gefühl, durch eine »verbotene Tür« zu linsen und Dinge zu sehen, die mich im Grunde genommen nichts angehen. Es fällt mir ein, dass es immer wieder Kleinigkeiten in meinem Leben gegeben hatte, die mich irritierten. Warum hatte ich mich, ohne darüber groß nachzudenken, bei der Schönen Wilhelmine oft allein angezogen, noch bevor die Garderobiere kam? Woher wusste ich, welche »Unterbauten« bei den Kleidern wo hingehörten? Die komplizierte Schnürtechnik bei den Miedern erledigte ich mit links. Als ich bei der Probe für meine Hochzeit zum allerersten Mal in einem Damensattel saß, bin ich gleich losgaloppiert und fühlte mich viel sicherer und wohler. Französisch lernte ich in atemberaubender Geschwindigkeit relativ akzentfrei, ohne Unterricht zu nehmen, als wäre es immer schon irgendwo in den Tiefen meines Selbst gewesen …
Verehrte Leser, vielleicht sagen manche von Ihnen jetzt: »Die hat sie nicht mehr alle!« Ich kann es Ihnen nicht verübeln. Trotzdem habe ich den Entschluss gefasst, dieses Thema anzufassen und diese eine Geschichte – und es ist nicht die einzige – mit Ihnen zu teilen. Glauben Sie mir, ich bin Realistin genug, um solchen Dingen mit gesundem Zweifel zu begegnen, und ich bin auch kein Befürworter von sogenannten Rückführungen, einfach so zum Spaß. Wie schon gesagt, ich bin der tiefsten Überzeugung, dass es einen Grund gibt, warum wir uns nicht erinnern können. Wahrscheinlich würden wir sonst wahnsinnig werden mit all dem Leid, das wir in so vielen Leben erlebt haben. Wir würden vom Babyalter an einen Psychoklempner dauerbeschäftigen und das Krankenkassensystem würde zusammenbrechen.
Die Konfrontation mit meiner oder besser gesagt einer meiner Vorvergangenheiten fand in meinem jetzigen Leben genau zum richtigen Zeitpunkt statt. Nachdem die großen Themen wie Karma, Ursache – Wirkung und die Zehn Welten »abgehakt« waren, schien es nun offensichtlich an der Zeit zu sein, sich mit dem universellen Verständnis von Leben und Tod auseinanderzusetzen.
Meine Ansichten über den Tod haben im Laufe meines Lebens einen ordentlichen Wandel durchgemacht. Ich habe alle Möglichkeiten ausgelotet und in Betracht gezogen. Und ich habe hinter jeder Theorie, jeder Lehre immer wieder die gleichen Fragen gefunden: Warum sind wir hier und warum müssen wir sterben? Was bedeutet »leben«? Und was passiert nach dem Tod?
Seit Jahrhunderten bieten uns Philosophie und Religion für das Verständnis von Leben und Tod mehrere Möglichkeiten.
Erstens: Die westlich-christliche beziehungsweise jüdische und auch die islamische Lehre vertreten mit dem Konzept von Himmel und Paradies das Prinzip der »jenseitigen Erlösung«, mit einem Gott, der über allem wacht und den Tod gelegentlich auch als »Strafmaßnahme« einsetzt.
Zweitens: Als krasses Gegenbeispiel gibt es die aufgrund von rationaler, nihilistischer Betrachtungsweise völlige Ablehnung eines oder mehrerer göttlicher Wesen. Der Tod bedeutet somit komplette »Auslöschung«, das Auflösen und Verschwinden in einem totalen Nichts. Alles wird abgelehnt, was sich nicht bombenfest beweisen lässt.
Drittens: Die Vorstellung von der Seelenwanderung der individuellen Seele mit Persönlichkeitsstruktur funktioniert in etwa nach dem Motto »Neues Spiel, neues Glück«. Viele von Ihnen, liebe Leser, halten dieses Konzept vermutlich für recht pragmatisch. Ich selbst tue das inzwischen auch.
Es gibt noch einen vierten Ansatz, der für mich am meisten Sinn macht und der die wenigsten Fragen offenlässt. Doch gehen wir zunächst einmal die ersten drei Wege kurz durch.
Nummer eins: Wir im christlichen Westen sind seit Jahrhunderten daran gewöhnt, dass der Tod das Ende vom Leben ist und damit eine Tragödie, weil dann alles vorbei ist. Diese Einstellung prägt unser gesamtes Leben und verdirbt uns mitunter gewaltig den Spaß daran. Außerdem raubt sie uns Energie, weil wir uns schon zu Lebzeiten vor dem Moment des Todes fürchten. Es drängt sich der Gedanke auf: »Wir leben, um zu sterben.«
Ich beziehe mich im Folgenden hauptsächlich auf den eigenen Tod, denn die Tatsache, dass das Ableben eines Menschen, der uns nahesteht, einfach schrecklich ist, weil wir etwas verlieren, das wir lieben, liegt auf der Hand. Der Verlust tut weh. Und dieses Gefühl ist einfach menschlich und somit religionsübergreifend. Auch in Asien habe ich Menschen bei Totenfeiern weinen sehen, trotzdem scheinen sie gelassener damit umzugehen, da sie
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