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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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für verrückt
    halten«, sagte Julia. »Nicht zu merken, dass eine Klette im Sattelgurt haftet.« Allison zuckte die
    Achseln. »Wie Sie schon sagten: Manchmal sieht
    ein Außenstehender mehr.«
    »Ich bin Ihnen jedenfalls zu Dank verpflichtet
    und meine Stute auch.« Julia stand auf und goss
    ihnen Kaffee nach. Dann zog sie ein Blech mit
    Muffins, einen Spinatauflauf und Würstchen aus
    dem Ofen und stellte sie auf den Tisch.
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    »Oh, ich sollte lieber aufbrechen«, sagte Allison.
    »Aber ich bestehe darauf«, erklärte ihre Gastge-
    berin. »Da störe ich Sie am Sonntag, und Sie er-
    sparen mir die Tierarztrechnung, und alles nur,
    weil ich mich so dumm angestellt habe. Da muss
    ich Ihnen doch wenigstens einen Imbiss anbie-
    ten.«
    »Na gut«, sagte die Schriftstellerin. »Ich ergebe mich.«
    »Und«, sagte Julia beiläufig, als sie gegessen
    hatten, »wie läuft Ihr Prozess?«
    Allison verdrehte die Augen. »Sagen wir mal, ich
    wäre jetzt gerne woanders. An jedem x-
    beliebigen anderen Ort, um ehrlich zu sein.«
    »So schlimm?«
    »Naja, jedenfalls so grausig.«
    »Ach du liebe Güte, ist es etwa ein Mordpro-
    zess?«
    »Der Inbegriff des Mordprozesses, fürchte ich.«
    Julia riss die Augen auf. »Ach du liebe Güte«, rief sie aus. »Sie sind doch wohl nicht etwa Geschworene bei dem Prozess wegen dieses schrecklichen
    Bombenanschlags?«
    »Doch, genau so ist es«, erwiderte Allison. »Na,
    da tun Sie mir aber wirklich Leid«, sagte Julia.
    »Ich habe nur ein bisschen was davon mitbe-
    kommen in der Zeitung und im Fernsehen, aber
    es muss ja entsetzlich sein.«
    »Einiges war ziemlich entsetzlich«, gab Allison zu.
    »Wesentlich schlimmer, als ich erwartet hätte.«
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    »Ich weiß, dass Sie nicht über den Prozess selbst sprechen dürfen, aber es wundert mich wirklich,
    dass Sie überhaupt als Geschworene ausgewählt
    wurden«, sagte Julia. »Diese Mc-Auliffe gilt als
    sehr raffiniert. Sie hätte Sie doch eigentlich gleich ablehnen müssen. Aber wahrscheinlich ist es Ihnen gelungen, sie zu täuschen.«
    »Zu täuschen?«
    »Naja, ich meine, ich kenne Sie doch. Ich kenne
    Ihre Haltung. Und Sie haben es trotzdem ge-
    schafft, als Geschworene ausgesucht zu werden.«
    »Um ehrlich zu sein: Ich hatte nicht damit ge-
    rechnet«, gab Allison zur Antwort. »Ich habe bei-
    den Seiten reichlich Gelegenheit gegeben, mich
    abzulehnen. Ich war ganz sicher, dass es so
    kommen würde. Und ich bin ebenso erstaunt wie
    Sie, dass es nicht passiert ist.«
    »Verblüffend«, murmelte Julia. »Die erkundigen
    sich heutzutage doch so genau und setzen diese
    ganzen hoch bezahlten Berater auf die Geschwo-
    renen an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
    McAuliffe es nicht rausgekriegt hat.«
    »Was?«
    »Naja, dass Sie mit Ihnen als Geschworene nie-
    mals einen Freispruch erlangen wird.«
    »Wieso das denn?«, fragte Allison.
    Julia blickte verwirrt. »Naja, ich habe mir das einfach so gedacht«, sagte sie. »Ich meine, Sie wer-
    den sich doch bestimmt für einen Schuldspruch
    entscheiden, nicht wahr? Er ist doch schuldig,
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    nicht?«
    »Ich weiß es noch nicht«, antwortete Allison vor-
    sichtig. »Glauben Sie das?«
    »Na, kommen Sie«, rief Julia aus. »Es ist doch
    klar ersichtlich, dass der Mann einwandfrei schuldig ist. Da darf man sich auch von der Trickkiste der Verteidigung nicht täuschen lassen. Außerdem wollen Sie doch bestimmt nicht die falsche
    Botschaft verbreiten, oder?«
    »Welche Botschaft wäre das denn?« Die Schrift-
    stellerin wusste, dass sie nicht über den Prozess sprechen sollte, aber sie war neugierig geworden.
    »Sie wollen doch wohl nicht, dass die Leute glau-
    ben, die Unterdrückung der Frau sei akzeptabel,
    oder?«, fragte Julia, verwarf diese Idee dann aber selbst wieder. »Nein, natürlich nicht. Das ist ganz unmöglich. Sie sind ja eine von uns.«
    »Wenn Sie damit sagen wollen, dass ich Mitglied
    von FOCUS bin, dann haben Sie Recht«, erwider-
    te Allison. »Genau. Und ich muss Ihnen ja nicht
    sagen, dass es hier um unsere Zukunft und die
    Zukunft unserer Töchter und Enkelinnen geht.
    Die steht bei der Wahl auf dem Spiel. Man muss
    dafür sorgen, dass die richtigen Leute an die Re-
    gierung kommen. Leute, die dafür sorgen, dass
    die Rechte von Frauen geschützt werden. Aber
    das wissen Sie ja ohnehin.«
    »ja, das weiß ich«, sagte Allison. »Aber was hat
    das mit diesem Prozess zu tun?«
    »Sie sind eine bekannte Persönlichkeit«, erklärte 442

    Julia. »Und wenn eine solche Person

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