Mein wildes rotes Herz
immer lauter und wilder. Sie lag mit offenen Augen in der Dunkelheit und fragte sich, wie sie hier nur wegkommen sollte.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als die Tür aufging, fuhr sie hoch. Eine große Gestalt zeichnete sich kurz in der Tür ab, grotesk gegen den Schein des Feuers im Hintergrund.
Ängstlich kroch Caroline über den Boden und umklammerte die einzige Waffe, die sie gefunden hatte: einen kartoffelgroßen Stein. Die Tür schloss sich wieder, und Schwärze hüllte sie ein. Sie hörte ihn auf sich zukommen und hob den Arm. Sie würde ihn schlagen, und dann würde er sie nur noch mehr verletzen, das wusste sie. Aber jetzt, wo es so weit war, konnte sie sich ihm nicht einfach ausliefern.
Ihr Herz klopfte, als er immer näher kam.
»Caroline?«
Sie dachte, ihre Ohren würden sie täuschen. »Raff! Oh, Raff!« Und schon lag sie in seinen Armen. Er drückte sie fest an s ich. »Wie hast du mich gefunden ? Tal-tsuska hat gesagt, du seist sein Gefangener oder tot.«
»Das ist eine lange Geschichte. Erst mal müssen wir hier weg.«
»Aber wie? Es gibt nur den Weg durch die Tür, und da steht eine Wache davor.« Caroline sah ihn an, auch wenn sie nur seinen Umriss erkennen konnte. »Wenn sie dich reingelassen haben, ist es eine Falle. Tal-tsuska hasst dich.«
»Er hat mich nicht gerade reingelassen.« Wolf griff nach der Decke und legte sie ihr um die Schultern. »Bist du fertig?«
»Ja, aber -«
»Zieh das über dein Haar und halte den Kopf gesenkt.« Er zupfte die Decke zurecht und berührte kurz ihre Hand. »Egal, was passiert, du läufst nach Süden Richtung Wasser. Da wartet Edward und -«
»Ned? Ned lebt?«
»Ja, und er wartet mit einem Kanu. Lauf dorthin, so schnell du kannst.« Er ergriff ihren Arm und schob sie zur Tür. Sie sträubte sich.
»Und du?« Die Trommeln dröhnten.
»Was ist mit mir?«
»Was wirst du tun, während ich zum Fluss renne?«
»Ich bin direkt hinter dir.« Er bemühte sich, überzeugend zu klingen, obwohl er wusste, dass er sich notfalls für sie opfern würde. Offenbar wusste auch sie das, denn sie schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn an sich. Er konnte ihr Herz schlagen spüren.
Dann hörte er ihre Stimme. »Das Baby«, begann sie, aber seine Finger brachten sie zum Schweigen.
»Ich brauche es nicht zu wissen.«
»Aber ich will es dir sagen, das hätte ich von Anfang an tun sollen.« Jetzt, wo ihrer beider Leben auf dem Spiel stand, kam ihr ihre Sorge um Seven Pines lächerlich vor. Nichts zählte, außer ihrer Liebe zu ihm - die er hoffentlich erwiderte. »Dein Vater hat nie ... es ist-«
Das plötzliche Schweigen war ohrenbetäubend. Nichts hätte sie schneller zum Schweigen gebracht. Caroline sog scharf den Atem ein, als Wolf sie hinter sich schob und vorsichtig zur Tür ging.
Er hatte sie einen Spalt weit geöffnet, als die Trommeln wieder einsetzten und die Dorfbewohner einen lauten Kriegsschrei ausstießen. Wolf ergriff ihre Hand und zog sie durch die Tür, wobei sie es gerade noch schaffte, die Decke über dem Kopf zu behalten.
Durch die vielen Feuer war es taghell im Dorf, und Caroline konnte die Indianer gut sehen. Es stand keine Wache vor der Tür, und sie fragte sich flüchtig, wo sie wohl geblieben war.
Doch jetzt hatte sie andere Sorgen. Leise folgte sie Wolf außerhalb des Lichtkreises am Rand des Dorfes entlang und hoffte, dass die Indianer sie nicht so gut sehen konnten wie sie sie.
Als Wolf sich in den Schatten duckte, seufzte sie erleichtert auf, bis sie ein Grunzen des Wiedererkennens hörte. Als sie aufsah, stellte sich ein Krieger ihnen in den Weg. Offenbar hatten sie ihn überrascht, als er sich erleichtern wollte, sonst hätte er sicher schon um Hilfe gerufen. Und trotz der Trommeln hätte man ihn vielleicht hören können.
Jetzt hob er seinen Speer und zielte auf Wolfs Kopf. Wolf schubste sie beiseite und rief: »Lauf!«, ehe er sich auf den Krieger stürzte.
Sie konnte es nicht. Sie konnte nicht einfach davonlaufen, wenn beide Männer zu ihren Füßen kämpften. Verzweifelt sah sie sich nach einer Waffe um. Wolf hatte keine Zeit gehabt, sein Messer zu ziehen, und sein Gewehr hatte er nicht dabei.
Sie fand nichts und rannte in den Wald, um einen Ast zu finden, den sie dem Krieger über den Kopf schlagen könnte. Die Sekunden kamen ihr wie Stunden vor, bis sie einen langen Ast fand. Den würde sie dem Cherokesen über den Kopf schlagen. Sie sah die Szene bereits vor sich, meinte das Splittern der Knochen zu
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