Mein Wille geschehe
sein«, räumte Dana ein. »Aber wäre
es möglich?«
Tinker zuckte widerwillig die Achseln. »Möglich ist wahrscheinlich alles.«
Brian Ayres wurde unruhig. Die Richtung, in die
sich die Vernehmung bewegte, behagte ihm gar
nicht. »Wäre es dann nicht auch möglich, Detec-
tive«, fuhr Dana zügig fort, »dass jemand ande-
rer die Bombe zu einem anderen Zeitpunkt zwi-
schen neun Uhr abends und acht Uhr morgens in
das Gebäude trug, was Mr Auerbach nicht auffal-
len konnte und auch niemand anderem, den Sie
bislang gesprochen haben? Und dass Sie die
betreffende Person deshalb nicht fassen konn-
ten?«
»Noch einmal, Mrs McAuliffe: Wenn Sie bei Hypo-
thesen bleiben, ist alles möglich.«
»Detective Tinker, wer ist Jack Pauley?«
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete Tinker, der
nur mit Mühe seinen Ärger zügeln konnte.
Frances Stocker, die bei den Überlebenden saß,
fuhr auf. Der Detective wusste nicht, wer Jack
Pauley war, doch der Psychologin war er sehr
wohl bekannt. In ihren Albträumen sah sie noch
immer seine Frau, leblos wie eine Puppe mit ver-
drehtem Kopf.
»Dann möchte ich Ihnen berichten, dass jack
Pauley auf dem Bau arbeitet und dort für Spreng-
einsätze zuständig ist. Dass er Alkoholiker ist und seine Frau misshandelt hat. Dass ebenjene Frau
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am Tag des Anschlags einen Termin bei einer
Therapeutin im Hill House hatte, bei dem seine
Misshandlungen ans Licht gekommen wären. Hilft
das Ihrer Erinnerung auf die Sprünge?«
»Ich erinnere mich jetzt wieder an den Namen«,
sagte Tinker, zog ein kleines Notizbuch aus seiner Jackentasche und blätterte es rasch durch. »Warten Sie, ist seine Frau nicht bei dem Anschlag
getötet worden?«
»Richtig«, bestätigte Dana.
»Da waren zwei kleine Kinder«, sagte er, als er
die richtige Seite gefunden hatte. »Wir haben mit dem Mann geredet. Er sagte, er sei am Abend vor
dem Anschlag mit Freunden unterwegs gewe-
sen.«
»Haben Sie das überprüft?«
»Natürlich«, erwiderte Tinker. »Wir sind keine
Amateure, Mrs McAuliffe. Wir fanden heraus, dass
er sich bis um ein Uhr in der von ihm angegebe-
nen Bar aufgehalten hatte. Und wir stellten fest, dass er einen roten Dodge-Pick-up fährt.«
»Wo ging er hin, als er die Bar verließ?«
»Nach Hause, nehme ich an.«
»Das nehmen Sie an?«
»Wir konnten nichts Gegenteiliges beweisen.«
»Verstehe«, sagte Dana. »Wir haben hier also
jemanden, der Mittel, Motiv und Gelegenheit hat-
te. Seine Frau suchte nach jahrelanger Misshand-
lung therapeutische Hilfe im Hill House und hätte ihn womöglich verlassen oder gar angezeigt. Und
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niemand kann bezeugen, wo sich der Mann auf-
hielt, nachdem er seine Freunde in der Bar ver-
ließ. Meinen Sie nicht, dass hier weitere Ermitt-
lungen angebracht gewesen wären, Detective?«
»Wir wussten nichts von der Misshandlung«, gab
Tinker zu. »Es gab keine Versicherungspolice o-
der so was. Das haben wir überprüft. Der Mann
schien am Boden zerstört über den Tod seiner
Frau, so dass wir keinen Anlass hatten, ihn zu
verdächtigen.«
»Sie wollen damit sagen, dass er nicht Ihrem Tä-
terprofil entsprach, nicht wahr?«, sagte Dana.
»Seine Frau hatte keine Abtreibung vornehmen
lassen, er fuhr keinen Geländewagen mit Erken-
nungssticker vom Militär, und er hatte ein Alibi
für den kurzen Zeitraum nach Mitternacht, für
den Milton Auerbachs Aussage galt.«
»So ist es«, knurrte der Detective, der nun seine Wut nicht länger verbergen konnte.
»Danke«, sagte Dana mit feinem Gespür für den
richtigen Moment. »Keine weiteren Fragen.«
Auf Grund seiner langen Erfahrung wusste auch
Abraham Bendali, wann man eine Pause einlegen
musste, und sobald er sie verkündet hatte, brach
im Gerichtssaal ein Höllenspektakel los. Aufge-
brachte Zuschauer ereiferten sich. Die Überle-
benden wandten sich an Frances Stocker und
wollten wissen, ob die Aussagen der Verteidigung
zutreffend waren. Reporter hasteten hinaus, um
die Neuigkeiten durchzugeben. Brian Ayres, der
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offensichtlich nicht vorbereitet war auf diesen
Schachzug, wandte sich an Dana. »Wo hast du
diese Information her?«, wollte er wissen.
»Welche Information denn?«, fragte Dana un-
schuldig. »Spiel jetzt keine Spielchen mit mir«,
fuhr er sie an, denn er sah seine Taktik ernsthaft bedroht. »Woher weißt du von diesem Pauley?«
»Aus derselben Quelle, auf die ihr gestoßen wärt, wenn die Polizei sorgfältig gearbeitet hätte«,
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