Mein wildes Herz
sagte er, verschwand die Leiter hinunter und kehrte mit einer Decke zurück, die er ihr um die Schultern legte. Die ersten zwei Tage hatte sie das weiße Nachthemd getragen, in dem er sie entführt hatte. Deswegen war sie gezwungen gewesen, in ihrer Kajüte zu bleiben.
Am Ende des zweiten Tages hatte Leif ihrem Flehen nachgegeben und ihr Männerkleidung gebracht.
„Das hier gehört Mr. Young. Es ist ungefähr deine Größe.“
Aufgeregt zog sie die Sachen an, denn sie hatte noch nie zuvor Männerhosen getragen. Doch ihr gefiel die bequeme Kleidung. Sie entdeckte, wie leicht sie sich darin bewegen konnte. Und das lose sitzende Hemd war die reinste Wohltat, verglichen mit der Enge ihres Korsetts. Ganz besonders freute sie Leifs finsteres Gesicht, als sie in diesen Kleidern über Deck ging.
„Du wirst die Begierde der Männer erregen“, meinte er finster. „Die Kleider zeigen dein hübsches Hinterteil und deine schönen Brüste.“
Krista versuchte, sich von seiner Eifersucht nicht geschmeichelt zu fühlen. „Wenn dir nicht gefällt, wie ich aussehe, hättest du mir etwas von meiner eigenen Kleidung bringen sollen.“
Er verzog die Mundwinkel. „Oh, mir gefällt, wie du aussiehst. Jedes Mal, wenn ich sehe, wie du dich nach vorne beugst, möchte ich dich von hinten nehmen.“
Krista wurde feuerrot. „Du … du bist der abscheulichste Mann, den ich kenne!“ Doch das Bild hatte sich jetzt eingebrannt – sie beide nackt, Leifs breite Brust, wie sie sich an ihren Rücken presste. Krista wusste nicht so recht, wie man sich in dieser Stellung liebte oder warum der Gedanke daran so erregend war. Doch er ging ihr nicht mehr aus dem Kopf.
„Es sind gute Männer“, fuhr Leif fort. „Doch sie sind auch nur Menschen. Führe sie nicht zu sehr in Versuchung.“
Krista sagte nichts dazu. Sie wusste nicht, ob sie ärgerlich oder geschmeichelt sein sollte. Bevor Leif aufgetaucht war, hatte sie sich für unscheinbar gehalten und für zu groß, um anziehend zu sein. Und nun hielt Leif sie für eine Verführerin.
Fast musste Krista lächeln. Erstaunlich, wie gut das ihrem Selbstbewusstsein tat.
Bis die Sea Dragon sich Zoll für Zoll ihren Weg durch die enge Einfahrt gesucht hatte, die in einen von außen nicht einsehbaren, geschützten Hafen mündete, hatten sich ungefähr vierzig Menschen am Sandstrand versammelt. Das letzte Segel war gerafft, der Anker geworfen und das Schiff in einer ruhigen Bucht festgemacht, wo ihm die wilden Wellen der nicht weit entfernten Küste nichts anhaben konnten.
Die Mannschaft ließ das Beiboot zu Wasser und alle, einschließlich Alfinn, der auf Jamies Schulter saß, kletterten von Bord. Als das Boot sich dem Strand näherte, stand Leif auf, stellte sich an den Bug und fing an, der wartenden Menge zuzuwinken. Ein lautes Freudengeschrei ertönte. Allem Anschein nach erkannten sie ihn sogar in seiner englischen Kleidung.
Doch bei seiner großen, kraftvollen Gestalt und dem glänzend blonden Haar war das wohl auch nicht allzu schwierig.
Leif trug das Haar ein wenig länger, aber einen Bart hatte er sich bis jetzt noch nicht wieder wachsen lassen.
„Nur weil ich auf die Insel zurückkehre, heißt das noch nicht, dass ich vergesse, was ich in England gelernt habe“, hatte er gesagt.
Krista beobachtete ihn, als er wie ein Eroberer am Bug des kleinen Bootes stand, das mächtige Schwert um die schmale Taille geschnallt. Das Boot stieß an Land, und Leif sprang ins seichte Wasser. Er hob Krista hoch und trug sie an Land, während die anderen Männer aus dem Boot kletterten und es höher auf den Strand hinauf zogen.
„Wir laden später aus“, sagte Leif zu ihnen und begann dann, zu der Gruppe zu sprechen, die sich um ihn versammelt hatte. Auch wenn Krista nicht jedes Wort verstand, wusste sie, dass er ihnen erzählte, er sei zurückgekommen, um jetzt zu bleiben.
„Ich habe Freunde mitgebracht“, erklärte er. „Diesen Männern könnt ihr vertrauen. Aus dem Land, in dem ich einige Zeit gelebt habe, habe ich auch Geschenke mitgebracht. Und ich führe die Frau mit mir, die meine Braut sein wird.“
Die Menge stieß ein Freudengebrüll aus. Doch Krista bemerkte eine Gruppe von Frauen, die gar nicht glücklich aussahen. Eine von ihnen stürzte vor und umarmte Leif. Sie war so groß wie Krista, und ihre Haare waren so hell, dass die Strähnen in der Sonne wie Silber glänzten.
„Leif! Das meinst du nicht wirklich! Wir wollten doch heiraten. Dein Vater wollte es so. Schon
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