Mein Weg mit Buddha
lediglich den Verlust betrauern, nicht aber die »schreckliche Tatsache, dass dieser arme Mensch jetzt tot ist«. Das ist ein gewaltiger Unterschied!
Die christliche, jüdische und die islamische Lehre bieten als Trost – denn Trost braucht der Mensch nun einmal – den Himmel beziehungsweise das Paradies an. Ob das aber lebensbejahend ist? Ich weiß nicht. Lohnt es sich denn angesichts der Aussicht auf ein Paradies, in dem per se alles besser ist, überhaupt, sich durch ein irdisches Dasein zu quälen? Islamische Fundamentalisten, die mit Flugzeugen in Wolkenkratzer fliegen und dabei auch den eigenen Tod bereitwillig in Kauf nehmen, sind offenbar nicht wirklich dieser Ansicht. Unsere westliche Literatur ist voller Figuren, die auf Erfüllung im Jenseits hoffen, von Märtyrern über Lyriker, die »Komm, süßer Tod« beschwören, bis zu Liebenden mit Romeo und Julia als Paradebeispielen.
Der fast morbid-erotische Umgang mit dem Tod in früheren Jahrhunderten wurde in jüngster Zeit übrigens in dem Musical Elisabeth in Form einer Liebesbeziehung zwischen dem Tod und der Kaiserin sehr schön verständlich auf die Bühne gebracht, angelehnt an die große Lovestory in Jean Cocteaus Theaterstück Der Doppeladler: Die lebensüberdrüssige Kaiserin begegnet und verfällt dem jungen Terroristen, der ihr Mörder sein wird.
Natürlich gibt es auch jenseits von alledem jede Menge gläubige Christen, die sich darum bemühen, ein moralisch einwandfreies Leben zu führen, und sich schlichtweg auf ein »weiches Himmelbett« zum Ausruhen freuen, die ein »Leben in Liebe« leben, um nach ihrem Tod, jenseits von Zeit und Raum, in »Gottes Liebe« aufgenommen zu werden. Andere wiederum achten nur deshalb auf ein anständiges Leben im Diesseits, weil sie »Gottes Gericht« fürchten und nicht ewig »in der Hölle schmoren« wollen. Doch woher kommt diese Angst? Ein jenseits von Zeit und Raum existierendes Wesen (Gott) kann das wohl kaum erzählt haben. Nein, diese Botschaft wird von den »Instanzen« verbreitet, von der Kirche oder dem, wie ich es gerne nenne, »Bodenpersonal«. Damit ist der gottesfürchtige Mensch in Wahrheit ein dogmenfürchtiger Mensch. Dogmen werden aber in der Regel von Menschen erhoben, die Macht ausüben, also sind jene, die ihnen folgen, automatisch fremdbestimmt. In der heutigen aufgeklärten Welt, in der Menschen durchs All fliegen und die Wissenschaft so viele Fragen beantwortet hat, ist das mit der Fremdbestimmung allerdings nicht mehr so einfach. Klar, man kann unbeirrt an seinem Glauben festhalten, in der christlichen Kirche wird das jedoch immer schwieriger. Werte wie die allumfassende Liebe, der wir entstammen und in die wir zurückkehren, Werte, die einst selbstverständlich waren, gehen immer weiter verloren. Ich glaube, die Problematik liegt darin, dass die christliche Kirche ungeachtet der Erkenntnisse, die wir inzwischen über das Leben und den Tod gewonnen haben, an alten Mustern und Dogmen festhält. Da fällt es schwer, an ein Paradies jenseits von Zeit und Raum zu glauben. Vor einigen Jahrhunderten, als die Menschen noch weniger »zivilisiert« waren, war der Tod zwar schrecklich, aber irgendwie »normal«. Heute, in unserer hoch entwickelten Kultur, wird er verdrängt und wegrationalisiert. Und leider liefern jedoch weder die Wissenschaft noch die Kirche klare Antworten zum Beispiel auf die Fragen, warum man überhaupt sterben muss (die Antwort »Materialermüdung« seitens der Wissenschaft ist wohl mehr als dürftig) oder warum Menschen schon in jungen Jahren aus dem Leben gerissen werden oder zu Tausenden bei einem Erdbeben sterben (die Antwort der Kirche, dies sei als Prüfung Gottes zu verstehen, finde ich mega-unbefriedigend!).
Nummer zwei: Angesichts der verloren gegangenen christlichen Werte verwundert es nicht, dass sich inzwischen immer mehr Menschen der »Gott ist tot«-Theorie Nietzsches anschließen und damit auch das Thema Tod unter diesem Aspekt betrachten. Nach dieser Auffassung gibt es kein Leben nach dem Tod, alles ist nur Leere und es ist aus und vorbei. Folgerichtig heißt das also für die Zeit hier auf Erden: freie Fahrt für ein Leben ohne Moral, Rücksicht und Verantwortung, ausgerichtet auf Macht und Geld und »Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll«. Wie praktisch! Für mich ist eine solche Einstellung undenkbar! Wie blind muss man sein, um nicht zu erkennen, dass alles in der Natur einer gewissen Gesetzmäßigkeit unterliegt und somit im Kleinen wie im Großen einen
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