Mein wildes Herz
Stanhope Druckerpresse.
„Sie wurde von dem Earl of Stanhope erfunden“, erklärte sie. „Es ist die erste Druckmaschine, die ganz aus Eisen besteht.“
„Wie arbeitet sie?“
Sie zeigte ihm das Fach mit den Metalltypen, den Buchstaben und Nummern, die sie zum Drucken der einzelnen Ausgaben der Zeitschrift benutzten. Dann wandte sie sich der schweren gusseisernen Presse zu. „Um den Druck auf das Papier zu steigern, verfügt die Maschine über ein System miteinander verbundener Hebel. Dieses Modell ist bereits verbessert worden. In einer Stunde können wir bis zu zweihundert Seiten drucken.“
Leif war dabei, die Druckerpresse zu studieren, und untersuchte das schwere Arbeitsgerät von allen Seiten, als Coralee zu ihnen stieß.
„Corrie, das ist Leif Draugr. Ich glaube, du erinnerst dich an ihn.“
In dem Moment wandte Leif sich um, und Corrie blieb der Mund offen stehen. Sie stand einfach nur da und starrte in dieses unglaublich hübsche Männergesicht. Ihr Blick glitt tiefer. Sie musterte die breiten Schultern, den flachen Bauch und die langen Beine.
„Das kann doch nicht sein … Das ist doch nicht etwa …“
„Leif, das ist Miss Coralee Whitmore. Sie ist die Redakteurin der Frauenseite unserer Gazette.“
„Was ist ein Re-dak-teur?“
„Das bedeutet, dass sie einen gewissen Teil der Zeitung überwacht, bestimmt, welche Artikel geschrieben werden und so weiter.“
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Miss Whitmore.“
Corrie stand nur da und sah, den Kopf in den Nacken gelegt, zu ihm hoch. „Ich … ich kann es nicht glauben.“
„Ich gebe ja zu, dass es schwerfällt, aber er ist es trotzdem, glaube mir.“
„Gütiger Himmel.“
Corrie warf Krista einen vorwurfsvollen Blick zu, der bedeutete: Du hast mir nie gesagt, dass er absolut umwerfend ist!
„Mr. Draugr wird eine Zeit lang bei uns arbeiten, Coralee. Sobald er den Rest der Belegschaft kennengelernt hat, wird er Freddie dabei helfen, die Bündel aufzuladen.“
Der Blick ihrer Freundin kehrte zu Leifs kraftvoller Gestalt zurück. „Ja … ich bin sicher, dass Mr. Draugr das sehr gut kann.“
Krista ging an ihr vorbei und zeigte Leif die Redaktion und die Belegschaft. Sie stellte ihn als norwegischen Freund ihres Vaters vor. Bessie Briggs, die Schriftsetzerin, sah aus, als würden ihr gleich die Augen herausfallen. Gerald Bronner, der Drucker, wirkte neben Leif klein und weibisch, und Freddie Wilkes, Geralds junger Lehrling, ein Junge von vierzehn Jahren mit rötlich braunem Haar, starrte ehrfurchtsvoll zu ihm hinauf.
„Freut mich, Sie kennenzulernen, Meister“, sagte der junge Mann.
Leif runzelte die Stirn. „Wie nanntest du mich? Meister?“
Eine Spur von Furcht schlich sich in die Augen des Jungen. „Es bedeutet nichts Böses. Ehrlich.“
„Es ist Umgangssprache“, erklärte Krista. „Nur eine lässige Begrüßung.“
Leif nickte. „Freut mich, dich kennenzulernen, Meister.“
Krista verdrehte die Augen und dachte an die Arbeit, die noch vor ihr lag. Einen Wikinger in einen Gentleman zu verwandeln schien eine unlösbare Aufgabe zu sein.
Auf dem Weg zum rückwärtigen Gebäude blieb Leif stehen. „Es wurde viel zerstört“, meinte er beim Anblick der von Ruß und Wasser zerstörten und vom Feuer verwüsteten Räume. Alle Möbel waren geschwärzt und versengt, und überall lagen aufgeweichte, halbverkohlte Zeitungsbündel herum. „Wenn ich mit dem Aufladen ihrer Gazette fertig bin, werde ich hier sauber machen.“
Erstaunt sah Krista ihn an. Das war die ekelhafte Arbeit gewesen, die sie ihm hatte geben wollen, zur Strafe dafür, dass er in ihre Welt eingedrungen war. Weil er sich jetzt freiwillig zu einer so schmutzigen Aufgabe meldete, kam sie sich klein und gemein vor.
„Es ist nett von Ihnen, sich für diese Arbeit anzubieten, Leif, aber …“
„Jemand muss es doch tun. Und das hier kann ich.“
„Danke“, sagte sie mit Wärme.
Er streckte die Hand aus und berührte ihre Wange. „Machen Sie sich keine Sorgen, Krista Hart. Sie glauben, Sie bräuchten keinen Mann. Ich werde Ihnen das Gegenteil beweisen.“
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass er sich irrte, da sie nun wirklich keinen Mann brauchte. Nun ja, zumindest nicht für alles. Aber es gab sicher einiges, das sie nicht allein zustande bringen konnte. Eine Familie gründen zum Beispiel. Doch dafür würde sie bald einen Gatten haben.
In ihr stieg das Bild von Matthew Carlton auf. Sie musste Leif erklären, warum sie Matthew
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