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Mein Wille geschehe

Mein Wille geschehe

Titel: Mein Wille geschehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Sloan
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be-
    schränken. Die Demonstranten, vom Eingang des
    Gerichts und den Kameras vertrieben, trieben
    sich nun auf den beiden Querstraßen herum und
    schwenkten dort ihre Schilder. »Abtreibung ist
    Mord!«
    »Für das Recht auf Abtreibung!«
    Karleen und Allison verließen das Gerichtsgebäu-
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    de, gingen bis zur Ecke der James Street und
    schlugen den Weg zu der Tiefgarage ein, in der
    ihre Autos geparkt waren. Plötzlich stellte sich
    ihnen ein Mann in den Weg. Er trug einen großen
    Button am Kragen, auf dem ein verstümmelter
    Fötus und eine Aufschrift zu sehen waren, die das Recht der Ungeborenen auf Leben forderte.
    »Sie sind welche von den Geschworenen, oder?«,
    verlangte er zu wissen.
    Die Schriftstellerin und die Maklerin sahen sich an und merkten, dass Karleen vergessen hatte, ihren Geschworenenanstecker von ihrer Jacke zu
    entfernen.
    »Verzeihung«, sagte Allison und versuchte, sich
    an dem Mann vorbeizudrängen.
    Doch der schrie: »Hier sind zwei! Ich hab zwei
    von denen!« Binnen Sekunden waren die beiden
    Frauen von aufgebrachten Demonstranten um-
    ringt.
    »Werden Sie Corey Latham verurteilen?«, fragte
    jemand. »Werden Sie ihn töten lassen, weil er
    versucht hat, Leben zu retten?«
    »Lassen Sie uns durch«, verlangte Allison, aber
    niemand schenkte ihr Gehör.
    »Er ist ein Heiliger, kein Sünder«, schrie eine
    Frau. »Er ist ein Erlöser«, rief ein anderer.
    Plötzlich bildeten sich zwei Gruppen, als die De-
    monstranten der anderen Richtung merkten, was
    da geschah, und ebenfalls angerannt kamen.
    »Er ist ein Mörder«, erklärte einer von denen.
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    »Sprecht für die Opfer, die keine Stimme mehr
    haben«, rief jemand.
    »Verurteilt den Dreckskerl!«, verlangte ein ande-
    rer. Später konnte niemand mehr sagen, wer das
    Handgemenge begonnen hatte, aber die beiden
    Gruppen gingen plötzlich aufeinander los, und die beiden Geschworenen waren in dem Tumult gefangen.
    Ein Mann sprang auf einen anderen, und Allison
    bekam einen Fausthieb in die Rippen. Kurz darauf
    rammte ihr jemand versehentlich mit solcher
    Wucht einen Ellbogen in die Nieren, dass sie zu
    Boden ging. Sie hörte Karleen etwas rufen, konn-
    te aber nicht reagieren, da plötzlich Leute über
    sie hinwegtrampelten. Sie versuchte zu kriechen,
    konnte sich aber nicht mehr rühren. Sie versuch-
    te zu schreien, bekam aber keine Luft mehr. Es
    gelang ihr noch, die Arme schützend über den
    Kopf zu legen, aber nun war ihr Körper unge-
    schützt. Sie zählte siebzehn Tritte, dann verlor
    sie das Bewusstsein.
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    Noch nie hatte Robert Niera seinen Richter derart wütend erlebt. Als Abraham Bendali sich am
    Mittwochmorgen mit Allison Ackerman und den
    Anwälten in seinem Zimmer traf und er die
    Schriftstellerin sah, war er außer sich. Die Ver-
    handlung war vertagt worden, die anderen Ge-
    schworenen waren verständigt.
    Nach dem Handgemenge war Allison ins Harbor-
    view Medical Center gebracht worden, wo sie die
    Nacht verbringen musste. Sie hatte eine Gehirn-
    erschütterung und eine verstauchte Schulter,
    weshalb sie den linken Arm in einer Schlinge
    trug. Unterhalb ihres linken Auges hatte man eine Platzwunde nähen müssen. Im Nacken hatte sie
    einen üblen Bluterguss, diverse Schürfungen an
    Armen und Beinen, und vier Rippen waren gebro-
    chen. Man hatte sie über Nacht im Krankenhaus
    behalten, um die Gehirnerschütterung zu beo-
    bachten und ihre Nierenfunktion zu überprüfen.
    »Möchten Sie von Ihrer Tätigkeit als Geschwore-
    ne freigestellt werden, Mrs Ackerman?«, fragte
    Richter Bendali. »Ich hätte vollstes Verständnis
    dafür.«
    Allison blickte ihn erbost an. »Nein, keinesfalls«, sagte sie entschieden. »Ich bin nun schon zu lange dabei, um mich von einer Horde von Schlä-
    gern vertreiben zu lassen. Wenn die anderen sich
    nicht an meinen Verletzungen stören, würde ich
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    es vorziehen dabeizubleiben, Euer Ehren.« Ben-
    dali seufzte. »Die ganze Sache ist völlig außer
    Kontrolle geraten«, sagte er aufgebracht. »Ich
    könnte die Abschirmung der Geschworenen für
    den Rest des Prozesse anordnen. Wie wäre das?«
    »Umständlich«, antwortete Allison. »Für mich und
    für die anderen auch, fürchte ich. Außerdem
    glaube ich nicht, dass die da draußen es auf mich abgesehen hatten. Sie suchten nur nach einem
    Anlass, um sich gegenseitig zu verprügeln, und
    ich bin dummerweise zwischen die Fronten gera-
    ten.« Der Richter dachte nach. »Gut«, sagte er
    schließlich. »Wenn Sie weiterhin

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