Mein wildes rotes Herz
länger dauern, intimer werden würde.
Schließlich knisterte ihr Haar vor Elektrizität, und noch immer fuhr er fort, sie zu bürsten. Doch dann wurden seine Bewegungen langsamer, und als wenn er ihre Gedanken lesen könnte, berührte er sie länger. Langsam fuhr er mit dem Finger ihren Hals entlang, bis seine Hand auf ihrer Brust ruhte. Caroline dachte, ihr Herz würde stehen bleiben, als einer seiner Finger in das Tal zwischen ihren Brüsten tauchte. Ihr Kopf sank zurück. Als seine Lippen sich heiß und feucht auf ihren Hals pressten, kam das nicht unerwartet für sie.
»Soll ich es zu einem Zopf flechten?« Er sprach an ihrem Hals, und die Vibration ging ihr durch und durch.
»W-was ?«
»Ihr Haar.« Seine Hände glitten langsam höher, streiften dabei die Seiten ihrer Brüste und spürten, wie sie sich hoben. Dann berührte er sanft ihr Kinn und hob ihr Gesicht mit dem Daumen an. Ihre Augen waren fast so schwarz wie seine, die Iris nur noch ein blauer Ring um das Zentrum. »Möchten Sie, dass ich Ihnen das Haar flechte, Lady Caroline?«
Caroline schluckte. »Können Sie das? Ich meine, wissen Sie, wie man das macht?«
»Ich bin Cherokese, Euer Ladyschaft. Manchmal flechte ich mir auch mein eigenes Haar.«
Da streckte sie die Hand aus, konnte seinem dicken, schwarzen Haar nicht mehr widerstehen. »Wann? Wann zähmen Sie diese wilden Locken?«
»Bei der Jagd.« Wolf kniete sich neben sie, seine Lippen nur Zentimeter von ihren entfernt. »Das schützt mich davor, mich mit den Haaren im Unterholz zu verfangen.«
»Das ist klug.« Caroline strich ihm ganz sanft über die gemeißelten Wangen. Er beugte sich vor, und sie spürte seine Erwartung, als sein Atem warm über ihre Wange strich.
»Lady Caroline.«
»Ja«, hauchte sie.
Kurz, ganz kurz nur legten sich seine Lippen auf ihre, ehe er sich zurückzog und aufstand. »Mistress Trevor kommt zurück.«
»Woher... woher wissen Sie das ?«
»Ihr Hund bellt.«
Caroline versuchte, über dem Rauschen in ihren Ohren etwas zu hören, und in der Tat hörte sie jetzt den ältlichen Hund im Hof kläffen.
Als die gute Dame die Tür öffnete, saß Caroline mit geflochtenem Haar am Kamin, und Raff saß am Tisch und putzte sein Gewehr.
4
Als sie am nächsten Morgen nach Westen in Richtung von Fort Prince George aufbrachen, war alles in kalten Dunst getaucht. Caroline hatte sich d i e Haare gründlich ausgebürstet und straff hochgesteckt, um sie unter ihrem Strohhut zu verbergen. Das Wetter mochte neblig sein, aber ihr Kopf war klar. Zumindest klar genug, um sie begreifen zu lassen, dass sie dem Zauber ihres Stiefsohnes verfiel. Und dass sie es zuließ ... nein, wollte, dass er sich Freiheiten mit ihr herausnahm.
Die Nacht hatte sie damit verbracht, sich unruhig hin und her zu werfen und an ihn zu denken, wie er die Nacht auf einer Pritsche am Kamin verbrachte. Was sollte sie tun? Bei Tagesanbruch, als der Regen auf das Dach des Hauses klopfte, kam sie zu der Entscheidung, dass sie so schnell wie möglich Seven Pines erreichen musste. Deshalb hatte sie auch, als Raff vorschlug, sie sollten so lange im Fort bleiben, bis das Wetter besser würde, mit einem entschiedenen Nein geantwortet.
So kam es, dass Caroline nicht nur steif und müde, sondern auch kalt und nass auf ihrer Stute hinter Raff den Pfad entlangtrottete. Ihm schien das raue Wetter nichts auszumachen. Das Haar hing ihm ungebändigt über die breiten Schultern. Je weiter sie ins Grenzland vordrangen, desto mehr Schichten seiner Zivilisation schien er abzulegen.
Mittlerweile hatte sie keine Schwierigkeit mehr, in ihm den Indianer zu erkennen. Doch der Gedanke machte ihr keine Angst. Im Gegenteil, sie fand diese Verwandlung vom Gentleman in einen Indianer faszinierend und höchst anziehend.
Als Caroline merkte, in welche Richtung ihre Gedanken sich schon wieder bewegten, konzentrierte sie sich auf Edward und fragte sich, was er wohl gerade tat und ob er sie genauso vermisste wie sie ihn. Sie hatte vor einigen Tagen einen langen Brief an ihn begonnen, den sie jeden Abend ergänzt und bei Witwe Trevor gelassen hatte. Die alte Dame hatte ihr versprochen, dafür zu sorgen, dass der Brief nach England kam. Sie wollte ihn jemandem nach Charles Town mitgeben, und von dort aus würde er über den Atlantik segeln. Caroline musste sich mit einem Seufzer eingestehen, dass ihr Bruder wahrscheinlich monatelang nichts von ihr hören würde.
»Möchten Sie eine Pause machen?«
»Was? Nein.« Caroline winkte ab.
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